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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

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wurden. Hierher kamen viele Wallfahrer von nach und fern, und hier "verlieh,"
wie Chaumonot schreibt, "unsre liebe Frau ihren Anbetern viele wunderbare
Spenden, so viele, daß ihre Aufzählung ein ganzes Buch füllen würde."

Doch sollten die Reste der Huronen auch hier nicht dauernd bleiben., Noch
vor Ende des Jahrhunderts führte man sie nach einem vier Meilen von da
entfernten Orte, den man Um-Lorette nannte. Es war eine Stelle in einer
Schlucht des Urwaldes, wo der Se. Charles seinen schneeweißen Gischt über
schwarze Felsenschwellen sprüht, und wo die Sonnenstrahlen dnrch die dichten
Zweige der Tanne und Lärche zuweilen hindurchdringen, um einige Augenblicke
auf moosigen Gestein zu spielen oder auf den dahinschießender Wassern zu
erglänzen. Bis auf den heutigen Tag findet der Reisende hier eine kleine Ge¬
meinde des untergegangenen Huronenvolkes: harmlose Korbflechter und Mokassin-
schnster, deren Kupferfarbe immer mehr erbleicht, da sie mit jeder Generation
mehr mit der benachbarten französischen Bevölkerung verschmelzen.


M. B.


Literatur.
Die Darwinsche Theorie und ihre Stellung zur Moral und Reli¬
gion von 1)r. G. Jäger. Stuttgart, I. Hoffmann.

Vier religionsgeschichtliche Vorträge, von denen die ersten drei eine gute
Darstellung des Darwinismus enthalten, während der letzte den Versuch macht,
denselben gegen den Vorwurf zu vertheidigen, er verstoße gegen Moral und
Religion. Diese Vertheidigung ist nicht gelungen. Sie erhebt den Egoismus
zum Diktator in Sachen der ethischen und religiösen Dinge, während die Moral
und die Religion doch gerade alle Selbstsucht möglichst binden und einschränken
wollen. Der Verfasser argumentire etwa so. Das oberste Gesetz für jede Art
von lebenden Wesen ist die Selbsterhaltung und Selbstvertheidigung im Kampfe
um das Dasein, und dafür gibt es nur einen Standpunkt, den, bei welchem
man sich als den Mittelpunkt der Natur betrachtet. So ist es auch mit dem
Menschen, er hat den anthropozentrischen Standpunkt einzunehmen, der den
Menschen als Mittelpunkt der Welt nimmt und im Gegensatz zur Natur und
namentlich zu seiner nächsten Verwandtschaft, der Thierwelt, stellt, aus der er
sich herausgekämpft hat, und in die nicht wieder zurückzusinken er bestrebt sein
muß. In Betreff der Stellung des Menschen zum Menschen zeigt der Darwi¬
nismus, daß geselliges Leben praktischer für den Einzelnen, weil zur Selbst¬
vertheidigung geeigneter als einsiedlerisches, und daß die organisirte Form des
geselligen Lebens der kommunistischen vorzuziehen ist. Die letztere wirkt ver¬
dünnend und abstumpfend, erstere dagegen erzieht zur Intelligenz und stärkt
die Vertheidigungsfähigkeit des Einzelnen, sie läßt nicht einseitig werden und
erlaubt, von Zeit zu Zeit auszuruhen vom Kampfe ums Dasein, sie weist mit
dem Prinzip der Arbeitstheilung auf die Nächstenliebe als oberstes Gesetz hin,
das jenen Kampf beschränkt. Der Darwinianer kämpft, wie der Verfasser sagt,
"für die Festigung der Bande der Ehe und Familie als Wurzel des geselligen


wurden. Hierher kamen viele Wallfahrer von nach und fern, und hier „verlieh,"
wie Chaumonot schreibt, „unsre liebe Frau ihren Anbetern viele wunderbare
Spenden, so viele, daß ihre Aufzählung ein ganzes Buch füllen würde."

Doch sollten die Reste der Huronen auch hier nicht dauernd bleiben., Noch
vor Ende des Jahrhunderts führte man sie nach einem vier Meilen von da
entfernten Orte, den man Um-Lorette nannte. Es war eine Stelle in einer
Schlucht des Urwaldes, wo der Se. Charles seinen schneeweißen Gischt über
schwarze Felsenschwellen sprüht, und wo die Sonnenstrahlen dnrch die dichten
Zweige der Tanne und Lärche zuweilen hindurchdringen, um einige Augenblicke
auf moosigen Gestein zu spielen oder auf den dahinschießender Wassern zu
erglänzen. Bis auf den heutigen Tag findet der Reisende hier eine kleine Ge¬
meinde des untergegangenen Huronenvolkes: harmlose Korbflechter und Mokassin-
schnster, deren Kupferfarbe immer mehr erbleicht, da sie mit jeder Generation
mehr mit der benachbarten französischen Bevölkerung verschmelzen.


M. B.


Literatur.
Die Darwinsche Theorie und ihre Stellung zur Moral und Reli¬
gion von 1)r. G. Jäger. Stuttgart, I. Hoffmann.

Vier religionsgeschichtliche Vorträge, von denen die ersten drei eine gute
Darstellung des Darwinismus enthalten, während der letzte den Versuch macht,
denselben gegen den Vorwurf zu vertheidigen, er verstoße gegen Moral und
Religion. Diese Vertheidigung ist nicht gelungen. Sie erhebt den Egoismus
zum Diktator in Sachen der ethischen und religiösen Dinge, während die Moral
und die Religion doch gerade alle Selbstsucht möglichst binden und einschränken
wollen. Der Verfasser argumentire etwa so. Das oberste Gesetz für jede Art
von lebenden Wesen ist die Selbsterhaltung und Selbstvertheidigung im Kampfe
um das Dasein, und dafür gibt es nur einen Standpunkt, den, bei welchem
man sich als den Mittelpunkt der Natur betrachtet. So ist es auch mit dem
Menschen, er hat den anthropozentrischen Standpunkt einzunehmen, der den
Menschen als Mittelpunkt der Welt nimmt und im Gegensatz zur Natur und
namentlich zu seiner nächsten Verwandtschaft, der Thierwelt, stellt, aus der er
sich herausgekämpft hat, und in die nicht wieder zurückzusinken er bestrebt sein
muß. In Betreff der Stellung des Menschen zum Menschen zeigt der Darwi¬
nismus, daß geselliges Leben praktischer für den Einzelnen, weil zur Selbst¬
vertheidigung geeigneter als einsiedlerisches, und daß die organisirte Form des
geselligen Lebens der kommunistischen vorzuziehen ist. Die letztere wirkt ver¬
dünnend und abstumpfend, erstere dagegen erzieht zur Intelligenz und stärkt
die Vertheidigungsfähigkeit des Einzelnen, sie läßt nicht einseitig werden und
erlaubt, von Zeit zu Zeit auszuruhen vom Kampfe ums Dasein, sie weist mit
dem Prinzip der Arbeitstheilung auf die Nächstenliebe als oberstes Gesetz hin,
das jenen Kampf beschränkt. Der Darwinianer kämpft, wie der Verfasser sagt,
„für die Festigung der Bande der Ehe und Familie als Wurzel des geselligen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/427>, abgerufen am 27.11.2024.