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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal.

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hervorsuchen, sie wieder lesen und ihnen die verdiente Anerkennung zollen. Viel¬
leicht findet sich sogar, da er nicht mehr ist, ein Verleger, der es wagt, eine
Gesammtausgabe seiner Schriften zu veranstalten, vielleicht findet das deutsche
Theater sich veranlaßt, etwas für ihn zu thun, vielleicht holt man seinen "Cati-
lina", seinen "Firdusi" hervor. Schwerlich -- die Eitelkeit, die Grandezza der
Intendanten werden es nicht eingestehen, daß sie dreißig Jahre lang an Werth¬
vollen vorübergingen! Aber in seinem Nachlaß findet sich der große dreibändige
Roman, an welchem er sieben Jahre geschaffen, den er viermal ungeschrieben, in
welchem er die Hauptthal seines Lebens sah. Aus diesem wird uns seine Gestalt
noch einmal voll und ganz entgegenleuchten, und eine spätere Zeit wird ihm geben,
was ihm das Leben versagte.




Me Mumm von Liebe.
Ein Reisebild aus Südspanien.

An einem schönen Februartage des verflossenen Jahres trabten vier
Reiter von der toiuta as Lossio, dem vielgerühmten besten Gasthause ganz
Südspaniens, hinweg und durch die Vorstadtstraßen Alicante's fröhlich in den
frischen Morgen hinaus. Unsere kleine Reisekarawane bestand außer mir noch
aus einem Franzosen und einem Piemontesen, ein paar alten, nicht allzu ernst
gestimmten Junggesellen, die gleich mir zum Vergnügen reisten. Der vierte, der
noch co lediges Pferd führte und sich etwas im Hintergrunde hielt, war ein
Pferdevermiether aus Orihuela. Ein günstiger Zufall wollte es, daß er ein
paar Tage vorher mit Engländern den Ritt von seiner Heimat nach Alicante
gemacht hatte und nun nicht leer mit seinen Thieren heim wollte. So waren
wir rasch entschlossen, anstatt in der schlechten cliliKsncis, uns durch die schöne
Welt karren zu lassen, seine bescheidene Retourfordernng von 7 xssstas (etwa
Francs) für einen Tagesritt anzunehmen, zumal da wir dergestalt so
lange wir wollten auf dem Wege säumen konnten. Wenn wir um vier Uhr
nachmittags Orihuela^^erreichten, so trafen wir dort noch rechtzeitig ein, um
mit sinkender Nacht ur der landesüblichen tartana (einem zweirädrigen gedeckten
Fuhrwerke) Murcia zu gewinnen. Unser Gepäck war der Ziu^snciÄ aufgeladen
worden; in Murcia in der tonäs, äst ?s.äron sollten wir es wiederfinden. Bis
Elche (syr. Eltsche), wo wir ein paar Stunden bleiben wollten, sollten es drei
gute Stunden, von dort nach Orihuela fünf Wegstunden sein.


hervorsuchen, sie wieder lesen und ihnen die verdiente Anerkennung zollen. Viel¬
leicht findet sich sogar, da er nicht mehr ist, ein Verleger, der es wagt, eine
Gesammtausgabe seiner Schriften zu veranstalten, vielleicht findet das deutsche
Theater sich veranlaßt, etwas für ihn zu thun, vielleicht holt man seinen „Cati-
lina", seinen „Firdusi" hervor. Schwerlich — die Eitelkeit, die Grandezza der
Intendanten werden es nicht eingestehen, daß sie dreißig Jahre lang an Werth¬
vollen vorübergingen! Aber in seinem Nachlaß findet sich der große dreibändige
Roman, an welchem er sieben Jahre geschaffen, den er viermal ungeschrieben, in
welchem er die Hauptthal seines Lebens sah. Aus diesem wird uns seine Gestalt
noch einmal voll und ganz entgegenleuchten, und eine spätere Zeit wird ihm geben,
was ihm das Leben versagte.




Me Mumm von Liebe.
Ein Reisebild aus Südspanien.

