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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal.

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Häuptling des Bezirks noch dazu in der ihm gegebenen Form -- er bestand
in einem Tuchburnus, einem tunisischen Tarbusch, zwei Ellen Musselin zum
Turban, einem Rosenkranz aus Sandelholz und drei Flaschen Rosenessenz --
anfangs als zu gering bemessen zurückwies und erst dann anzunehmen geruhte,
als der Geber hartnäckig ein mehreres verweigerte und auch Bü Wscha die
Gabe für zureichend erklärte.

Obwohl sich die Produkte dieser Hauptstation zwischen Mursuk und Bornu
im wesentlichen auf Datteln und Salz beschränken, so ist doch der Fremden¬
verkehr hier verhältnißmäßig sehr bedeutend. Größere Karawanen, die das
Salz in die Haussastaaten führen, kommen zwar nur etwa drei Mal des Jahres
zu Stande -- dann enthält jede etwa 3000 Kameele --, aber die Zahl der
kleineren Trckrik- und Tubu-Gesellschaften, welche das Salz in ihre heimat¬
lichen Sitze und nach K5nem, Bornu und Haussa exportiren, ist eine unge¬
heure. Man muß den Besitz der Stämme an Kameelen in Betracht ziehen
und bedenken, daß die zeitweise Salznahrung einen sehr wichtigen Faktor für
das Gedeihen dieser Thiere bildet, um sich eine richtige Idee von der Menge
des Jahr aus, Jahr ein verbrauchten Salzes zu machen. Die Behauptung der
Eingeborenen, daß im Laufe des Jahres etwa 70000 Kameellasten, d. h. min¬
destens 200000 Zentner Salz aus Bilma geholt werden, erscheint durchaus
nicht unglaublich. Die größte Menge davon führen die TMrik aus; zugleich
verhindern sie die Einwohner von KawZ,r am Anbau des Getreides, damit sie
es anstatt des Salzes einführen können. Letzteres wird in flachen Bodenver¬
tiefungen gewonnen, die je nach der Jahreszeit mehr oder weniger Wasser ent¬
halten. Dieses löst die oberflächliche Schicht von Steinsalz und enthält dann,
je nach seiner Menge und dem Grade seiner Verdunstung, das Salz in mehr
oder weniger konzentrirter Losung. Die Jahreszeit, in welcher die Verdunstung
am stärksten vor sich geht, der Sommer, liefert die größte Ausbeute; zwei Mal
in der Woche ist eine so dichte Schicht von ausgezogenen Salz entstanden, daß
die Ausbeute sich lohnt. Das reinste auf diese Weise gewonnene Produkt ver¬
wendet man zu Kochsalz, das mit Sand und Staub vermengte erhalten die
Kameele.

Die reichliche und gedeihliche Nahrung in Bilma hatte auch die Kameele
unserer Karawane in einen so vorzüglichen Zustand versetzt, daß der Aufbruch
nach Süden am 10. Juni mit froher Zuversicht erfolgte. Bald nach dem
Wiedereintritt in die Wüste begann die Dünenregion, welche den schwierigsten
Theil der Reise ausmachte und in einer Reihe von Tagen Geduld und Kraft der
Reisenden und noch mehr die Sehnen der Kameele auf eine harte Probe stellte.
Die zahlreichen von Ost nach West in paralleler Richtung streichenden Flug¬
sandhügel sind wegen der zwar nicht sonderlich hohen, aber sehr steilen Abhänge


Häuptling des Bezirks noch dazu in der ihm gegebenen Form — er bestand
in einem Tuchburnus, einem tunisischen Tarbusch, zwei Ellen Musselin zum
Turban, einem Rosenkranz aus Sandelholz und drei Flaschen Rosenessenz —
anfangs als zu gering bemessen zurückwies und erst dann anzunehmen geruhte,
als der Geber hartnäckig ein mehreres verweigerte und auch Bü Wscha die
Gabe für zureichend erklärte.

Obwohl sich die Produkte dieser Hauptstation zwischen Mursuk und Bornu
im wesentlichen auf Datteln und Salz beschränken, so ist doch der Fremden¬
verkehr hier verhältnißmäßig sehr bedeutend. Größere Karawanen, die das
Salz in die Haussastaaten führen, kommen zwar nur etwa drei Mal des Jahres
zu Stande — dann enthält jede etwa 3000 Kameele —, aber die Zahl der
kleineren Trckrik- und Tubu-Gesellschaften, welche das Salz in ihre heimat¬
lichen Sitze und nach K5nem, Bornu und Haussa exportiren, ist eine unge¬
heure. Man muß den Besitz der Stämme an Kameelen in Betracht ziehen
und bedenken, daß die zeitweise Salznahrung einen sehr wichtigen Faktor für
das Gedeihen dieser Thiere bildet, um sich eine richtige Idee von der Menge
des Jahr aus, Jahr ein verbrauchten Salzes zu machen. Die Behauptung der
Eingeborenen, daß im Laufe des Jahres etwa 70000 Kameellasten, d. h. min¬
destens 200000 Zentner Salz aus Bilma geholt werden, erscheint durchaus
nicht unglaublich. Die größte Menge davon führen die TMrik aus; zugleich
verhindern sie die Einwohner von KawZ,r am Anbau des Getreides, damit sie
es anstatt des Salzes einführen können. Letzteres wird in flachen Bodenver¬
tiefungen gewonnen, die je nach der Jahreszeit mehr oder weniger Wasser ent¬
halten. Dieses löst die oberflächliche Schicht von Steinsalz und enthält dann,
je nach seiner Menge und dem Grade seiner Verdunstung, das Salz in mehr
oder weniger konzentrirter Losung. Die Jahreszeit, in welcher die Verdunstung
am stärksten vor sich geht, der Sommer, liefert die größte Ausbeute; zwei Mal
in der Woche ist eine so dichte Schicht von ausgezogenen Salz entstanden, daß
die Ausbeute sich lohnt. Das reinste auf diese Weise gewonnene Produkt ver¬
wendet man zu Kochsalz, das mit Sand und Staub vermengte erhalten die
Kameele.

