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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

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angeknüpft, der nach dem Urtheile Aller die Schlüssel zu dem Felsenkante in
seinen Händen hatte, und durch dessen Vermittelung er hoffen durfte die Er¬
laubniß der Machthaber zum Besuche ihres Landes zu erwirken. Dieser flößte
etwas mehr Muth zu dem Unternehmen ein und versprach, einen zuverlässigen
und angesehenen Tibesti-Edelmann -- mit einer gewissen Verantwortlichkeit seiner¬
seits -- als Schutz- und Geleitsmann zu stellen. Zur größern Sicherheit
wurde dieser aufgefordert, in Mursuk zu erscheinen und mit den dortigen
Behörden den Vertrag abzuschließen. Ehe dies noch verwirklicht wurde,
befaßte man sich schon mit dem Ankauf von Geschenken sür die Tubu-Edeln
und mit Besorgung des Proviants. Unterdeß langte auch der erwähnte Tubu-
Edle Akrvmi mit dem Beinamen Kolokvmi an und verpflichtete sich, für eine
Summe von etwa 300 Mark, von der die eine Hälfte bei Antritt, die andere
nach Beendigung der Reise gezahlt werden sollte, den Reisenden durch
das ganze Land Tibesti, wohin er auch immer zu gehen wünsche, zu führen
und nach Fezzu,n zurückzugeleiten. Außerdem wurde festgesetzt, daß außer dem
Herrscher des Landes jeder der vornehmsten Edeln des Tibesti-Landes -- etwa
sieben an der Zahl -- einen rothen Tuchburnus erhalten sollte, für die Kasse
Nachtigals ein ins Gewicht fallender Umstand, da der Preis dieser beliebten
Kleidungsstücke sich in Mursuk aus 50 bis 80 Mark belief und außer diesen
fixirten Geschenken noch für manche andere Gabe, bestehend in schwarzblauen
Sudänroben, rothen tnnisischen Mützen, Musselinstoff, weißen Turbanen, Benzoö
zum Räuchern, Antimonpulver (als Heilmittel), Tabak und sonstige Kleinigkeiten
Sorge getragen werden mußte, um die habsüchtigen Gemüther der Tibesti-Leute
für den Fremden günstig zu stimmen. Von der Mitnahme der für den Bornu-
herrscher bestimmten Geschenke mußte bei der in jenen Länderstrichen herrschenden
Unsicherheit abgesehen werden: sie blieben in Mursuk unter der Obhut des
oben erwähnten Gönners Hübsch Bruhim zurück.

Wenn aber Nachtigal selbst von einem gewissen Vertrauen auf das
glückliche Gelingen dieses Abstechers erfüllt war, fo erstreckte sich dies keines¬
wegs auf seine Leute, vor allen Dingen nicht auf den biedern Mohammed ans
Katrün, der sein Mißbehagen über die ganze Angelegenheit nicht unterdrücken
konnte, aber das Ansinnen, in seinem Heimatsorte Katrun die Rückkehr
der Karawane abzuwarten, mit Entrüstung zurückwies. Die einfachen Worte
des treuen Mannes verdienen wörtliche Wiedergabe: "Ich habe deinen Freunden
in Tripolis versprochen," sagte er, "dich wohlbehalten nach Boruü, zu führen,
wie ich auch deine Brüder Abd-el-Ker!in (Barth) und Mustafa Bei (Rohlfs)
dorthin geleitet habe. Mit Gottes Hilfe werden wir dies Ziel zusammen
erreichen; bis dahin werde ich dich nicht verlassen, und wenn dir bei den ver-
rätherischen Tubu ein Unglück zustoßen soll, so will ich dasselbe mit dir theilen."


angeknüpft, der nach dem Urtheile Aller die Schlüssel zu dem Felsenkante in
seinen Händen hatte, und durch dessen Vermittelung er hoffen durfte die Er¬
laubniß der Machthaber zum Besuche ihres Landes zu erwirken. Dieser flößte
etwas mehr Muth zu dem Unternehmen ein und versprach, einen zuverlässigen
und angesehenen Tibesti-Edelmann — mit einer gewissen Verantwortlichkeit seiner¬
seits — als Schutz- und Geleitsmann zu stellen. Zur größern Sicherheit
wurde dieser aufgefordert, in Mursuk zu erscheinen und mit den dortigen
Behörden den Vertrag abzuschließen. Ehe dies noch verwirklicht wurde,
befaßte man sich schon mit dem Ankauf von Geschenken sür die Tubu-Edeln
und mit Besorgung des Proviants. Unterdeß langte auch der erwähnte Tubu-
Edle Akrvmi mit dem Beinamen Kolokvmi an und verpflichtete sich, für eine
Summe von etwa 300 Mark, von der die eine Hälfte bei Antritt, die andere
nach Beendigung der Reise gezahlt werden sollte, den Reisenden durch
das ganze Land Tibesti, wohin er auch immer zu gehen wünsche, zu führen
und nach Fezzu,n zurückzugeleiten. Außerdem wurde festgesetzt, daß außer dem
Herrscher des Landes jeder der vornehmsten Edeln des Tibesti-Landes — etwa
sieben an der Zahl — einen rothen Tuchburnus erhalten sollte, für die Kasse
Nachtigals ein ins Gewicht fallender Umstand, da der Preis dieser beliebten
Kleidungsstücke sich in Mursuk aus 50 bis 80 Mark belief und außer diesen
fixirten Geschenken noch für manche andere Gabe, bestehend in schwarzblauen
Sudänroben, rothen tnnisischen Mützen, Musselinstoff, weißen Turbanen, Benzoö
zum Räuchern, Antimonpulver (als Heilmittel), Tabak und sonstige Kleinigkeiten
Sorge getragen werden mußte, um die habsüchtigen Gemüther der Tibesti-Leute
für den Fremden günstig zu stimmen. Von der Mitnahme der für den Bornu-
herrscher bestimmten Geschenke mußte bei der in jenen Länderstrichen herrschenden
Unsicherheit abgesehen werden: sie blieben in Mursuk unter der Obhut des
oben erwähnten Gönners Hübsch Bruhim zurück.

Wenn aber Nachtigal selbst von einem gewissen Vertrauen auf das
glückliche Gelingen dieses Abstechers erfüllt war, fo erstreckte sich dies keines¬
wegs auf seine Leute, vor allen Dingen nicht auf den biedern Mohammed ans
Katrün, der sein Mißbehagen über die ganze Angelegenheit nicht unterdrücken
konnte, aber das Ansinnen, in seinem Heimatsorte Katrun die Rückkehr
der Karawane abzuwarten, mit Entrüstung zurückwies. Die einfachen Worte
des treuen Mannes verdienen wörtliche Wiedergabe: „Ich habe deinen Freunden
in Tripolis versprochen," sagte er, „dich wohlbehalten nach Boruü, zu führen,
wie ich auch deine Brüder Abd-el-Ker!in (Barth) und Mustafa Bei (Rohlfs)
dorthin geleitet habe. Mit Gottes Hilfe werden wir dies Ziel zusammen
erreichen; bis dahin werde ich dich nicht verlassen, und wenn dir bei den ver-
rätherischen Tubu ein Unglück zustoßen soll, so will ich dasselbe mit dir theilen."


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/529>, abgerufen am 27.11.2024.