An einem schönen Februartage des verflossenen Jahres trabten vier
Reiter von der toiuta as Lossio, dem vielgerühmten besten Gasthause ganz
Südspaniens, hinweg und durch die Vorstadtstraßen Alicante's fröhlich in den
frischen Morgen hinaus. Unsere kleine Reisekarawane bestand außer mir noch
aus einem Franzosen und einem Piemontesen, ein paar alten, nicht allzu ernst
gestimmten Junggesellen, die gleich mir zum Vergnügen reisten. Der vierte, der
noch co lediges Pferd führte und sich etwas im Hintergrunde hielt, war ein
Pferdevermiether aus Orihuela. Ein günstiger Zufall wollte es, daß er ein
paar Tage vorher mit Engländern den Ritt von seiner Heimat nach Alicante
gemacht hatte und nun nicht leer mit seinen Thieren heim wollte. So waren
wir rasch entschlossen, anstatt in der schlechten cliliKsncis, uns durch die schöne
Welt karren zu lassen, seine bescheidene Retourfordernng von 7 xssstas (etwa
Francs) für einen Tagesritt anzunehmen, zumal da wir dergestalt so
lange wir wollten auf dem Wege säumen konnten. Wenn wir um vier Uhr
nachmittags Orihuela^^erreichten, so trafen wir dort noch rechtzeitig ein, um
mit sinkender Nacht ur der landesüblichen tartana (einem zweirädrigen gedeckten
Fuhrwerke) Murcia zu gewinnen. Unser Gepäck war der Ziu^snciÄ aufgeladen
worden; in Murcia in der tonäs, äst ?s.äron sollten wir es wiederfinden. Bis
Elche (syr. Eltsche), wo wir ein paar Stunden bleiben wollten, sollten es drei
gute Stunden, von dort nach Orihuela fünf Wegstunden sein.


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[0292] hervorsuchen, sie wieder lesen und ihnen die verdiente Anerkennung zollen. Viel¬ leicht findet sich sogar, da er nicht mehr ist, ein Verleger, der es wagt, eine Gesammtausgabe seiner Schriften zu veranstalten, vielleicht findet das deutsche Theater sich veranlaßt, etwas für ihn zu thun, vielleicht holt man seinen „Cati- lina", seinen „Firdusi" hervor. Schwerlich — die Eitelkeit, die Grandezza der Intendanten werden es nicht eingestehen, daß sie dreißig Jahre lang an Werth¬ vollen vorübergingen! Aber in seinem Nachlaß findet sich der große dreibändige Roman, an welchem er sieben Jahre geschaffen, den er viermal ungeschrieben, in welchem er die Hauptthal seines Lebens sah. Aus diesem wird uns seine Gestalt noch einmal voll und ganz entgegenleuchten, und eine spätere Zeit wird ihm geben, was ihm das Leben versagte. Me Mumm von Liebe. Ein Reisebild aus Südspanien. An einem schönen Februartage des verflossenen Jahres trabten vier Reiter von der toiuta as Lossio, dem vielgerühmten besten Gasthause ganz Südspaniens, hinweg und durch die Vorstadtstraßen Alicante's fröhlich in den frischen Morgen hinaus. Unsere kleine Reisekarawane bestand außer mir noch aus einem Franzosen und einem Piemontesen, ein paar alten, nicht allzu ernst gestimmten Junggesellen, die gleich mir zum Vergnügen reisten. Der vierte, der noch co lediges Pferd führte und sich etwas im Hintergrunde hielt, war ein Pferdevermiether aus Orihuela. Ein günstiger Zufall wollte es, daß er ein paar Tage vorher mit Engländern den Ritt von seiner Heimat nach Alicante gemacht hatte und nun nicht leer mit seinen Thieren heim wollte. So waren wir rasch entschlossen, anstatt in der schlechten cliliKsncis, uns durch die schöne Welt karren zu lassen, seine bescheidene Retourfordernng von 7 xssstas (etwa Francs) für einen Tagesritt anzunehmen, zumal da wir dergestalt so lange wir wollten auf dem Wege säumen konnten. Wenn wir um vier Uhr nachmittags Orihuela^^erreichten, so trafen wir dort noch rechtzeitig ein, um mit sinkender Nacht ur der landesüblichen tartana (einem zweirädrigen gedeckten Fuhrwerke) Murcia zu gewinnen. Unser Gepäck war der Ziu^snciÄ aufgeladen worden; in Murcia in der tonäs, äst ?s.äron sollten wir es wiederfinden. Bis Elche (syr. Eltsche), wo wir ein paar Stunden bleiben wollten, sollten es drei gute Stunden, von dort nach Orihuela fünf Wegstunden sein.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157675/292>, abgerufen am 23.07.2024.