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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

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unter ihnen namentlich den Großen Kurfürsten auf seiner Schenke, im Begriff
den Degen zu ziehen, den alten Fritz mit dem bekannten Krückstock auf einem
Schimmel und Kaiser Wilhelm auf einem Rappen. Der letztere begegnet uns
hier wie sonst im Hause in anderen Situationen noch sechs oder sieben Mal.

Eine Thür in der Wand den beiden Fenstern gegenüber läßt uns in das
Zimmer der Fürstin blicken, das weiße Tapete hat und ungefähr wie der
Salon möblirt, daneben aber mit hübschen Blattpflanzen in Töpfen geschmückt
ist. Die Bilder sind theils Stahlstiche, theils Photographieen. Unter den ersteren
befinden sich einige von Kaulbach's Treppenhausbildern, unter den letzteren
Porträts des Fürsten und seiner Söhne, eine Murillo'sche Madonna und die
Heilige Familie von Kraus.

Die Zimmer des Fürsten sind im Erdgeschosse des Neubaues, in den man
aus der Stube des Grafen Bill durch einen langen halb dunkeln Korridor
gelangt, der an den Wänden mit Landkarten, Situationsplänen und Aehnlichem
behängen ist. Durch eine Flügelthür am Ende desselben treten wir zuerst in
ein Gemach von etwa fünfzehn Schritt Tiefe und acht Schritt Breite, in welchem
der Herr des Hauses seine Förster, Pächter und Bauern empfängt. Wände
und Decke sind einfach weiß getüncht. An ersteren läuft unten dem Anschein
nach braunes Hvlzgetäfel hin, das aber nur mit Lackfarbe aufgemalt ist. Ein
breites Fenster gibt Licht. Der Tisch vor diesem, die beiden großen Schränke
zu beiden Seiten, auf denen ausgestopfte Vögel stehen, die mit Emblemen der
Jagd verzierten Stühle und das mit schwarzem Leder bezogne Sopha sind von
dunkelbraunem Eichenholze. An der Wand rechts vom Eingange steht ein
hübsch geschnitztes, oben durchbrochnes Schränkchen, hinter dessen Arabeskengitter
rothe Seide hervorglänzt, und auf dem zwei große Trinkhörner liegen. Vom
Kaminsims des Ofens grinst uns zwischen alterthümlichen Glasbechern ein etwa
spannenhohes Teufelchen mit großen Fledermausflügeln an -- wohl ein Vetter
des kleinen Kobolds, welcher den Salon der Madame Jesse in Versailles
bewohnte.*) Zwischen der Thür, die von hier in das nächste Zimmer führt,
und dem Ofen trägt ein ungefähr mannshohes phantomartiges Gestell eine
schwarze Rüstung mit Sturmhaube und Beinschienen. Von Bildern enthält
dieses Vorgemach nur zwei Stahlstiche, Jagdszenen aus den schottischen
Hochlanden.

Jenes nächste Zimmer ist die Bibliothek. Es hat nicht ganz die Tiefe
des vorigen, ist aber beinahe doppelt so breit als dieses, sodaß es ein gleich¬
seitiges Viereck bildet. Man geht hier wieder auf Parket, Decke und Wände
aber sind wieder nur weiß getüncht. Die Möbel sind, so weit sie nicht gepolstert,



*) Vgl. "Graf Bismarck und seine Leute", Bd. I, S, 228 und 234.

unter ihnen namentlich den Großen Kurfürsten auf seiner Schenke, im Begriff
den Degen zu ziehen, den alten Fritz mit dem bekannten Krückstock auf einem
Schimmel und Kaiser Wilhelm auf einem Rappen. Der letztere begegnet uns
hier wie sonst im Hause in anderen Situationen noch sechs oder sieben Mal.

Eine Thür in der Wand den beiden Fenstern gegenüber läßt uns in das
Zimmer der Fürstin blicken, das weiße Tapete hat und ungefähr wie der
Salon möblirt, daneben aber mit hübschen Blattpflanzen in Töpfen geschmückt
ist. Die Bilder sind theils Stahlstiche, theils Photographieen. Unter den ersteren
befinden sich einige von Kaulbach's Treppenhausbildern, unter den letzteren
Porträts des Fürsten und seiner Söhne, eine Murillo'sche Madonna und die
Heilige Familie von Kraus.

