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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

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bis in die Zeiten, da deutsche Schwerter und deutsche Arbeit, Hand in Hand
mit den Verkündern der christlichen Lehre, der slavischen Bevölkerung unsres
Nordens Schritt vor Schritt den Boden abnahmen, auf dem dann seit dem
12. Jahrhundert eine Reihe blühender Städte erwuchs: Lübeck, Rostock,
Wismar, Stralsund, Greifswald, Stettin, Anklam, Stargard, Kolberg u. a.,
welche die Basis des norddeutschen Handels zu werden bestimmt waren.

Je mehr aber das slavische Element von dem deutschen aufgesogen wurde
und verschwand, um so bedeutungsvoller trat der Einfluß des Nordens, zunächst
Dänemark's, in den Vordergrund. Mit Recht betont der Verfasser wiederholt,
daß es moderne Anschauungen in die Geschichte hineintragen hieße, wollte mau
von einem nationalen Gegensatze zwischen den Bewohnern der Ostseeküste und
den Dänen sprechen; er war nicht vorhanden im Bewußtsein des Volks, in
welchem doch der Gegensatz gegen die stammverschiedenen Slaven so tief wurzelte,
daß man ihn durch das ganze Mittelalter hindurch und in allen Grenzländern
verfolgen kann. Die Konflikte, in die schon im 13. Jahrhunderte die nordischen
Länder mit den Seestädten geriethen, waren einfach die Folgen einerseits des
Verfalls der sächsischen Herzogsgewalt nach dem Tode Heinrich's des Löwen
und andrerseits der Erstarkung des jugendkräftigen dänischen Volks besonders
nnter Waldemar dem Großen. Bekannt sind seine Eroberungszüge, welche die
Macht des Dänenkönigs weit über deutsches Gebiet ausdehnten, bis die Schlacht
bei Bornhöved 1227 die errungenen Erfolge schnell und gründlich vereitelten.

Als diese Ereignisse den Norden erschütterten, war Lübeck bereits, Dank
vor allem der Fürsorge Heinrich's des Löwen, die blühendste Handelsstadt an
der Ostsee und begann schon der Mittelpunkt des gesammten nordischen Handels
zu werden. Lübeck ist der eigentliche Kern der deutschen Hanse geworden, und
mit Recht wird daher seiner Entwickelung vorzugsweise Berücksichtigung zu Theil.

Die Frage nach dem Ursprung der Hanse gehört zu denen, die sich nicht so
rundweg beantworten lassen. Wenn Adam Tratziger seiner Zeit den Vertrag
zwischen Hamburg und Lübeck von 1241 als den Ausgangspunkt ansah, so
darf man jetzt diese Ansicht als antiquirt bezeichnen. Zwei Elemente vor allem
haben zusammengewirkt, um die deutsche Hanse hervorzubringen: die Verbin¬
dungen deutscher Kaufleute im Auslande und die Bündnisse und Einigungen
norddeutscher Städte unter einander

Erstere sind schon oft Gegenstand der wissenschaftlichen Untersuchung gewesen.
Während das eigentlich zusammenhaltende Band, die Rechtsgemeinschaft, nach
den Begriffen des Mittelalters nicht als etwas Auffälliges bezeichnet werden
kann, ist eine andere Erscheinung ganz eigenartig: die Rückwirkung, die diese
Niederlassungen auf die heimischen Städte ausüben konnten. Die erste Kauf-
mannsgenossenschaft, bei der ein derartiger Einfluß nachweisbar ist, ist die


bis in die Zeiten, da deutsche Schwerter und deutsche Arbeit, Hand in Hand
mit den Verkündern der christlichen Lehre, der slavischen Bevölkerung unsres
Nordens Schritt vor Schritt den Boden abnahmen, auf dem dann seit dem
12. Jahrhundert eine Reihe blühender Städte erwuchs: Lübeck, Rostock,
Wismar, Stralsund, Greifswald, Stettin, Anklam, Stargard, Kolberg u. a.,
welche die Basis des norddeutschen Handels zu werden bestimmt waren.

Je mehr aber das slavische Element von dem deutschen aufgesogen wurde
und verschwand, um so bedeutungsvoller trat der Einfluß des Nordens, zunächst
Dänemark's, in den Vordergrund. Mit Recht betont der Verfasser wiederholt,
daß es moderne Anschauungen in die Geschichte hineintragen hieße, wollte mau
von einem nationalen Gegensatze zwischen den Bewohnern der Ostseeküste und
den Dänen sprechen; er war nicht vorhanden im Bewußtsein des Volks, in
welchem doch der Gegensatz gegen die stammverschiedenen Slaven so tief wurzelte,
daß man ihn durch das ganze Mittelalter hindurch und in allen Grenzländern
verfolgen kann. Die Konflikte, in die schon im 13. Jahrhunderte die nordischen
Länder mit den Seestädten geriethen, waren einfach die Folgen einerseits des
Verfalls der sächsischen Herzogsgewalt nach dem Tode Heinrich's des Löwen
und andrerseits der Erstarkung des jugendkräftigen dänischen Volks besonders
nnter Waldemar dem Großen. Bekannt sind seine Eroberungszüge, welche die
Macht des Dänenkönigs weit über deutsches Gebiet ausdehnten, bis die Schlacht
bei Bornhöved 1227 die errungenen Erfolge schnell und gründlich vereitelten.

