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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal.

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bewässerte, wohlbebaute Ebene, dann durch ausgetrocknete Flußbetten, in denen
hie und da ganze Auen von blühenden Oleandern sich ausbreiteten. Nur ver¬
einzelt standen noch die stolzen Stämme im Felde. Rückwärts gewendet konnten
wir wieder über dem fernen Horizonte den dunkeln Streifen erblicken, die im
bläulichen Dunste zitternde Masse der Palmenkronen der Elche-Oase. Die sinkende
Sonne vergoldete ihr kleineres Ebenbild, den Palmenhain von Orihuela, als
wir dort die Reitthiere mit einer Tartane vertauschten, in der wir uns beim
Sternenschein nach Murcia schaukeln ließen. Der Tag war heiß gewesen, und
die ermüdeten Glieder sehnten sich nach Ruhe; aber selbst durch den erquicken¬
den Schlummer zog immer noch mit melodischem Gesäusel das unvergleichliche
--i--. Traumbild des Palmenwaldes von Elche.




Literatur.

Die Disciplrnar- und Strafgewalt parlamentarischer Versammlungen
über ihre Mitglieder. Von Dr. R. Schlei den. Zweites Heft. Berlin,
I. Springer, 1879.

Das erste Heft dieser Schrift ist in Ur. 14 d. Bl. ausführlich angezeigt
worden. Das vorliegende zweite ist eine Ergänzung und Vervollständigung
desselben, die namentlich in dem Abschnitte über Frankreich des Studiums ver¬
lohnt. Das negative Ergebniß, zu welchem der Verfasser bei seiner weiteren
Durchforschung dieses Gebietes gelangt ist, besteht darin, daß sich kein Fall er¬
mitteln läßt, in welchem während der letzten beiden Jahrhunderte irgendwo,
abgesehen von Frankreich, ein Mitglied irgend einer parlamentarischen Ver¬
sammlung wegen in Ausübung seines Berufs als Volksvertreter begangener
Ordnungswidrigkeiten aus derselben ausgeschlossen worden wäre. Wo in Eng¬
land und Amerika eine Ausstoßung erfolgte, geschah es wegen Verbrechen oder
Vergehen, deren der Betreffende sich außerhalb der betreffenden Versammlung
schuldig gemacht hatte. In den deutschen Mittel- und Kleinstaaten, wo die
Ausschließung eines Abgeordneten wegen Ungebühr in seiner parlamentarischen
Thätigkeit gesetzliche Möglichkeit ist, hat man sich dieser Institution niemals
bedient. Oesterreich, Italien, Dänemark und die Schweiz, deren hier in Be¬
tracht kommende Grundsätze in diesem Hefte dargelegt werden, kennen keine
schärferen Disziplinarstrafen als der deutsche Reichstag, dagegen ist dort der
weite Weg, auf welchem allein einem deutschen Reichsboten das Wort entzogen
werden kann, durch Verstärkung der Macht des Präsidenten angemessen abge¬
kürzt, auch befinden sich in diesen Versammlungen unseres Wissens keine Sozial¬
demokraten mit der Neigung, den Gesetzen und dem ganzen jetzigen Bestände
der bürgerlichen Ordnung rücksichtslos Hohn zu sprechen.

Was Frankreich angeht, so lehrt die Geschichte über unsre Frage Folgendes.
Die Verfassung von 1791 erklärte die Volksvertreter für unverantwortlich in
Bezug auf die in Ausübung ihres Berufs gethanen Aeußerungen, wurde aber
schon 1792 abgeschafft, und 1793 erklärte der Konvent, von dem Grundsatze
ausgehend, es sei schlechterdings unerträglich, daß ein Abgeordneter anders be¬
handelt werde als jeder andere Bürger/und es widerspreche den Prinzipien


bewässerte, wohlbebaute Ebene, dann durch ausgetrocknete Flußbetten, in denen
hie und da ganze Auen von blühenden Oleandern sich ausbreiteten. Nur ver¬
einzelt standen noch die stolzen Stämme im Felde. Rückwärts gewendet konnten
wir wieder über dem fernen Horizonte den dunkeln Streifen erblicken, die im
bläulichen Dunste zitternde Masse der Palmenkronen der Elche-Oase. Die sinkende
Sonne vergoldete ihr kleineres Ebenbild, den Palmenhain von Orihuela, als
wir dort die Reitthiere mit einer Tartane vertauschten, in der wir uns beim
Sternenschein nach Murcia schaukeln ließen. Der Tag war heiß gewesen, und
die ermüdeten Glieder sehnten sich nach Ruhe; aber selbst durch den erquicken¬
den Schlummer zog immer noch mit melodischem Gesäusel das unvergleichliche
—i—. Traumbild des Palmenwaldes von Elche.




Literatur.

Die Disciplrnar- und Strafgewalt parlamentarischer Versammlungen
über ihre Mitglieder. Von Dr. R. Schlei den. Zweites Heft. Berlin,
I. Springer, 1879.

Das erste Heft dieser Schrift ist in Ur. 14 d. Bl. ausführlich angezeigt
worden. Das vorliegende zweite ist eine Ergänzung und Vervollständigung
desselben, die namentlich in dem Abschnitte über Frankreich des Studiums ver¬
lohnt. Das negative Ergebniß, zu welchem der Verfasser bei seiner weiteren
Durchforschung dieses Gebietes gelangt ist, besteht darin, daß sich kein Fall er¬
mitteln läßt, in welchem während der letzten beiden Jahrhunderte irgendwo,
abgesehen von Frankreich, ein Mitglied irgend einer parlamentarischen Ver¬
sammlung wegen in Ausübung seines Berufs als Volksvertreter begangener
Ordnungswidrigkeiten aus derselben ausgeschlossen worden wäre. Wo in Eng¬
land und Amerika eine Ausstoßung erfolgte, geschah es wegen Verbrechen oder
Vergehen, deren der Betreffende sich außerhalb der betreffenden Versammlung
schuldig gemacht hatte. In den deutschen Mittel- und Kleinstaaten, wo die
Ausschließung eines Abgeordneten wegen Ungebühr in seiner parlamentarischen
Thätigkeit gesetzliche Möglichkeit ist, hat man sich dieser Institution niemals
bedient. Oesterreich, Italien, Dänemark und die Schweiz, deren hier in Be¬
tracht kommende Grundsätze in diesem Hefte dargelegt werden, kennen keine
schärferen Disziplinarstrafen als der deutsche Reichstag, dagegen ist dort der
weite Weg, auf welchem allein einem deutschen Reichsboten das Wort entzogen
werden kann, durch Verstärkung der Macht des Präsidenten angemessen abge¬
kürzt, auch befinden sich in diesen Versammlungen unseres Wissens keine Sozial¬
demokraten mit der Neigung, den Gesetzen und dem ganzen jetzigen Bestände
der bürgerlichen Ordnung rücksichtslos Hohn zu sprechen.

Was Frankreich angeht, so lehrt die Geschichte über unsre Frage Folgendes.
Die Verfassung von 1791 erklärte die Volksvertreter für unverantwortlich in
Bezug auf die in Ausübung ihres Berufs gethanen Aeußerungen, wurde aber
schon 1792 abgeschafft, und 1793 erklärte der Konvent, von dem Grundsatze
ausgehend, es sei schlechterdings unerträglich, daß ein Abgeordneter anders be¬
handelt werde als jeder andere Bürger/und es widerspreche den Prinzipien


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157675/299>, abgerufen am 23.07.2024.