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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal.

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In seiner schriftstellerischen Thätigkeit ließen ihn die mit seiner amtlichen Stellung
verbundenen Verpflichtungen zu keinen größern, selbständigen Arbeiten kommen.
Nur zahlreiche kleine Gelegenheitsschriften hat er veröffentlicht, fast alle in latei¬
nischer Sprache. Für die Gelehrtengeschichte ist sein "Leipziger gelehrtes Tagebuch"
(1780--1806) von Bedeutung geworden, ein chronologisches Verzeichnis; aller
Schriften und Begebenheiten, die das wissenschaftliche Leben Leipzigs in den
genannten Jahren betreffen. Er hatte, ähnlich wie sein Vorgänger Christ, dem
er in vielen Stücken gleicht, eine große Gewandtheit in der lateinischen Versi-
sikation und war, gerade wie jener, der späteren Entwickelung der deutschen Literatur
entschieden abhold. Als Kuriosum sei nur erwähnt, daß er am 4. März 1802
-- ein halbes Jahr nach der großartigen Ovation, die Schiller in Leipzig bei einer
Aufführung seiner "Jungfrau" bereitet worden war! -- im Namen der philo¬
sophischen Fakultät, deren Dekan er war, seinen juristischen Kollegen, den Dr. Aug.
Cornelius Stockmann, den Dichter des Liedes "Wie sie so sanft ruhn", vor ver¬
sammelten Docenten und Studenten feierlich zum Dichter krönte -- das zweite
und letzte Mal, daß die Leipziger Universität ein derartiges Possenspiel erlebte.")
Die Professur der Poesie wurde nach seinem Tode eingezogen und mit der der
Rhetorik vereinigt.

In dem Stammbuche Ecks haben sich 82 Personen eingezeichnet. Diese
sämmtlichen Einträge stammen mit einer einzigen Ausnahme aus Ecks Studentenzeit
(1764--1765) und den darauf folgenden drei Jahren (1766--1768). Erst 32
Jahre später ist das Buch dann noch einmal benutzt worden. Im Jahre 1800
haben ein paar Holsteinische Prinzessinnen, Henriette und Friederike, freundliche
Worte des Dankes eingeschrieben für lehrreiche und angenehme Stunden, die sie
in Leipzig im Verkehr mit Professor Eck verlebt hatten. In der Unterhaltung
mag damals wohl der glücklichen Studentenjahre gedacht und dabei das Stammbuch
wieder hervorgesucht worden sein. Alle Einzeichnungen stehen natürlich bunt durch
einander: jeder schrieb sich eben ein, wo er gerade aufschlug. Da die Blätter
aber fast ausnahmslos datirt sind, so läßt sich mit leichter Mühe ihre wahre
Reihenfolge herstellen, und dies führt zu interessanten Ergebnissen.

Das Album mag ein Nenjahrsgeschenk gewesen sein, das der junge Studiosus
1764 von einem Freunde erhielt. Der früheste Eintrag wenigstens ist datirt Hakas
1764 und stammt von einem sonst unbekannten Joh. Andreas v. Segner,
jedenfalls dem Schenkgeber. Die nächsten aber, die sich im April und Juni



Die einzige Leipziger Dichterkrönung, die noch vorhergegangen, war die allbekannte,
welche Gottsched am 18. Juli 1762 im Namen der philosophischen Fakultät an dem Freiherrn
von Schönaich wegen seines Heldengedichtes: "Hermann oder das befreyte Deutschland"
vollzog -- übrigens W adssntig, des Dichters- Ein Baron v, Seckendorf nahm an seiner
Statt den Lorbeerkranz entgegen und dankte im Namen des Gekrönten dafür.

In seiner schriftstellerischen Thätigkeit ließen ihn die mit seiner amtlichen Stellung
verbundenen Verpflichtungen zu keinen größern, selbständigen Arbeiten kommen.
Nur zahlreiche kleine Gelegenheitsschriften hat er veröffentlicht, fast alle in latei¬
nischer Sprache. Für die Gelehrtengeschichte ist sein „Leipziger gelehrtes Tagebuch"
(1780—1806) von Bedeutung geworden, ein chronologisches Verzeichnis; aller
Schriften und Begebenheiten, die das wissenschaftliche Leben Leipzigs in den
genannten Jahren betreffen. Er hatte, ähnlich wie sein Vorgänger Christ, dem
er in vielen Stücken gleicht, eine große Gewandtheit in der lateinischen Versi-
sikation und war, gerade wie jener, der späteren Entwickelung der deutschen Literatur
entschieden abhold. Als Kuriosum sei nur erwähnt, daß er am 4. März 1802
— ein halbes Jahr nach der großartigen Ovation, die Schiller in Leipzig bei einer
Aufführung seiner „Jungfrau" bereitet worden war! — im Namen der philo¬
sophischen Fakultät, deren Dekan er war, seinen juristischen Kollegen, den Dr. Aug.
Cornelius Stockmann, den Dichter des Liedes „Wie sie so sanft ruhn", vor ver¬
sammelten Docenten und Studenten feierlich zum Dichter krönte — das zweite
und letzte Mal, daß die Leipziger Universität ein derartiges Possenspiel erlebte.")
Die Professur der Poesie wurde nach seinem Tode eingezogen und mit der der
Rhetorik vereinigt.