Die reichliche und gedeihliche Nahrung in Bilma hatte auch die Kameele
unserer Karawane in einen so vorzüglichen Zustand versetzt, daß der Aufbruch
nach Süden am 10. Juni mit froher Zuversicht erfolgte. Bald nach dem
Wiedereintritt in die Wüste begann die Dünenregion, welche den schwierigsten
Theil der Reise ausmachte und in einer Reihe von Tagen Geduld und Kraft der
Reisenden und noch mehr die Sehnen der Kameele auf eine harte Probe stellte.
Die zahlreichen von Ost nach West in paralleler Richtung streichenden Flug¬
sandhügel sind wegen der zwar nicht sonderlich hohen, aber sehr steilen Abhänge


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[0207] Häuptling des Bezirks noch dazu in der ihm gegebenen Form — er bestand in einem Tuchburnus, einem tunisischen Tarbusch, zwei Ellen Musselin zum Turban, einem Rosenkranz aus Sandelholz und drei Flaschen Rosenessenz — anfangs als zu gering bemessen zurückwies und erst dann anzunehmen geruhte, als der Geber hartnäckig ein mehreres verweigerte und auch Bü Wscha die Gabe für zureichend erklärte. Obwohl sich die Produkte dieser Hauptstation zwischen Mursuk und Bornu im wesentlichen auf Datteln und Salz beschränken, so ist doch der Fremden¬ verkehr hier verhältnißmäßig sehr bedeutend. Größere Karawanen, die das Salz in die Haussastaaten führen, kommen zwar nur etwa drei Mal des Jahres zu Stande — dann enthält jede etwa 3000 Kameele —, aber die Zahl der kleineren Trckrik- und Tubu-Gesellschaften, welche das Salz in ihre heimat¬ lichen Sitze und nach K5nem, Bornu und Haussa exportiren, ist eine unge¬ heure. Man muß den Besitz der Stämme an Kameelen in Betracht ziehen und bedenken, daß die zeitweise Salznahrung einen sehr wichtigen Faktor für das Gedeihen dieser Thiere bildet, um sich eine richtige Idee von der Menge des Jahr aus, Jahr ein verbrauchten Salzes zu machen. Die Behauptung der Eingeborenen, daß im Laufe des Jahres etwa 70000 Kameellasten, d. h. min¬ destens 200000 Zentner Salz aus Bilma geholt werden, erscheint durchaus nicht unglaublich. Die größte Menge davon führen die TMrik aus; zugleich verhindern sie die Einwohner von KawZ,r am Anbau des Getreides, damit sie es anstatt des Salzes einführen können. Letzteres wird in flachen Bodenver¬ tiefungen gewonnen, die je nach der Jahreszeit mehr oder weniger Wasser ent¬ halten. Dieses löst die oberflächliche Schicht von Steinsalz und enthält dann, je nach seiner Menge und dem Grade seiner Verdunstung, das Salz in mehr oder weniger konzentrirter Losung. Die Jahreszeit, in welcher die Verdunstung am stärksten vor sich geht, der Sommer, liefert die größte Ausbeute; zwei Mal in der Woche ist eine so dichte Schicht von ausgezogenen Salz entstanden, daß die Ausbeute sich lohnt. Das reinste auf diese Weise gewonnene Produkt ver¬ wendet man zu Kochsalz, das mit Sand und Staub vermengte erhalten die Kameele. Die reichliche und gedeihliche Nahrung in Bilma hatte auch die Kameele unserer Karawane in einen so vorzüglichen Zustand versetzt, daß der Aufbruch nach Süden am 10. Juni mit froher Zuversicht erfolgte. Bald nach dem Wiedereintritt in die Wüste begann die Dünenregion, welche den schwierigsten Theil der Reise ausmachte und in einer Reihe von Tagen Geduld und Kraft der Reisenden und noch mehr die Sehnen der Kameele auf eine harte Probe stellte. Die zahlreichen von Ost nach West in paralleler Richtung streichenden Flug¬ sandhügel sind wegen der zwar nicht sonderlich hohen, aber sehr steilen Abhänge

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157675/207>, abgerufen am 23.07.2024.