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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

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nähere Bestimmungen hinzugesetzt, sei es, daß man die Herkunft bezeichnete,
wie bei Gottfried von Straßburg, Heinrich von Schönberg, Otto Schwabe, sei
es, daß man eine Angabe über Stand, Gewerbe oder sonstige Eigenschaften bei¬
fügte. Dies sind die sogenannten Beinamen, welche in Unzahl zu Familien¬
namen geworden sind. Wir haben demnach in der Hauptsache zwei Klassen
von Familiennamen zu unterscheiden, ursprüngliche Personennamen und
Beinamen.

In sprachlicher Beziehung sind die ersteren am interessantesten. Sie sind
nicht nur die kräftigsten und klangvollsten, sondern sie führen uns auch in die
ältesten Zeiten unseres Volkes zurück und lassen uus lohnende Blicke thun in
die Denk- und Anschauungsweise unserer Ahnen. Denn die Namengebung war
für die alten Germanen eine wichtigere Angelegenheit, als es jetzt zu sein pflegt,
da der Name eines Menschen eine sinnvolle Vorbedeutung des zukünftigen
Lebensganges enthalten sollte. Darum wurde nicht jedes beliebige Wort dabei
verwendet, sondern nur eine bestimmte Auslese bedeutsamer, durch die Tradition
gewissermaßen geweihter Worte. Und zwar erscheinen diese nicht allein, sondern
wie die neuere Forschung überzeugend nachgewiesen hat, immer in Zusammen¬
setzung: unsere ältesten Namen sind doppelstämmig.

Daß unter diesen Namenwörtern Kampf und Krieg eine Hauptrolle spielen,
kann uns bei unseren Vorfahren nicht wundern, deren Ideal Kriegsruhm und
Heidenthum war. Nicht weniger als fünf alte Stämme bezeichnen den Krieg: 1.) vu,ä,
daher Badomar, kriegsberühmt, wovon Baldner, 2.) ^rima, daher Gundbrecht, Gum-
precht, Gumpert und Gundhart ----- Günther, 3.) 1^<w, davon Hadubrecht ----- Ha-
precht, Happert 4.) blick, daher Hildibert, Hilpert, Hilprecht und Hildebrand, 5.) ^iZ,
davon Wigbrecht ------ Wieprecht, Weyprecht, Wippert und Wighard ------ Wigard,
Wichcirdt. Der Kriegszorn wird bezeichnet durch das alte Wort niet, unser jetziges
Neid, nur daß dieses im Laufe der Zeit eine andere Bedeutung angenommen hat.
Daher kommen: Nidbald, stark im Kriegszorn-----Nippold, Niepold, Nippel und
Nidhart ----- Niethardt, Neidhart. Das Ziel der Helden ist Ehre, Kriegsruhm, Sieg.
Auch diese Begriffe sind dem entsprechend in Namen häufig vertreten: Erhardt,
Ehrt, Ehrenfried; Rnmbold (Ruhmwalter), Rumpel; Rüdiger (aus KruoÄ Ruhm
und AM Speer); Robert (eigentlich Ruodprecht ----- Rnhmesglänzend), Ruprecht, Rup-
pert; Siegfried (Seifried, Seifert, Siffert), Sigibald ----- Siebold, Sybel, Siebelis,
Seibold. Mit dem Begriff des Sieges verknüpft sich der Gedanke an Sieges¬
beute, die um so ruhmvoller ist, wenn die Person des Feindes selbst dem
Sieger in die Hände fällt. So erklären sich die mit Geisel, altdeutsch Gisel,
zusammengesetzte Namen wie Giselbrecht---- Geiselglänzend, Giesebrecht, Gisbrecht,
Gisbert, Gilbrecht, Gilbert, Gilbers, oder in Verbindung mit dör: Giselher,
Gieseler, Geisseler, Geißler, Gieser. Da die Waffen bei den deutschen Helden


nähere Bestimmungen hinzugesetzt, sei es, daß man die Herkunft bezeichnete,
wie bei Gottfried von Straßburg, Heinrich von Schönberg, Otto Schwabe, sei
es, daß man eine Angabe über Stand, Gewerbe oder sonstige Eigenschaften bei¬
fügte. Dies sind die sogenannten Beinamen, welche in Unzahl zu Familien¬
namen geworden sind. Wir haben demnach in der Hauptsache zwei Klassen
von Familiennamen zu unterscheiden, ursprüngliche Personennamen und
Beinamen.

In sprachlicher Beziehung sind die ersteren am interessantesten. Sie sind
nicht nur die kräftigsten und klangvollsten, sondern sie führen uns auch in die
ältesten Zeiten unseres Volkes zurück und lassen uus lohnende Blicke thun in
die Denk- und Anschauungsweise unserer Ahnen. Denn die Namengebung war
für die alten Germanen eine wichtigere Angelegenheit, als es jetzt zu sein pflegt,
da der Name eines Menschen eine sinnvolle Vorbedeutung des zukünftigen
Lebensganges enthalten sollte. Darum wurde nicht jedes beliebige Wort dabei
verwendet, sondern nur eine bestimmte Auslese bedeutsamer, durch die Tradition
gewissermaßen geweihter Worte. Und zwar erscheinen diese nicht allein, sondern
wie die neuere Forschung überzeugend nachgewiesen hat, immer in Zusammen¬
setzung: unsere ältesten Namen sind doppelstämmig.