In dem Stammbuche Ecks haben sich 82 Personen eingezeichnet. Diese
sämmtlichen Einträge stammen mit einer einzigen Ausnahme aus Ecks Studentenzeit
(1764—1765) und den darauf folgenden drei Jahren (1766—1768). Erst 32
Jahre später ist das Buch dann noch einmal benutzt worden. Im Jahre 1800
haben ein paar Holsteinische Prinzessinnen, Henriette und Friederike, freundliche
Worte des Dankes eingeschrieben für lehrreiche und angenehme Stunden, die sie
in Leipzig im Verkehr mit Professor Eck verlebt hatten. In der Unterhaltung
mag damals wohl der glücklichen Studentenjahre gedacht und dabei das Stammbuch
wieder hervorgesucht worden sein. Alle Einzeichnungen stehen natürlich bunt durch
einander: jeder schrieb sich eben ein, wo er gerade aufschlug. Da die Blätter
aber fast ausnahmslos datirt sind, so läßt sich mit leichter Mühe ihre wahre
Reihenfolge herstellen, und dies führt zu interessanten Ergebnissen.

Das Album mag ein Nenjahrsgeschenk gewesen sein, das der junge Studiosus
1764 von einem Freunde erhielt. Der früheste Eintrag wenigstens ist datirt Hakas
1764 und stammt von einem sonst unbekannten Joh. Andreas v. Segner,
jedenfalls dem Schenkgeber. Die nächsten aber, die sich im April und Juni



Die einzige Leipziger Dichterkrönung, die noch vorhergegangen, war die allbekannte,
welche Gottsched am 18. Juli 1762 im Namen der philosophischen Fakultät an dem Freiherrn
von Schönaich wegen seines Heldengedichtes: „Hermann oder das befreyte Deutschland"
vollzog — übrigens W adssntig, des Dichters- Ein Baron v, Seckendorf nahm an seiner
Statt den Lorbeerkranz entgegen und dankte im Namen des Gekrönten dafür.
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[0332] In seiner schriftstellerischen Thätigkeit ließen ihn die mit seiner amtlichen Stellung verbundenen Verpflichtungen zu keinen größern, selbständigen Arbeiten kommen. Nur zahlreiche kleine Gelegenheitsschriften hat er veröffentlicht, fast alle in latei¬ nischer Sprache. Für die Gelehrtengeschichte ist sein „Leipziger gelehrtes Tagebuch" (1780—1806) von Bedeutung geworden, ein chronologisches Verzeichnis; aller Schriften und Begebenheiten, die das wissenschaftliche Leben Leipzigs in den genannten Jahren betreffen. Er hatte, ähnlich wie sein Vorgänger Christ, dem er in vielen Stücken gleicht, eine große Gewandtheit in der lateinischen Versi- sikation und war, gerade wie jener, der späteren Entwickelung der deutschen Literatur entschieden abhold. Als Kuriosum sei nur erwähnt, daß er am 4. März 1802 — ein halbes Jahr nach der großartigen Ovation, die Schiller in Leipzig bei einer Aufführung seiner „Jungfrau" bereitet worden war! — im Namen der philo¬ sophischen Fakultät, deren Dekan er war, seinen juristischen Kollegen, den Dr. Aug. Cornelius Stockmann, den Dichter des Liedes „Wie sie so sanft ruhn", vor ver¬ sammelten Docenten und Studenten feierlich zum Dichter krönte — das zweite und letzte Mal, daß die Leipziger Universität ein derartiges Possenspiel erlebte.") Die Professur der Poesie wurde nach seinem Tode eingezogen und mit der der Rhetorik vereinigt. In dem Stammbuche Ecks haben sich 82 Personen eingezeichnet. Diese sämmtlichen Einträge stammen mit einer einzigen Ausnahme aus Ecks Studentenzeit (1764—1765) und den darauf folgenden drei Jahren (1766—1768). Erst 32 Jahre später ist das Buch dann noch einmal benutzt worden. Im Jahre 1800 haben ein paar Holsteinische Prinzessinnen, Henriette und Friederike, freundliche Worte des Dankes eingeschrieben für lehrreiche und angenehme Stunden, die sie in Leipzig im Verkehr mit Professor Eck verlebt hatten. In der Unterhaltung mag damals wohl der glücklichen Studentenjahre gedacht und dabei das Stammbuch wieder hervorgesucht worden sein. Alle Einzeichnungen stehen natürlich bunt durch einander: jeder schrieb sich eben ein, wo er gerade aufschlug. Da die Blätter aber fast ausnahmslos datirt sind, so läßt sich mit leichter Mühe ihre wahre Reihenfolge herstellen, und dies führt zu interessanten Ergebnissen. Das Album mag ein Nenjahrsgeschenk gewesen sein, das der junge Studiosus 1764 von einem Freunde erhielt. Der früheste Eintrag wenigstens ist datirt Hakas 1764 und stammt von einem sonst unbekannten Joh. Andreas v. Segner, jedenfalls dem Schenkgeber. Die nächsten aber, die sich im April und Juni Die einzige Leipziger Dichterkrönung, die noch vorhergegangen, war die allbekannte, welche Gottsched am 18. Juli 1762 im Namen der philosophischen Fakultät an dem Freiherrn von Schönaich wegen seines Heldengedichtes: „Hermann oder das befreyte Deutschland" vollzog — übrigens W adssntig, des Dichters- Ein Baron v, Seckendorf nahm an seiner Statt den Lorbeerkranz entgegen und dankte im Namen des Gekrönten dafür.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157675/332>, abgerufen am 27.08.2024.