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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal.

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brachte wesentlich neue Anforderungen; obwohl man sich schon vielfältig mit
wirksamen Beschießen von Panzerungen beschäftigt hatte, zeigte im Jahre 1868
ein 9zolliger Armstrong-Vorderlader, beim Schießen gegen ein Panzerziel auf
dem Schießplatze bei Tegel, eine kleine Ueberlegenheit über eins unserer Geschütze
von etwa gleichem Kaliber, nämlich die 24 Ca.-Kanone. Es durste dies nicht
verwundern, da in England die vitalsten Staatsinteressen von jeher mit vollem
Druck auf die Erhaltung einer nach jeder Richtung prädominirenden Flotten¬
stärke hingewiesen haben. Die Frage wurde aber nun dringend, denn es handelte
sich um die Bewaffnung der ersten drei, im Jahre 1867 angekauften Panzer¬
schiffe. Es kam hinzu, daß sich in den Kreisen der Marine eine gewisse Nei¬
gung für das Englische geltend machte, und daß das Armstrong-Geschütz in der
That in allen Einzelheiten fertig dastand, während bei dem unfrigen doch
gewisse Unfertigkeiten und Bedenken, besonders in Bezug auf die Zuverlässig¬
keit des Verschlusses am Bodenstück des Geschützrohres noch vorlagen. Es kam
also darauf an, diesen Einwänden in hurtiger Weise schnell zu begegnen. Die
Artillerie-Prüfungskommission und die Kruppsche Fabrik arbeiteten aufs eifrigste
Hand in Hand. In erstaunlich kurzer Zeit gelang es, alle Bedenken glänzend
zu überwinden, und das Geschütz zeigte eine so erhebliche Ueberlegenheit an
ballistischer Leistung, daß die ausschließliche Ausrüstung unserer Kriegsflotte
mit Geschützen unserer Konstruktion gesichert war.

Neben den Arbeiten im Auftrage, bei welchen die Bestellungen der russi¬
schen Regierung wohl besonders ausgedehnt waren, ist aber die Kruppsche
Fabrik seit jener Zeit auf Grund der durch wissenschaftliche Fixirung und
praktische Ermittelung gewonnenen Erfahrungen und Fortschritte auch selbständig
vorgegangen. Beachtenswerte Hilfe wußte die Fabrik sich dadurch zu schaffen,
daß sie Kräfte in ihren Dienst zog, welche ihre Ausbildung bei der Artillerie-
Prüfungskommission gefunden hatten und somit im Stande waren, den reichen
Schatz dort gesammelter Kenntniß zu verwerthen. Man kann sagen, daß sich so
der Erfindungsgeist, die konstruktive Spekulation und präcis wissenschaftliche
Schärfe hier zu geschlossener Wechselwirkung verbanden, um schöpferisch zu
neuen Bildungen vorzuschreiten.

Die kürzlich vorgeführten Schießversuche hatten den Zweck, ein Bild von
den vielseitigen Aufgaben zu geben, welche die bewährte Fabrik sich selbst zum
Ziele gesetzt hat, wie von der Art ihrer Lösung und dem Grade ihrer bisherigen
Erfüllung. Eine große Anzahl hervorragender Offiziere der betheiligten Dienst¬
zweige, sowohl von unserer Seite, wie von vielen fremden Staaten war zu
Meppen eingetroffen, um den Schießversuchen beizuwohnen. In zuvorkom¬
mendster Weise wurden die Herren von dem Geheimen Kommerzienrath Alfred
Krupp begrüßt. Das Programm für die Ausführungen war so geschickt auf-


brachte wesentlich neue Anforderungen; obwohl man sich schon vielfältig mit
wirksamen Beschießen von Panzerungen beschäftigt hatte, zeigte im Jahre 1868
ein 9zolliger Armstrong-Vorderlader, beim Schießen gegen ein Panzerziel auf
dem Schießplatze bei Tegel, eine kleine Ueberlegenheit über eins unserer Geschütze
von etwa gleichem Kaliber, nämlich die 24 Ca.-Kanone. Es durste dies nicht
verwundern, da in England die vitalsten Staatsinteressen von jeher mit vollem
Druck auf die Erhaltung einer nach jeder Richtung prädominirenden Flotten¬
stärke hingewiesen haben. Die Frage wurde aber nun dringend, denn es handelte
sich um die Bewaffnung der ersten drei, im Jahre 1867 angekauften Panzer¬
schiffe. Es kam hinzu, daß sich in den Kreisen der Marine eine gewisse Nei¬
gung für das Englische geltend machte, und daß das Armstrong-Geschütz in der
That in allen Einzelheiten fertig dastand, während bei dem unfrigen doch
gewisse Unfertigkeiten und Bedenken, besonders in Bezug auf die Zuverlässig¬
keit des Verschlusses am Bodenstück des Geschützrohres noch vorlagen. Es kam
also darauf an, diesen Einwänden in hurtiger Weise schnell zu begegnen. Die
Artillerie-Prüfungskommission und die Kruppsche Fabrik arbeiteten aufs eifrigste
Hand in Hand. In erstaunlich kurzer Zeit gelang es, alle Bedenken glänzend
zu überwinden, und das Geschütz zeigte eine so erhebliche Ueberlegenheit an
ballistischer Leistung, daß die ausschließliche Ausrüstung unserer Kriegsflotte
mit Geschützen unserer Konstruktion gesichert war.

Neben den Arbeiten im Auftrage, bei welchen die Bestellungen der russi¬
schen Regierung wohl besonders ausgedehnt waren, ist aber die Kruppsche
Fabrik seit jener Zeit auf Grund der durch wissenschaftliche Fixirung und
praktische Ermittelung gewonnenen Erfahrungen und Fortschritte auch selbständig
vorgegangen. Beachtenswerte Hilfe wußte die Fabrik sich dadurch zu schaffen,
daß sie Kräfte in ihren Dienst zog, welche ihre Ausbildung bei der Artillerie-
Prüfungskommission gefunden hatten und somit im Stande waren, den reichen
Schatz dort gesammelter Kenntniß zu verwerthen. Man kann sagen, daß sich so
der Erfindungsgeist, die konstruktive Spekulation und präcis wissenschaftliche
Schärfe hier zu geschlossener Wechselwirkung verbanden, um schöpferisch zu
neuen Bildungen vorzuschreiten.

Die kürzlich vorgeführten Schießversuche hatten den Zweck, ein Bild von
den vielseitigen Aufgaben zu geben, welche die bewährte Fabrik sich selbst zum
Ziele gesetzt hat, wie von der Art ihrer Lösung und dem Grade ihrer bisherigen
Erfüllung. Eine große Anzahl hervorragender Offiziere der betheiligten Dienst¬
zweige, sowohl von unserer Seite, wie von vielen fremden Staaten war zu
Meppen eingetroffen, um den Schießversuchen beizuwohnen. In zuvorkom¬
mendster Weise wurden die Herren von dem Geheimen Kommerzienrath Alfred
Krupp begrüßt. Das Programm für die Ausführungen war so geschickt auf-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157675/115>, abgerufen am 23.07.2024.