Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.die Völker mächtig und reich macht. Sie erfährt in ihrem Bereich am schnell¬ Doch kehren wir von dieser Noth der Zeit zu Bismarck als dem Verwalter In ähnlicher Weise ist der jetzige Eigenthümer der Herrschaft Varzin an die Völker mächtig und reich macht. Sie erfährt in ihrem Bereich am schnell¬ Doch kehren wir von dieser Noth der Zeit zu Bismarck als dem Verwalter In ähnlicher Weise ist der jetzige Eigenthümer der Herrschaft Varzin an <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0536" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/143033"/> <p xml:id="ID_1599" prev="#ID_1598"> die Völker mächtig und reich macht. Sie erfährt in ihrem Bereich am schnell¬<lb/> sten und sichersten, was sich von fremdländischen Gewächs zur Verpflanzung<lb/> auf unfern Boden eignet und was nicht, und sie gewöhnt über jenen Bereich<lb/> hinaus an praktisches Verfahren. Es wäre daher meines Erachtens gut, wenn<lb/> die Mehrzahl der Sitze in den Sälen unsrer Landtage und nicht minder im<lb/> Reichstage von Leuten eingenommen würden, die eine Zeit lang in diese Schule<lb/> gegangen sind, statt daß es sich jetzt Handwerkspolitiker und Fraktionshelden<lb/> ohne Sinn und Verständniß für das natürliche Leben, phrasendrehende, nur in<lb/> juristischem Formalismus erfahrene Advokaten, talmudistische Silbenstecher und<lb/> Mückenseiher, rechthaberische, vom Bewußtsein ihrer Allweisheit geschwollene<lb/> Professoren und Literaten und andere strebsame Theoretiker zum Schaden und<lb/> Aufenthalt unsrer Entwickelung ans ihnen bequem machen. Den Inhalt unsrer<lb/> Gesetzgebung würden dann die praktischen Leute liefern, den Andern wäre<lb/> überlassen, die Form zu feilen, und jeder Theil hätte dann, was sich für ihn<lb/> schickte und gebührte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1600"> Doch kehren wir von dieser Noth der Zeit zu Bismarck als dem Verwalter<lb/> seiner Güter in Hinterpommern zurück. Man wird zwischen den Zeilen der<lb/> folgenden Mittheilungen noch manche Aehnlichkeit seiner Bestrebungen als<lb/> Landwirth mit seinen in der letzten Reichstagskampagne und früher hervorge¬<lb/> tretenen Absichten herauslesen können, ohne daß ich ausdrücklich darauf hinweise.<lb/> Ehe Bismarck die Besitzung übernahm, war zum Exempel schöner Wald aus¬<lb/> gerottet und in Feld verwandelt worden, das gegen die Theorie, welche dieses<lb/> Verfahren empfohlen hatte, nichts oder nur wenig trug. „Mein Vorbesitzer,"<lb/> so erzählte der Fürst unter andern Beispielen dieser Verwaltungsweise, als von<lb/> der Größe des Parkes die Rede war, „konnte hier anderthalb Meilen in eignem<lb/> Walde gehen, und zwar meistens in Laubwald. Er hat die große Lichtung<lb/> hinter dem Parke aushauen lassen und in Ackerland umgewandelt, weil er<lb/> dachte, wo Buchen stünden, da wäre guter Boden. Es ist aber nichts dabei<lb/> herausgekommen. Der Wind hat die dünne Humusdecke ausgetrocknet und<lb/> weggefegt, und ich bemühe mich jetzt wieder Wald zu pflanzen."</p><lb/> <p xml:id="ID_1601" next="#ID_1602"> In ähnlicher Weise ist der jetzige Eigenthümer der Herrschaft Varzin an<lb/> andern Stellen dabei gewesen, Kiesernschonungen auf kargen und bis dahin<lb/> nur mit Gestrüpp, Sandhafer und Haidekraut bedecktem Boden anzulegen, und<lb/> wenn die Natur — beiläufig wie Mancher und Manches bei seiner Reforma¬<lb/> torenarbeit auf politischem Gebiete — nicht daran will, so muß sie. Sie wird<lb/> dann eben durch kluges Manövriren und zähe Beharrlichkeit gezwungen. An<lb/> verschiedenen Punkten sah ich jungen Föhrenwald, dessen ungleich hohe Stämm¬<lb/> chen zeigten, daß der Erfolg im ersten Jahre nach der Anpflanzung in Folge<lb/> von Sand und Wind nur ein Viertelserfolg, im nächsten Jahre kaum ein</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0536]
