Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal.Staatsanwaltschaft hier in Schutz nehmen zu wollen. Sie scheint keine gesetz¬ Welche Absicht hat jene beiden Verlagshandlungen bei der Veranstaltung Grenzboton Jo. Z"79. 14
Staatsanwaltschaft hier in Schutz nehmen zu wollen. Sie scheint keine gesetz¬ Welche Absicht hat jene beiden Verlagshandlungen bei der Veranstaltung Grenzboton Jo. Z«79. 14
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0109" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/143164"/> <p xml:id="ID_349" prev="#ID_348"> Staatsanwaltschaft hier in Schutz nehmen zu wollen. Sie scheint keine gesetz¬<lb/> liche Handhabe gehabt zu haben, den betreffenden Druck auf den Inüsx pro-<lb/> dibiwruro zu setzen, und sie hat durch ihr Vorgehen und den hinterher ange¬<lb/> tretenen Rückzug für den Verleger nur eine unfreiwillige Reklame gemacht, die<lb/> dieser nun bestens für sich ausbeutet. Es fragt sich aber auch, ob sie von<lb/> den richtigen und einzig würdigen Intentionen geleitet gewesen ist. Wäre das<lb/> letztere der Fall gewesen, so hätte das Verbot sich doch möglicherweise aufrecht<lb/> erhalten lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_350" next="#ID_351"> Welche Absicht hat jene beiden Verlagshandlungen bei der Veranstaltung<lb/> ihrer Separatausgaben geleitet? Hielten sie es für verdienstlich, dem Gedichte<lb/> eine größere Verbreitung zu verschaffen als bisher? — Das betreffende Gedicht<lb/> ist in den Kreisen aller Literarhistoriker, aller spezifischen Goethekenner, und<lb/> selbst in dem immer mehr zunehmenden Kreise derer, die aus Liebhaberei mit<lb/> dem Dichter sich beschäftigen und in der Kenntniß seines Wesens und seiner<lb/> Werke nach Vollständigkeit streben, längst bekannt. Seit 1875 liegt es in der<lb/> Goedekeschen Gescunmtausgabe gedruckt vor. Wie kommen jene beiden Verleger<lb/> dazu, gerade jetzt Separatausgaben des Gedichtes herstellen zu lassen? Wenn<lb/> sie Goethe kennten, liebten und ehrten, so würden sie die bisherige Verbreitung<lb/> desselben für vollständig ausreichend halten und eifersüchtig darüber wachen,<lb/> daß es nicht in falsche Hände gerathe, aber nicht selber die Hand dazu bieten,<lb/> die lange Zeit von Goethe selbst aus triftigen Gründen zurückgehaltene Dich¬<lb/> tung, welche selbst die nach größter Vollständigkeit strebende Hempelsche Aus¬<lb/> gabe übergangen hat, unter die große Masse zu bringen. Offenbar handelt<lb/> sichs also nur um eine buchhändlerische Spekulation. Irgend ein saubrer<lb/> Literat — so denken wir uns etwa den Hergang — wußte von dem Gedichte,<lb/> kam auf den schlauen Einfall, daß es doch ein lohnendes Geschäftchen sein<lb/> müßte, Sonderdrucke davon für den Colportagebetrieb herzustellen, und als er<lb/> sich nach einer Firma umsah, die sich durch diese Idee vielleicht sympathisch<lb/> berührt sühlen möchte, verfiel er auf Herrn Rosner, in dessen Verlage ja so<lb/> schöne Dinge wie Grisebachs „Neuer Tanhäuser" und Spitzers „Herrenrecht"<lb/> erschienen sind, in dessen Verlagsrichtung also das Goethische Gedicht nach<lb/> seiner Auffassung vortrefflich zu passen schien, und siehe da, er hatte sich nicht<lb/> getäuscht. Kaum aber sind die Separatabdrücke erschienen, so sagt sich Herr<lb/> Dr. ahnt. Eduard Hlawaöek, Ehrenbürger und Badearzt in Karlsbad, der vor<lb/> zwei Jahren ein — übrigens recht überflüssiges — Buch über „Goethe in Karls¬<lb/> bad" veröffentlicht hat, daß die Herausgabe dieser Drucke doch eigentlich ein Eingriff<lb/> in seine Domäne sei. Das Goethische Gedicht ist nämlich in Karlsbad entstanden.<lb/> Herr Dr. Hlawaöek läuft also spornstreichs zu seinem Verleger, Herrn Fetter<lb/> in Karlsbad, und überredet diesen, ebenfalls derartige Separatdrncke herzustellen,</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboton Jo. Z«79. 14</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0109]
Staatsanwaltschaft hier in Schutz nehmen zu wollen. Sie scheint keine gesetz¬
liche Handhabe gehabt zu haben, den betreffenden Druck auf den Inüsx pro-
dibiwruro zu setzen, und sie hat durch ihr Vorgehen und den hinterher ange¬
tretenen Rückzug für den Verleger nur eine unfreiwillige Reklame gemacht, die
dieser nun bestens für sich ausbeutet. Es fragt sich aber auch, ob sie von
den richtigen und einzig würdigen Intentionen geleitet gewesen ist. Wäre das
letztere der Fall gewesen, so hätte das Verbot sich doch möglicherweise aufrecht
erhalten lassen.