Als diese Ereignisse den Norden erschütterten, war Lübeck bereits, Dank
vor allem der Fürsorge Heinrich's des Löwen, die blühendste Handelsstadt an
der Ostsee und begann schon der Mittelpunkt des gesammten nordischen Handels
zu werden. Lübeck ist der eigentliche Kern der deutschen Hanse geworden, und
mit Recht wird daher seiner Entwickelung vorzugsweise Berücksichtigung zu Theil.

Die Frage nach dem Ursprung der Hanse gehört zu denen, die sich nicht so
rundweg beantworten lassen. Wenn Adam Tratziger seiner Zeit den Vertrag
zwischen Hamburg und Lübeck von 1241 als den Ausgangspunkt ansah, so
darf man jetzt diese Ansicht als antiquirt bezeichnen. Zwei Elemente vor allem
haben zusammengewirkt, um die deutsche Hanse hervorzubringen: die Verbin¬
dungen deutscher Kaufleute im Auslande und die Bündnisse und Einigungen
norddeutscher Städte unter einander

Erstere sind schon oft Gegenstand der wissenschaftlichen Untersuchung gewesen.
Während das eigentlich zusammenhaltende Band, die Rechtsgemeinschaft, nach
den Begriffen des Mittelalters nicht als etwas Auffälliges bezeichnet werden
kann, ist eine andere Erscheinung ganz eigenartig: die Rückwirkung, die diese
Niederlassungen auf die heimischen Städte ausüben konnten. Die erste Kauf-
mannsgenossenschaft, bei der ein derartiger Einfluß nachweisbar ist, ist die


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[0489] bis in die Zeiten, da deutsche Schwerter und deutsche Arbeit, Hand in Hand mit den Verkündern der christlichen Lehre, der slavischen Bevölkerung unsres Nordens Schritt vor Schritt den Boden abnahmen, auf dem dann seit dem 12. Jahrhundert eine Reihe blühender Städte erwuchs: Lübeck, Rostock, Wismar, Stralsund, Greifswald, Stettin, Anklam, Stargard, Kolberg u. a., welche die Basis des norddeutschen Handels zu werden bestimmt waren. Je mehr aber das slavische Element von dem deutschen aufgesogen wurde und verschwand, um so bedeutungsvoller trat der Einfluß des Nordens, zunächst Dänemark's, in den Vordergrund. Mit Recht betont der Verfasser wiederholt, daß es moderne Anschauungen in die Geschichte hineintragen hieße, wollte mau von einem nationalen Gegensatze zwischen den Bewohnern der Ostseeküste und den Dänen sprechen; er war nicht vorhanden im Bewußtsein des Volks, in welchem doch der Gegensatz gegen die stammverschiedenen Slaven so tief wurzelte, daß man ihn durch das ganze Mittelalter hindurch und in allen Grenzländern verfolgen kann. Die Konflikte, in die schon im 13. Jahrhunderte die nordischen Länder mit den Seestädten geriethen, waren einfach die Folgen einerseits des Verfalls der sächsischen Herzogsgewalt nach dem Tode Heinrich's des Löwen und andrerseits der Erstarkung des jugendkräftigen dänischen Volks besonders nnter Waldemar dem Großen. Bekannt sind seine Eroberungszüge, welche die Macht des Dänenkönigs weit über deutsches Gebiet ausdehnten, bis die Schlacht bei Bornhöved 1227 die errungenen Erfolge schnell und gründlich vereitelten. Als diese Ereignisse den Norden erschütterten, war Lübeck bereits, Dank vor allem der Fürsorge Heinrich's des Löwen, die blühendste Handelsstadt an der Ostsee und begann schon der Mittelpunkt des gesammten nordischen Handels zu werden. Lübeck ist der eigentliche Kern der deutschen Hanse geworden, und mit Recht wird daher seiner Entwickelung vorzugsweise Berücksichtigung zu Theil. Die Frage nach dem Ursprung der Hanse gehört zu denen, die sich nicht so rundweg beantworten lassen. Wenn Adam Tratziger seiner Zeit den Vertrag zwischen Hamburg und Lübeck von 1241 als den Ausgangspunkt ansah, so darf man jetzt diese Ansicht als antiquirt bezeichnen. Zwei Elemente vor allem haben zusammengewirkt, um die deutsche Hanse hervorzubringen: die Verbin¬ dungen deutscher Kaufleute im Auslande und die Bündnisse und Einigungen norddeutscher Städte unter einander Erstere sind schon oft Gegenstand der wissenschaftlichen Untersuchung gewesen. Während das eigentlich zusammenhaltende Band, die Rechtsgemeinschaft, nach den Begriffen des Mittelalters nicht als etwas Auffälliges bezeichnet werden kann, ist eine andere Erscheinung ganz eigenartig: die Rückwirkung, die diese Niederlassungen auf die heimischen Städte ausüben konnten. Die erste Kauf- mannsgenossenschaft, bei der ein derartiger Einfluß nachweisbar ist, ist die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/489>, abgerufen am 27.11.2024.