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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal.

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Aber thun wir nicht doch am Ende den beiden löblichen Verlagshand-
lungen schreiendes Unrecht an mit unsrer Anklage? Haben sie nicht einander
überboten in geschmackvoller Ausstattung des Goethischen Gedichtes? Muß
dem Goethefreunde nicht das Herz im Leibe lachen, wenn er die reichen
Renaissaneeleisten Hes Rosnerschen Druckes, und vollends wenn er die im
reinsten griechischen Geschmack stilvoll und einheitlich (bis auf die unglücklichen
gothischen Buchstaben mitten unter der Antiqua!) verzierte Fellersche Ausgabe
sieht? -- Wenn man nur nicht auch hier sicher sein könnte, daß die auffällige
Ausstattung nur dazu dienen soll, den Appetit zu reizen. Leider ist es ja so
gekommen, daß das Bischen besserer Geschmack, das seit einigen Jahren in unsrer
Bücherausstattung sich regt, sofort dazu gemißbraucht worden ist, eine gewisse
Sorte von Literatur als solche kenntlich zu macheu. Wenn man heute auf dem
Ladentische eines Sortimenters ein Büchlein liegen sieht, in aparten archaistischen
Aufputz, in imitirtem Pergamentumschlag, auf Büttenpapier gedruckt, mit Schwa¬
bacher oder Mediaevelschrift, mit Kopfleisten und Initialen, so muß man immer
gewärtig sein, daß man entweder ein fades Humoristikum oder eine lüsterne
Zweideutigkeit vor sich hat. In die letztere Kategorie haben die Herrn Rosner
und Fetter das Goethische Gedicht verwiesen. Auch die Bajadere schmückt sich ja,
ehe sie sich feilbietet.




Me neuesten Maser unseres Heschnhwesens.

^Nachdruck untersagt^

Die Schießversuche, welche in den Tagen vom 5. bis zum 8. August d. I.
auf dem Kruppschen Schießplatze bei Meppen veranstaltet wurden, haben so
bemerkenswerthe Fortschritte in der Entwickelung des neueren Geschützweseus zu
Tage treten lassen, daß sie wohl geeignet erscheinen, eine besondere Beachtung,
nicht blos in fachwissenschaftlichen, sondern auch in weiteren Kreisen zu finden.

In den 50 er Jahren wurde in der preußischen Artillerie die Konstruktion
gezogener Geschütze aufgenommen. Mit der Lösung und Verwirklichung dieser
wichtigen Aufgabe war die Artillerie-Prüfungskommission zu Berlin beauftragt,
welcher die wissenschaftliche und auch praktische Prüfung der artilleristischen
Fachfragen obliegt. Es ist ein sehr bezeichnendes Merkmal für die voraus¬
sichtsvolle Intelligenz, mit welcher die Arbeit unternommen wurde, daß die
fundamentalen Sätze des heutigen preußischen Geschiitzsystems schon damals


Aber thun wir nicht doch am Ende den beiden löblichen Verlagshand-
lungen schreiendes Unrecht an mit unsrer Anklage? Haben sie nicht einander
überboten in geschmackvoller Ausstattung des Goethischen Gedichtes? Muß
dem Goethefreunde nicht das Herz im Leibe lachen, wenn er die reichen
Renaissaneeleisten Hes Rosnerschen Druckes, und vollends wenn er die im
reinsten griechischen Geschmack stilvoll und einheitlich (bis auf die unglücklichen
gothischen Buchstaben mitten unter der Antiqua!) verzierte Fellersche Ausgabe
sieht? — Wenn man nur nicht auch hier sicher sein könnte, daß die auffällige
Ausstattung nur dazu dienen soll, den Appetit zu reizen. Leider ist es ja so
gekommen, daß das Bischen besserer Geschmack, das seit einigen Jahren in unsrer
Bücherausstattung sich regt, sofort dazu gemißbraucht worden ist, eine gewisse
Sorte von Literatur als solche kenntlich zu macheu. Wenn man heute auf dem
Ladentische eines Sortimenters ein Büchlein liegen sieht, in aparten archaistischen
Aufputz, in imitirtem Pergamentumschlag, auf Büttenpapier gedruckt, mit Schwa¬
bacher oder Mediaevelschrift, mit Kopfleisten und Initialen, so muß man immer
gewärtig sein, daß man entweder ein fades Humoristikum oder eine lüsterne
Zweideutigkeit vor sich hat. In die letztere Kategorie haben die Herrn Rosner
und Fetter das Goethische Gedicht verwiesen. Auch die Bajadere schmückt sich ja,
ehe sie sich feilbietet.




Me neuesten Maser unseres Heschnhwesens.

^Nachdruck untersagt^

Die Schießversuche, welche in den Tagen vom 5. bis zum 8. August d. I.
auf dem Kruppschen Schießplatze bei Meppen veranstaltet wurden, haben so
bemerkenswerthe Fortschritte in der Entwickelung des neueren Geschützweseus zu
Tage treten lassen, daß sie wohl geeignet erscheinen, eine besondere Beachtung,
nicht blos in fachwissenschaftlichen, sondern auch in weiteren Kreisen zu finden.

In den 50 er Jahren wurde in der preußischen Artillerie die Konstruktion
gezogener Geschütze aufgenommen. Mit der Lösung und Verwirklichung dieser
wichtigen Aufgabe war die Artillerie-Prüfungskommission zu Berlin beauftragt,
welcher die wissenschaftliche und auch praktische Prüfung der artilleristischen
Fachfragen obliegt. Es ist ein sehr bezeichnendes Merkmal für die voraus¬
sichtsvolle Intelligenz, mit welcher die Arbeit unternommen wurde, daß die
fundamentalen Sätze des heutigen preußischen Geschiitzsystems schon damals


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157675/113>, abgerufen am 03.07.2024.