Welche Absicht hat jene beiden Verlagshandlungen bei der Veranstaltung
ihrer Separatausgaben geleitet? Hielten sie es für verdienstlich, dem Gedichte
eine größere Verbreitung zu verschaffen als bisher? — Das betreffende Gedicht
ist in den Kreisen aller Literarhistoriker, aller spezifischen Goethekenner, und
selbst in dem immer mehr zunehmenden Kreise derer, die aus Liebhaberei mit
dem Dichter sich beschäftigen und in der Kenntniß seines Wesens und seiner
Werke nach Vollständigkeit streben, längst bekannt. Seit 1875 liegt es in der
Goedekeschen Gescunmtausgabe gedruckt vor. Wie kommen jene beiden Verleger
dazu, gerade jetzt Separatausgaben des Gedichtes herstellen zu lassen? Wenn
sie Goethe kennten, liebten und ehrten, so würden sie die bisherige Verbreitung
desselben für vollständig ausreichend halten und eifersüchtig darüber wachen,
daß es nicht in falsche Hände gerathe, aber nicht selber die Hand dazu bieten,
die lange Zeit von Goethe selbst aus triftigen Gründen zurückgehaltene Dich¬
tung, welche selbst die nach größter Vollständigkeit strebende Hempelsche Aus¬
gabe übergangen hat, unter die große Masse zu bringen. Offenbar handelt
sichs also nur um eine buchhändlerische Spekulation. Irgend ein saubrer
Literat — so denken wir uns etwa den Hergang — wußte von dem Gedichte,
kam auf den schlauen Einfall, daß es doch ein lohnendes Geschäftchen sein
müßte, Sonderdrucke davon für den Colportagebetrieb herzustellen, und als er
sich nach einer Firma umsah, die sich durch diese Idee vielleicht sympathisch
berührt sühlen möchte, verfiel er auf Herrn Rosner, in dessen Verlage ja so
schöne Dinge wie Grisebachs „Neuer Tanhäuser" und Spitzers „Herrenrecht"
erschienen sind, in dessen Verlagsrichtung also das Goethische Gedicht nach
seiner Auffassung vortrefflich zu passen schien, und siehe da, er hatte sich nicht
getäuscht. Kaum aber sind die Separatabdrücke erschienen, so sagt sich Herr
Dr. ahnt. Eduard Hlawaöek, Ehrenbürger und Badearzt in Karlsbad, der vor
zwei Jahren ein — übrigens recht überflüssiges — Buch über „Goethe in Karls¬
bad" veröffentlicht hat, daß die Herausgabe dieser Drucke doch eigentlich ein Eingriff
in seine Domäne sei. Das Goethische Gedicht ist nämlich in Karlsbad entstanden.
Herr Dr. Hlawaöek läuft also spornstreichs zu seinem Verleger, Herrn Fetter
in Karlsbad, und überredet diesen, ebenfalls derartige Separatdrncke herzustellen,
Grenzboton Jo. Z«79. 14
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