Die Zimmer des Fürsten sind im Erdgeschosse des Neubaues, in den man
aus der Stube des Grafen Bill durch einen langen halb dunkeln Korridor
gelangt, der an den Wänden mit Landkarten, Situationsplänen und Aehnlichem
behängen ist. Durch eine Flügelthür am Ende desselben treten wir zuerst in
ein Gemach von etwa fünfzehn Schritt Tiefe und acht Schritt Breite, in welchem
der Herr des Hauses seine Förster, Pächter und Bauern empfängt. Wände
und Decke sind einfach weiß getüncht. An ersteren läuft unten dem Anschein
nach braunes Hvlzgetäfel hin, das aber nur mit Lackfarbe aufgemalt ist. Ein
breites Fenster gibt Licht. Der Tisch vor diesem, die beiden großen Schränke
zu beiden Seiten, auf denen ausgestopfte Vögel stehen, die mit Emblemen der
Jagd verzierten Stühle und das mit schwarzem Leder bezogne Sopha sind von
dunkelbraunem Eichenholze. An der Wand rechts vom Eingange steht ein
hübsch geschnitztes, oben durchbrochnes Schränkchen, hinter dessen Arabeskengitter
rothe Seide hervorglänzt, und auf dem zwei große Trinkhörner liegen. Vom
Kaminsims des Ofens grinst uns zwischen alterthümlichen Glasbechern ein etwa
spannenhohes Teufelchen mit großen Fledermausflügeln an — wohl ein Vetter
des kleinen Kobolds, welcher den Salon der Madame Jesse in Versailles
bewohnte.*) Zwischen der Thür, die von hier in das nächste Zimmer führt,
und dem Ofen trägt ein ungefähr mannshohes phantomartiges Gestell eine
schwarze Rüstung mit Sturmhaube und Beinschienen. Von Bildern enthält
dieses Vorgemach nur zwei Stahlstiche, Jagdszenen aus den schottischen
Hochlanden.

Jenes nächste Zimmer ist die Bibliothek. Es hat nicht ganz die Tiefe
des vorigen, ist aber beinahe doppelt so breit als dieses, sodaß es ein gleich¬
seitiges Viereck bildet. Man geht hier wieder auf Parket, Decke und Wände
aber sind wieder nur weiß getüncht. Die Möbel sind, so weit sie nicht gepolstert,



*) Vgl. „Graf Bismarck und seine Leute", Bd. I, S, 228 und 234.
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[0504] unter ihnen namentlich den Großen Kurfürsten auf seiner Schenke, im Begriff den Degen zu ziehen, den alten Fritz mit dem bekannten Krückstock auf einem Schimmel und Kaiser Wilhelm auf einem Rappen. Der letztere begegnet uns hier wie sonst im Hause in anderen Situationen noch sechs oder sieben Mal. Eine Thür in der Wand den beiden Fenstern gegenüber läßt uns in das Zimmer der Fürstin blicken, das weiße Tapete hat und ungefähr wie der Salon möblirt, daneben aber mit hübschen Blattpflanzen in Töpfen geschmückt ist. Die Bilder sind theils Stahlstiche, theils Photographieen. Unter den ersteren befinden sich einige von Kaulbach's Treppenhausbildern, unter den letzteren Porträts des Fürsten und seiner Söhne, eine Murillo'sche Madonna und die Heilige Familie von Kraus. Die Zimmer des Fürsten sind im Erdgeschosse des Neubaues, in den man aus der Stube des Grafen Bill durch einen langen halb dunkeln Korridor gelangt, der an den Wänden mit Landkarten, Situationsplänen und Aehnlichem behängen ist. Durch eine Flügelthür am Ende desselben treten wir zuerst in ein Gemach von etwa fünfzehn Schritt Tiefe und acht Schritt Breite, in welchem der Herr des Hauses seine Förster, Pächter und Bauern empfängt. Wände und Decke sind einfach weiß getüncht. An ersteren läuft unten dem Anschein nach braunes Hvlzgetäfel hin, das aber nur mit Lackfarbe aufgemalt ist. Ein breites Fenster gibt Licht. Der Tisch vor diesem, die beiden großen Schränke zu beiden Seiten, auf denen ausgestopfte Vögel stehen, die mit Emblemen der Jagd verzierten Stühle und das mit schwarzem Leder bezogne Sopha sind von dunkelbraunem Eichenholze. An der Wand rechts vom Eingange steht ein hübsch geschnitztes, oben durchbrochnes Schränkchen, hinter dessen Arabeskengitter rothe Seide hervorglänzt, und auf dem zwei große Trinkhörner liegen. Vom Kaminsims des Ofens grinst uns zwischen alterthümlichen Glasbechern ein etwa spannenhohes Teufelchen mit großen Fledermausflügeln an — wohl ein Vetter des kleinen Kobolds, welcher den Salon der Madame Jesse in Versailles bewohnte.*) Zwischen der Thür, die von hier in das nächste Zimmer führt, und dem Ofen trägt ein ungefähr mannshohes phantomartiges Gestell eine schwarze Rüstung mit Sturmhaube und Beinschienen. Von Bildern enthält dieses Vorgemach nur zwei Stahlstiche, Jagdszenen aus den schottischen Hochlanden. Jenes nächste Zimmer ist die Bibliothek. Es hat nicht ganz die Tiefe des vorigen, ist aber beinahe doppelt so breit als dieses, sodaß es ein gleich¬ seitiges Viereck bildet. Man geht hier wieder auf Parket, Decke und Wände aber sind wieder nur weiß getüncht. Die Möbel sind, so weit sie nicht gepolstert, *) Vgl. „Graf Bismarck und seine Leute", Bd. I, S, 228 und 234.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/504>, abgerufen am 27.11.2024.