Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite

aller Stille, als ob es sich von selbst verstünde; er wurde bei Seite gesetzt, wie
man eine abgenutzte Maschine in die Rumpelkammer wirft.

Mit welchem kläglichen Widerwillen das Direktorium und der Ausschuß
der Kompagnie später die allernothdürftigsten Verbindlichkeiten gegen List regelte,
dies darzulegen, erspare ich mir für einen zweiten Artikel. Hier kam es in
erster Linie darauf an, zu zeigen, daß List es war und kein anderer, dem man
die Entstehung der Leipzig-Dresdner Eisenbahn zu verdanken hat; noch mehr,
daß er durch die breite Grundlage, die er den Vorarbeiten zu geben wußte,
Vorarbeiten für die sämmtlichen Eisenbahnen Deutschland's lieferte; daß er,
indem auf sein Betreiben zuerst eine höchst rentable Linie ausgebaut wurde, den
Unternehmungsgeist ganz Deutschland's anspornte, dadurch den möglichst raschen
Ausbau der Hauptverkehrslinien trotz der Abneigung vieler Regierungen
gegen die Eisenbahnen sicherte und ans diese Weise dem Verkehr nicht nur,
sondern der gestimmten Volkswirthschaft und dem Vaterlande einen unerme߬
lichen Dienst erwies.


H. Niedermüller.


Ile
deutsche Literatur zur Zeit des siebenjährigen Krieges.
V Julian Schmidt. on IV.

Im November 1760 entfernte sich Lessing, jetzt 31 jährig, des kritischen
Geschäfts wieder einmal müde, plötzlich aus Berlin, ohne Abschied von seinen
Freunden zu nehmen, und trat in Breslau als Sekretär in die Dienste des
Generals Tauenzien; es sei einmal Zeit, meinte er, mehr unter Menschen als
unter Büchern zu leben und neben dem Kopfe auch den Beutel zu füllen.
Er verschwindet jetzt auf vier Jahre vom Schauplatze der Literatur. Indeß setzten
die Freunde -- Mendelssohn und Nicolai -- die "Literaturbriefe" fort,
und zu ihnen gesellte sich, für die theologischen Artikel, der Kandidat ReseWitz.

- Im Stil ein schlimmer Rückschritt gegen Lessing, wurden diese späteren
Literaturbriefe in gewissem Sinne wichtiger für die deutsche Bildung als die
früheren, insofern sie den Arbeiten des Auslandes einen großen Raum wid¬
meten. Die französische und englische Prosa war in einem energischen Vor-


Grenzbotm III. 1879. 4

aller Stille, als ob es sich von selbst verstünde; er wurde bei Seite gesetzt, wie
man eine abgenutzte Maschine in die Rumpelkammer wirft.

Mit welchem kläglichen Widerwillen das Direktorium und der Ausschuß
der Kompagnie später die allernothdürftigsten Verbindlichkeiten gegen List regelte,
dies darzulegen, erspare ich mir für einen zweiten Artikel. Hier kam es in
erster Linie darauf an, zu zeigen, daß List es war und kein anderer, dem man
die Entstehung der Leipzig-Dresdner Eisenbahn zu verdanken hat; noch mehr,
daß er durch die breite Grundlage, die er den Vorarbeiten zu geben wußte,
Vorarbeiten für die sämmtlichen Eisenbahnen Deutschland's lieferte; daß er,
indem auf sein Betreiben zuerst eine höchst rentable Linie ausgebaut wurde, den
Unternehmungsgeist ganz Deutschland's anspornte, dadurch den möglichst raschen
Ausbau der Hauptverkehrslinien trotz der Abneigung vieler Regierungen
gegen die Eisenbahnen sicherte und ans diese Weise dem Verkehr nicht nur,
sondern der gestimmten Volkswirthschaft und dem Vaterlande einen unerme߬
lichen Dienst erwies.


H. Niedermüller.


Ile
deutsche Literatur zur Zeit des siebenjährigen Krieges.
V Julian Schmidt. on IV.

Im November 1760 entfernte sich Lessing, jetzt 31 jährig, des kritischen
Geschäfts wieder einmal müde, plötzlich aus Berlin, ohne Abschied von seinen
Freunden zu nehmen, und trat in Breslau als Sekretär in die Dienste des
Generals Tauenzien; es sei einmal Zeit, meinte er, mehr unter Menschen als
unter Büchern zu leben und neben dem Kopfe auch den Beutel zu füllen.
Er verschwindet jetzt auf vier Jahre vom Schauplatze der Literatur. Indeß setzten
die Freunde — Mendelssohn und Nicolai — die „Literaturbriefe" fort,
und zu ihnen gesellte sich, für die theologischen Artikel, der Kandidat ReseWitz.

