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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal.

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keit des Rohres erforderlich ist. Die geschweißten Ringe der alten Bombarden
hatten den gleichen Zweck.

Das größere der beiden zum Probeschießen gestellten Riesengeschütze war
nun eine 40 Ca.-Kanone. Die Rohrlänge beträgt 10 Mr. -- etwa 32 Fuß,
das Rohrgewicht 72 000 Kg. ^ 1440 Ctr. Das Rohr liegt in einer Rahmen-
laffette von 45000 Kg. ^ 900 Ctr. Gewicht, wovon auf die Oberlaffette 248
Ctr. kommen. Die Geschosse haben eine Länge von 2,8 Kaliber ^ etwa 3^ Fuß;
die Hartgußgranate gegen Eisenpanzer wiegt 775 Kg. -- 15^ Ctr., die ge¬
wöhnliche gußeiserne Granate gegen 13 Ctr. Die Ladung beträgt normal
200 Kg, -- 4 Ctr. prismatischen Pulvers und wird in 4 einzelnen Kartuschen in
das Rohr eingeführt. Das gewöhnliche Geschützpulver ergibt bei sehr starken
Ladungen nicht mehr die für den Effekt erforderliche Gasspannung und mußte
durch das prismatische Pulver ersetzt werden, welches aus regelmäßigen öseiti-
gen Prismen mit Brennkanälen besteht, bei bestimmtem Grade der Dichtigkeit.
Voltaire erwähnt in seiner Histoirs ssMürslö des Beschießens eines der Dar¬
danellen-Geschütze mit einer Steinkugel von 1100 Pfd. und einer Ladung von
330 Pfd.; das dabei verwendete Pulver aber wird dem heutigen wohl sehr un¬
ähnlich gewesen sein.

Die Bedienung erfolgte nur durch 15 Mann, ein besonderer Beweis für
die sinnreiche Verwerthung der mechanischen Anordnungen und Hilfsmittel, wenn
man die kolossalen Gewichtsmassen in Betracht zieht, die hier zu bewältigen
sind. 2 Mann genügen für die Bedienung des Verschlusses, dessen Gewicht
40 Ctr. betragen dürfte; 12 Mann sind bestimmt für das Geschoßansetzen: Das
Geschoß kommt auf einem kleinen Eisenbahnwagen herangefahren, wird mittelst
eines mit der Laffette verbundenen Krahnes gehoben und in die Seele des
Rohres bis zu seinein Lager eingeführt. Für das Nehmen der Höhenrichtung
find 4 Mann, für das der Seitenrichtung 8, für das Geschoßheben 7 Mann
erforderlich. Diese Einzelarbeiten greifen aber in einander, und deshalb reichen
15 Mann im ganzen aus. Bei den ersten Schüssen ergab sich etwa 10 Minu¬
ten Bedienungszeit für einen Schuß, später nur 5 Minuten, ein Ergebniß, wel¬
ches bei einem Vorderlader nie auch nur annähernd erreicht werden kann. Von
der ehernen Mahomets-Kanone vor Konstantinopel 1453 erzählt Gibbon
(vsÄiris imÄ ok et.ö Lmxirs): Unter einem Gebieter, der die
Augenblicke zählte, konnte die große Kanone nicht öfter als sieben Mal an einem
Tage geladen und abgefeuert werden.

Das Schießen auf 2500 Mer. ergab sehr günstige Resultate. Die Längen¬
streuung der Geschosse betrug nur 9 Mer. und in einer zweiten Gruppe nur
20 Mer., sehr gering für '/z Meile Entfernung. Die Geschoßgeschwindigkeit
wurde vermittelst des von dem belgischen Artillerie-Offizier Le Boulenge nn-


Grenzbotcn IV. 187ö. ZS

keit des Rohres erforderlich ist. Die geschweißten Ringe der alten Bombarden
hatten den gleichen Zweck.

Das größere der beiden zum Probeschießen gestellten Riesengeschütze war
nun eine 40 Ca.-Kanone. Die Rohrlänge beträgt 10 Mr. — etwa 32 Fuß,
das Rohrgewicht 72 000 Kg. ^ 1440 Ctr. Das Rohr liegt in einer Rahmen-
laffette von 45000 Kg. ^ 900 Ctr. Gewicht, wovon auf die Oberlaffette 248
Ctr. kommen. Die Geschosse haben eine Länge von 2,8 Kaliber ^ etwa 3^ Fuß;
die Hartgußgranate gegen Eisenpanzer wiegt 775 Kg. — 15^ Ctr., die ge¬
wöhnliche gußeiserne Granate gegen 13 Ctr. Die Ladung beträgt normal
200 Kg, — 4 Ctr. prismatischen Pulvers und wird in 4 einzelnen Kartuschen in
das Rohr eingeführt. Das gewöhnliche Geschützpulver ergibt bei sehr starken
Ladungen nicht mehr die für den Effekt erforderliche Gasspannung und mußte
durch das prismatische Pulver ersetzt werden, welches aus regelmäßigen öseiti-
gen Prismen mit Brennkanälen besteht, bei bestimmtem Grade der Dichtigkeit.
Voltaire erwähnt in seiner Histoirs ssMürslö des Beschießens eines der Dar¬
danellen-Geschütze mit einer Steinkugel von 1100 Pfd. und einer Ladung von
330 Pfd.; das dabei verwendete Pulver aber wird dem heutigen wohl sehr un¬
ähnlich gewesen sein.

Die Bedienung erfolgte nur durch 15 Mann, ein besonderer Beweis für
die sinnreiche Verwerthung der mechanischen Anordnungen und Hilfsmittel, wenn
man die kolossalen Gewichtsmassen in Betracht zieht, die hier zu bewältigen
sind. 2 Mann genügen für die Bedienung des Verschlusses, dessen Gewicht
40 Ctr. betragen dürfte; 12 Mann sind bestimmt für das Geschoßansetzen: Das
Geschoß kommt auf einem kleinen Eisenbahnwagen herangefahren, wird mittelst
eines mit der Laffette verbundenen Krahnes gehoben und in die Seele des
Rohres bis zu seinein Lager eingeführt. Für das Nehmen der Höhenrichtung
find 4 Mann, für das der Seitenrichtung 8, für das Geschoßheben 7 Mann
erforderlich. Diese Einzelarbeiten greifen aber in einander, und deshalb reichen
15 Mann im ganzen aus. Bei den ersten Schüssen ergab sich etwa 10 Minu¬
ten Bedienungszeit für einen Schuß, später nur 5 Minuten, ein Ergebniß, wel¬
ches bei einem Vorderlader nie auch nur annähernd erreicht werden kann. Von
der ehernen Mahomets-Kanone vor Konstantinopel 1453 erzählt Gibbon
(vsÄiris imÄ ok et.ö Lmxirs): Unter einem Gebieter, der die
Augenblicke zählte, konnte die große Kanone nicht öfter als sieben Mal an einem
Tage geladen und abgefeuert werden.

Das Schießen auf 2500 Mer. ergab sehr günstige Resultate. Die Längen¬
streuung der Geschosse betrug nur 9 Mer. und in einer zweiten Gruppe nur
20 Mer., sehr gering für '/z Meile Entfernung. Die Geschoßgeschwindigkeit
wurde vermittelst des von dem belgischen Artillerie-Offizier Le Boulenge nn-


Grenzbotcn IV. 187ö. ZS
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157675/117>, abgerufen am 23.07.2024.