Daß unter diesen Namenwörtern Kampf und Krieg eine Hauptrolle spielen,
kann uns bei unseren Vorfahren nicht wundern, deren Ideal Kriegsruhm und
Heidenthum war. Nicht weniger als fünf alte Stämme bezeichnen den Krieg: 1.) vu,ä,
daher Badomar, kriegsberühmt, wovon Baldner, 2.) ^rima, daher Gundbrecht, Gum-
precht, Gumpert und Gundhart ----- Günther, 3.) 1^<w, davon Hadubrecht ----- Ha-
precht, Happert 4.) blick, daher Hildibert, Hilpert, Hilprecht und Hildebrand, 5.) ^iZ,
davon Wigbrecht ------ Wieprecht, Weyprecht, Wippert und Wighard ------ Wigard,
Wichcirdt. Der Kriegszorn wird bezeichnet durch das alte Wort niet, unser jetziges
Neid, nur daß dieses im Laufe der Zeit eine andere Bedeutung angenommen hat.
Daher kommen: Nidbald, stark im Kriegszorn-----Nippold, Niepold, Nippel und
Nidhart ----- Niethardt, Neidhart. Das Ziel der Helden ist Ehre, Kriegsruhm, Sieg.
Auch diese Begriffe sind dem entsprechend in Namen häufig vertreten: Erhardt,
Ehrt, Ehrenfried; Rnmbold (Ruhmwalter), Rumpel; Rüdiger (aus KruoÄ Ruhm
und AM Speer); Robert (eigentlich Ruodprecht ----- Rnhmesglänzend), Ruprecht, Rup-
pert; Siegfried (Seifried, Seifert, Siffert), Sigibald ----- Siebold, Sybel, Siebelis,
Seibold. Mit dem Begriff des Sieges verknüpft sich der Gedanke an Sieges¬
beute, die um so ruhmvoller ist, wenn die Person des Feindes selbst dem
Sieger in die Hände fällt. So erklären sich die mit Geisel, altdeutsch Gisel,
zusammengesetzte Namen wie Giselbrecht---- Geiselglänzend, Giesebrecht, Gisbrecht,
Gisbert, Gilbrecht, Gilbert, Gilbers, oder in Verbindung mit dör: Giselher,
Gieseler, Geisseler, Geißler, Gieser. Da die Waffen bei den deutschen Helden


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[0332] nähere Bestimmungen hinzugesetzt, sei es, daß man die Herkunft bezeichnete, wie bei Gottfried von Straßburg, Heinrich von Schönberg, Otto Schwabe, sei es, daß man eine Angabe über Stand, Gewerbe oder sonstige Eigenschaften bei¬ fügte. Dies sind die sogenannten Beinamen, welche in Unzahl zu Familien¬ namen geworden sind. Wir haben demnach in der Hauptsache zwei Klassen von Familiennamen zu unterscheiden, ursprüngliche Personennamen und Beinamen. In sprachlicher Beziehung sind die ersteren am interessantesten. Sie sind nicht nur die kräftigsten und klangvollsten, sondern sie führen uns auch in die ältesten Zeiten unseres Volkes zurück und lassen uus lohnende Blicke thun in die Denk- und Anschauungsweise unserer Ahnen. Denn die Namengebung war für die alten Germanen eine wichtigere Angelegenheit, als es jetzt zu sein pflegt, da der Name eines Menschen eine sinnvolle Vorbedeutung des zukünftigen Lebensganges enthalten sollte. Darum wurde nicht jedes beliebige Wort dabei verwendet, sondern nur eine bestimmte Auslese bedeutsamer, durch die Tradition gewissermaßen geweihter Worte. Und zwar erscheinen diese nicht allein, sondern wie die neuere Forschung überzeugend nachgewiesen hat, immer in Zusammen¬ setzung: unsere ältesten Namen sind doppelstämmig. Daß unter diesen Namenwörtern Kampf und Krieg eine Hauptrolle spielen, kann uns bei unseren Vorfahren nicht wundern, deren Ideal Kriegsruhm und Heidenthum war. Nicht weniger als fünf alte Stämme bezeichnen den Krieg: 1.) vu,ä, daher Badomar, kriegsberühmt, wovon Baldner, 2.) ^rima, daher Gundbrecht, Gum- precht, Gumpert und Gundhart ----- Günther, 3.) 1^<w, davon Hadubrecht ----- Ha- precht, Happert 4.) blick, daher Hildibert, Hilpert, Hilprecht und Hildebrand, 5.) ^iZ, davon Wigbrecht ------ Wieprecht, Weyprecht, Wippert und Wighard ------ Wigard, Wichcirdt. Der Kriegszorn wird bezeichnet durch das alte Wort niet, unser jetziges Neid, nur daß dieses im Laufe der Zeit eine andere Bedeutung angenommen hat. Daher kommen: Nidbald, stark im Kriegszorn-----Nippold, Niepold, Nippel und Nidhart ----- Niethardt, Neidhart. Das Ziel der Helden ist Ehre, Kriegsruhm, Sieg. Auch diese Begriffe sind dem entsprechend in Namen häufig vertreten: Erhardt, Ehrt, Ehrenfried; Rnmbold (Ruhmwalter), Rumpel; Rüdiger (aus KruoÄ Ruhm und AM Speer); Robert (eigentlich Ruodprecht ----- Rnhmesglänzend), Ruprecht, Rup- pert; Siegfried (Seifried, Seifert, Siffert), Sigibald ----- Siebold, Sybel, Siebelis, Seibold. Mit dem Begriff des Sieges verknüpft sich der Gedanke an Sieges¬ beute, die um so ruhmvoller ist, wenn die Person des Feindes selbst dem Sieger in die Hände fällt. So erklären sich die mit Geisel, altdeutsch Gisel, zusammengesetzte Namen wie Giselbrecht---- Geiselglänzend, Giesebrecht, Gisbrecht, Gisbert, Gilbrecht, Gilbert, Gilbers, oder in Verbindung mit dör: Giselher, Gieseler, Geisseler, Geißler, Gieser. Da die Waffen bei den deutschen Helden

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/332>, abgerufen am 01.09.2024.