- Im Stil ein schlimmer Rückschritt gegen Lessing, wurden diese späteren
Literaturbriefe in gewissem Sinne wichtiger für die deutsche Bildung als die
früheren, insofern sie den Arbeiten des Auslandes einen großen Raum wid¬
meten. Die französische und englische Prosa war in einem energischen Vor-


Grenzbotm III. 1879. 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0031" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/142528"/>
          <p xml:id="ID_82" prev="#ID_81"> aller Stille, als ob es sich von selbst verstünde; er wurde bei Seite gesetzt, wie<lb/>
man eine abgenutzte Maschine in die Rumpelkammer wirft.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_83"> Mit welchem kläglichen Widerwillen das Direktorium und der Ausschuß<lb/>
der Kompagnie später die allernothdürftigsten Verbindlichkeiten gegen List regelte,<lb/>
dies darzulegen, erspare ich mir für einen zweiten Artikel. Hier kam es in<lb/>
erster Linie darauf an, zu zeigen, daß List es war und kein anderer, dem man<lb/>
die Entstehung der Leipzig-Dresdner Eisenbahn zu verdanken hat; noch mehr,<lb/>
daß er durch die breite Grundlage, die er den Vorarbeiten zu geben wußte,<lb/>
Vorarbeiten für die sämmtlichen Eisenbahnen Deutschland's lieferte; daß er,<lb/>
indem auf sein Betreiben zuerst eine höchst rentable Linie ausgebaut wurde, den<lb/>
Unternehmungsgeist ganz Deutschland's anspornte, dadurch den möglichst raschen<lb/>
Ausbau der Hauptverkehrslinien trotz der Abneigung vieler Regierungen<lb/>
gegen die Eisenbahnen sicherte und ans diese Weise dem Verkehr nicht nur,<lb/>
sondern der gestimmten Volkswirthschaft und dem Vaterlande einen unerme߬<lb/>
lichen Dienst erwies.</p><lb/>
          <note type="byline"> H. Niedermüller.</note><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Ile<lb/>
deutsche Literatur zur Zeit des siebenjährigen Krieges.<lb/>
V<note type="byline"> Julian Schmidt.</note> on IV.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_84"> Im November 1760 entfernte sich Lessing, jetzt 31 jährig, des kritischen<lb/>
Geschäfts wieder einmal müde, plötzlich aus Berlin, ohne Abschied von seinen<lb/>
Freunden zu nehmen, und trat in Breslau als Sekretär in die Dienste des<lb/>
Generals Tauenzien; es sei einmal Zeit, meinte er, mehr unter Menschen als<lb/>
unter Büchern zu leben und neben dem Kopfe auch den Beutel zu füllen.<lb/>
Er verschwindet jetzt auf vier Jahre vom Schauplatze der Literatur. Indeß setzten<lb/>
die Freunde &#x2014; Mendelssohn und Nicolai &#x2014; die &#x201E;Literaturbriefe" fort,<lb/>
und zu ihnen gesellte sich, für die theologischen Artikel, der Kandidat ReseWitz.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_85" next="#ID_86"> -  Im Stil ein schlimmer Rückschritt gegen Lessing, wurden diese späteren<lb/>
Literaturbriefe in gewissem Sinne wichtiger für die deutsche Bildung als die<lb/>
früheren, insofern sie den Arbeiten des Auslandes einen großen Raum wid¬<lb/>
meten. Die französische und englische Prosa war in einem energischen Vor-</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzbotm III. 1879. 4</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0031] aller Stille, als ob es sich von selbst verstünde; er wurde bei Seite gesetzt, wie man eine abgenutzte Maschine in die Rumpelkammer wirft. Mit welchem kläglichen Widerwillen das Direktorium und der Ausschuß der Kompagnie später die allernothdürftigsten Verbindlichkeiten gegen List regelte, dies darzulegen, erspare ich mir für einen zweiten Artikel. Hier kam es in erster Linie darauf an, zu zeigen, daß List es war und kein anderer, dem man die Entstehung der Leipzig-Dresdner Eisenbahn zu verdanken hat; noch mehr, daß er durch die breite Grundlage, die er den Vorarbeiten zu geben wußte, Vorarbeiten für die sämmtlichen Eisenbahnen Deutschland's lieferte; daß er, indem auf sein Betreiben zuerst eine höchst rentable Linie ausgebaut wurde, den Unternehmungsgeist ganz Deutschland's anspornte, dadurch den möglichst raschen Ausbau der Hauptverkehrslinien trotz der Abneigung vieler Regierungen gegen die Eisenbahnen sicherte und ans diese Weise dem Verkehr nicht nur, sondern der gestimmten Volkswirthschaft und dem Vaterlande einen unerme߬ lichen Dienst erwies. H. Niedermüller. Ile deutsche Literatur zur Zeit des siebenjährigen Krieges. V Julian Schmidt. on IV. Im November 1760 entfernte sich Lessing, jetzt 31 jährig, des kritischen Geschäfts wieder einmal müde, plötzlich aus Berlin, ohne Abschied von seinen Freunden zu nehmen, und trat in Breslau als Sekretär in die Dienste des Generals Tauenzien; es sei einmal Zeit, meinte er, mehr unter Menschen als unter Büchern zu leben und neben dem Kopfe auch den Beutel zu füllen. Er verschwindet jetzt auf vier Jahre vom Schauplatze der Literatur. Indeß setzten die Freunde — Mendelssohn und Nicolai — die „Literaturbriefe" fort, und zu ihnen gesellte sich, für die theologischen Artikel, der Kandidat ReseWitz. - Im Stil ein schlimmer Rückschritt gegen Lessing, wurden diese späteren Literaturbriefe in gewissem Sinne wichtiger für die deutsche Bildung als die früheren, insofern sie den Arbeiten des Auslandes einen großen Raum wid¬ meten. Die französische und englische Prosa war in einem energischen Vor- Grenzbotm III. 1879. 4

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/31
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/31>, abgerufen am 09.11.2024.