Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.Aufführung der Jahreszeiten, welchem von beiden Werken er den Vorzug gebe. "Im Munde was vom Philister", sagte Lavater von Haydn's Gesicht. Ludwig No si. Die akademische Kunstausstellung in Aerttn. i. Die seit 1876 beliebte alljährliche Wiederkehr unserer akademischen Kunst¬ Aufführung der Jahreszeiten, welchem von beiden Werken er den Vorzug gebe. „Im Munde was vom Philister", sagte Lavater von Haydn's Gesicht. Ludwig No si. Die akademische Kunstausstellung in Aerttn. i. Die seit 1876 beliebte alljährliche Wiederkehr unserer akademischen Kunst¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0458" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/142955"/> <p xml:id="ID_1354" prev="#ID_1353"> Aufführung der Jahreszeiten, welchem von beiden Werken er den Vorzug gebe.<lb/> „Der Schöpfung!" entgegnete Haydn. „Und warum?" „In der Schöpfung<lb/> reden Engel und erzählen von Gott, aber in den Jahreszeiten spricht nur der<lb/> Simon."</p><lb/> <p xml:id="ID_1355"> „Im Munde was vom Philister", sagte Lavater von Haydn's Gesicht.<lb/> Im Vergleich zu dem idealen Typus der Schöpfungsmelodieen kehrt in den<lb/> „Jahreszeiten" der Handwerker mit den melodischen und modulatorischen Wen¬<lb/> dungen der „guten alten Zeit" zurück, und selbst der Humor ist hausbacken.<lb/> Gleichwohl herrscht noch viel echt Haydn'sche Heiterkeit und Frische auch in diesem<lb/> seinen letzten Werke, und in mancher der „Malereien" ist auch hier wieder viel<lb/> Ingeniöses. Das unsterblich Jugendliche überwiegt auch hier, wenn auch nicht<lb/> in dem Maße wie in der „Schöpfung", weitaus das dem Zufall einer<lb/> vergänglichen Zeitperiode angehörende, und „Papa Haydn" ist nicht ein alter<lb/> Mann, sondern eine jener Lebenserscheinungen, in denen Generationen einander<lb/> die Hand reichen, und die in jeder mit jung sind.</p><lb/> <note type="byline"> Ludwig No si.</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die akademische Kunstausstellung in Aerttn.<lb/> i.</head><lb/> <p xml:id="ID_1356" next="#ID_1357"> Die seit 1876 beliebte alljährliche Wiederkehr unserer akademischen Kunst¬<lb/> ausstellungen, welcher die Produktionsfähigkeit unserer heimischen Kunst bei<lb/> weitem noch nicht gewachsen ist, hat es zu Wege gebracht, daß wir seit jenem<lb/> Jahre, zugleich dem zweitverflossenen seit der Reorganisation der Kunstakademie<lb/> unter A. v. Werner's Leitung, keine Kunstausstellung erlebt haben, die nach<lb/> irgend einer Richtung hin das Epitheton „glänzend" verdient hätte. Wenn die<lb/> diesjährige sich mehr als ihre letzten drei Vorgängerinnen diesem Ideale nähert,<lb/> so ist diese erfreuliche Erscheinung wohl dem Umstände zuzuschreiben, daß die<lb/> Mitglieder der Jury, deren Namen zum ersten Male offiziell bekannt gemacht<lb/> worden sind, ihres Amtes strenger gewaltet haben als sonst. Indem sie von<lb/> 1250 eingesandten Kunstwerken 371 zurückwiesen, haben sie sich unzweifelhaft<lb/> den Dank des großen Publikums wie der unglücklichen Kritiker erworben.<lb/> Beide Theile brauchen sich nicht mehr durch den Wust von Mittelmäßigkeiten<lb/> hindurchzuquälen, welche den Spaziergang durch die langen Hallen des Aus¬<lb/> stellungsgebäudes fast zu einem Dornenpfade zu machen pflegt. Aber die Zahl</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0458]
Aufführung der Jahreszeiten, welchem von beiden Werken er den Vorzug gebe.
„Der Schöpfung!" entgegnete Haydn. „Und warum?" „In der Schöpfung
reden Engel und erzählen von Gott, aber in den Jahreszeiten spricht nur der
Simon."
„Im Munde was vom Philister", sagte Lavater von Haydn's Gesicht.
Im Vergleich zu dem idealen Typus der Schöpfungsmelodieen kehrt in den
„Jahreszeiten" der Handwerker mit den melodischen und modulatorischen Wen¬
dungen der „guten alten Zeit" zurück, und selbst der Humor ist hausbacken.
Gleichwohl herrscht noch viel echt Haydn'sche Heiterkeit und Frische auch in diesem
seinen letzten Werke, und in mancher der „Malereien" ist auch hier wieder viel
Ingeniöses. Das unsterblich Jugendliche überwiegt auch hier, wenn auch nicht
in dem Maße wie in der „Schöpfung", weitaus das dem Zufall einer
vergänglichen Zeitperiode angehörende, und „Papa Haydn" ist nicht ein alter
Mann, sondern eine jener Lebenserscheinungen, in denen Generationen einander
die Hand reichen, und die in jeder mit jung sind.
Ludwig No si.
Die akademische Kunstausstellung in Aerttn.
i.
Die seit 1876 beliebte alljährliche Wiederkehr unserer akademischen Kunst¬
ausstellungen, welcher die Produktionsfähigkeit unserer heimischen Kunst bei
weitem noch nicht gewachsen ist, hat es zu Wege gebracht, daß wir seit jenem
Jahre, zugleich dem zweitverflossenen seit der Reorganisation der Kunstakademie
unter A. v. Werner's Leitung, keine Kunstausstellung erlebt haben, die nach
irgend einer Richtung hin das Epitheton „glänzend" verdient hätte. Wenn die
diesjährige sich mehr als ihre letzten drei Vorgängerinnen diesem Ideale nähert,
so ist diese erfreuliche Erscheinung wohl dem Umstände zuzuschreiben, daß die
Mitglieder der Jury, deren Namen zum ersten Male offiziell bekannt gemacht
worden sind, ihres Amtes strenger gewaltet haben als sonst. Indem sie von
1250 eingesandten Kunstwerken 371 zurückwiesen, haben sie sich unzweifelhaft
den Dank des großen Publikums wie der unglücklichen Kritiker erworben.
Beide Theile brauchen sich nicht mehr durch den Wust von Mittelmäßigkeiten
hindurchzuquälen, welche den Spaziergang durch die langen Hallen des Aus¬
stellungsgebäudes fast zu einem Dornenpfade zu machen pflegt. Aber die Zahl
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