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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

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ehemals das Haus Godeffroy, welche außer in Tahiti auch in Apia ein
selbständiges Hauptgeschäft besitzt und von hier aus die Tonga-, Tokerau- oder
Uniongruppe, Elliee-, Kingsmill- (Gilberts-), Marshall-, Carolinen- und Palaos-
Archipele und außerdem verschiedene einzelne zu keiner Gruppe gehörigen Inseln
bearbeitet; demnächst sollen die Handelsunternehmungen auch auf Neu-Britannien
und die Jork-Jnseln ausgedehnt werden.

"Die Bearbeitung geschieht in der Weise, daß das Haus einen oder mehrere
Agenten auf der betreffenden Insel mit Zustimmung der Häuptlinge domizilirt
und entsprechend einrichtet, d. h. Haus oder Hütte und Waaren- resp. Produkten¬
lager erbaut, sowie Boote und die Tauschwaaren liefert. Jährlich ein oder
zwei Mal spricht eins der Godeffroy'schen Schiffe bei der Station vor, nimmt
die Produkte ein und gibt neue Tauschwaaren ab. Die Agenten sind entweder fest¬
angestellt, oder es werden ihnen (wie z. B. vielfach auf den Tonga) die Produkten
zu einem vereinbarten Preise abgenommen, wobei es ihnen überlassen bleibt,
selbst die Produkte so billig als möglich zu erwerben. Die Stationen werden
auf Kosten der Agenten, aber mit Godeffroy'schen Gelde, ganz nach dem Wunsche
der ersteren eingerichtet, und sie zahlen den Vorschuß allmählich ab. Die Ein¬
richtung ist mitunter kostspielig, da eine Anzahl Karren und Pferde resp. Boote
und kleine Fahrzeuge und Prähme für einen guten Betrieb der Station unent¬
behrlich sind."

Der Hauptgegenstand dieses ausgedehnten Handels bildet die Kokosnuß,
die in der Regel als Kopra (auch Kobra geschrieben) in den Handel kommt.
Kopra ist der kleingeschnittene und getrocknete Kern der Kokosnuß. Wird das
Trocknen sorgfältig ausgeführt und während dieses Vorganges der Kern sorg¬
sam vor Nässe geschützt, so ist sie weit mehr werth als im entgegengesetzten
Falle. Der Schutz vor dem häufigen Regen verursacht aber viel Arbeit. Der
Handelswerth einer Tonne Kopra beträgt in London oder Hamburg 21 bis
23 Pf. Se. oder 420 bis 460 Mk., während dieselbe Quantität auf den Inseln
selbst für 14 Pf. Se. oder 280 Mk. eingekauft wird oder, wenn durch eignen
Anbau gewonnen, diesem Werthe entspricht. Daß die Kultur der Kokospalme
überhaupt, die nicht viel Arbeit beansprucht, reichen Ertrag abwirft, lehrt
folgende Betrachtung: Die Bäume werden etwa 25 bis 26 Fuß von einander
angepflanzt und füllen ihrer 80 einen Acre an. Im 5. bis 7. Jahre
wird der Baum tragfühig und behauptet mehrere Jahrzehnte hindurch eine
ziemlich gleiche Ertragsfähigkeit. Zugleich aber mit den Schößlingen der Kokos¬
palme und zwar zwischen sie hinein Pflanzt man Baumwollenstauden, die während
der unfruchtbaren Jahre der Palme den Boden rentabel machen. Ein Baum
trägt nun etwa 100 Nüsse, 6000 Nüsse oder 60 Bäume ergeben eine Tonne Kopra,
deren Werth eben bezeichnet worden ist. Die deutschen Plantagen enthielten


ehemals das Haus Godeffroy, welche außer in Tahiti auch in Apia ein
selbständiges Hauptgeschäft besitzt und von hier aus die Tonga-, Tokerau- oder
Uniongruppe, Elliee-, Kingsmill- (Gilberts-), Marshall-, Carolinen- und Palaos-
Archipele und außerdem verschiedene einzelne zu keiner Gruppe gehörigen Inseln
bearbeitet; demnächst sollen die Handelsunternehmungen auch auf Neu-Britannien
und die Jork-Jnseln ausgedehnt werden.

„Die Bearbeitung geschieht in der Weise, daß das Haus einen oder mehrere
Agenten auf der betreffenden Insel mit Zustimmung der Häuptlinge domizilirt
und entsprechend einrichtet, d. h. Haus oder Hütte und Waaren- resp. Produkten¬
lager erbaut, sowie Boote und die Tauschwaaren liefert. Jährlich ein oder
zwei Mal spricht eins der Godeffroy'schen Schiffe bei der Station vor, nimmt
die Produkte ein und gibt neue Tauschwaaren ab. Die Agenten sind entweder fest¬
angestellt, oder es werden ihnen (wie z. B. vielfach auf den Tonga) die Produkten
zu einem vereinbarten Preise abgenommen, wobei es ihnen überlassen bleibt,
selbst die Produkte so billig als möglich zu erwerben. Die Stationen werden
auf Kosten der Agenten, aber mit Godeffroy'schen Gelde, ganz nach dem Wunsche
der ersteren eingerichtet, und sie zahlen den Vorschuß allmählich ab. Die Ein¬
richtung ist mitunter kostspielig, da eine Anzahl Karren und Pferde resp. Boote
und kleine Fahrzeuge und Prähme für einen guten Betrieb der Station unent¬
behrlich sind."

Der Hauptgegenstand dieses ausgedehnten Handels bildet die Kokosnuß,
die in der Regel als Kopra (auch Kobra geschrieben) in den Handel kommt.
Kopra ist der kleingeschnittene und getrocknete Kern der Kokosnuß. Wird das
Trocknen sorgfältig ausgeführt und während dieses Vorganges der Kern sorg¬
sam vor Nässe geschützt, so ist sie weit mehr werth als im entgegengesetzten
Falle. Der Schutz vor dem häufigen Regen verursacht aber viel Arbeit. Der
Handelswerth einer Tonne Kopra beträgt in London oder Hamburg 21 bis
23 Pf. Se. oder 420 bis 460 Mk., während dieselbe Quantität auf den Inseln
selbst für 14 Pf. Se. oder 280 Mk. eingekauft wird oder, wenn durch eignen
Anbau gewonnen, diesem Werthe entspricht. Daß die Kultur der Kokospalme
überhaupt, die nicht viel Arbeit beansprucht, reichen Ertrag abwirft, lehrt
folgende Betrachtung: Die Bäume werden etwa 25 bis 26 Fuß von einander
angepflanzt und füllen ihrer 80 einen Acre an. Im 5. bis 7. Jahre
wird der Baum tragfühig und behauptet mehrere Jahrzehnte hindurch eine
ziemlich gleiche Ertragsfähigkeit. Zugleich aber mit den Schößlingen der Kokos¬
palme und zwar zwischen sie hinein Pflanzt man Baumwollenstauden, die während
der unfruchtbaren Jahre der Palme den Boden rentabel machen. Ein Baum
trägt nun etwa 100 Nüsse, 6000 Nüsse oder 60 Bäume ergeben eine Tonne Kopra,
deren Werth eben bezeichnet worden ist. Die deutschen Plantagen enthielten


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/293>, abgerufen am 01.09.2024.