die Völker mächtig und reich macht. Sie erfährt in ihrem Bereich am schnell¬
sten und sichersten, was sich von fremdländischen Gewächs zur Verpflanzung
auf unfern Boden eignet und was nicht, und sie gewöhnt über jenen Bereich
hinaus an praktisches Verfahren. Es wäre daher meines Erachtens gut, wenn
die Mehrzahl der Sitze in den Sälen unsrer Landtage und nicht minder im
Reichstage von Leuten eingenommen würden, die eine Zeit lang in diese Schule
gegangen sind, statt daß es sich jetzt Handwerkspolitiker und Fraktionshelden
ohne Sinn und Verständniß für das natürliche Leben, phrasendrehende, nur in
juristischem Formalismus erfahrene Advokaten, talmudistische Silbenstecher und
Mückenseiher, rechthaberische, vom Bewußtsein ihrer Allweisheit geschwollene
Professoren und Literaten und andere strebsame Theoretiker zum Schaden und
Aufenthalt unsrer Entwickelung ans ihnen bequem machen. Den Inhalt unsrer
Gesetzgebung würden dann die praktischen Leute liefern, den Andern wäre
überlassen, die Form zu feilen, und jeder Theil hätte dann, was sich für ihn
schickte und gebührte.
Doch kehren wir von dieser Noth der Zeit zu Bismarck als dem Verwalter
seiner Güter in Hinterpommern zurück. Man wird zwischen den Zeilen der
folgenden Mittheilungen noch manche Aehnlichkeit seiner Bestrebungen als
Landwirth mit seinen in der letzten Reichstagskampagne und früher hervorge¬
tretenen Absichten herauslesen können, ohne daß ich ausdrücklich darauf hinweise.
Ehe Bismarck die Besitzung übernahm, war zum Exempel schöner Wald aus¬
gerottet und in Feld verwandelt worden, das gegen die Theorie, welche dieses
Verfahren empfohlen hatte, nichts oder nur wenig trug. „Mein Vorbesitzer,"
so erzählte der Fürst unter andern Beispielen dieser Verwaltungsweise, als von
der Größe des Parkes die Rede war, „konnte hier anderthalb Meilen in eignem
Walde gehen, und zwar meistens in Laubwald. Er hat die große Lichtung
hinter dem Parke aushauen lassen und in Ackerland umgewandelt, weil er
dachte, wo Buchen stünden, da wäre guter Boden. Es ist aber nichts dabei
herausgekommen. Der Wind hat die dünne Humusdecke ausgetrocknet und
weggefegt, und ich bemühe mich jetzt wieder Wald zu pflanzen."
In ähnlicher Weise ist der jetzige Eigenthümer der Herrschaft Varzin an
andern Stellen dabei gewesen, Kiesernschonungen auf kargen und bis dahin
nur mit Gestrüpp, Sandhafer und Haidekraut bedecktem Boden anzulegen, und
wenn die Natur — beiläufig wie Mancher und Manches bei seiner Reforma¬
torenarbeit auf politischem Gebiete — nicht daran will, so muß sie. Sie wird
dann eben durch kluges Manövriren und zähe Beharrlichkeit gezwungen. An
verschiedenen Punkten sah ich jungen Föhrenwald, dessen ungleich hohe Stämm¬
chen zeigten, daß der Erfolg im ersten Jahre nach der Anpflanzung in Folge
von Sand und Wind nur ein Viertelserfolg, im nächsten Jahre kaum ein
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