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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

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vielleicht weil sie glaubte, dadurch Schutz von Seiten der amerikanischen Regie¬
rung für ihre Sache zu erlangen. So bereit aber der genannte General
auch war, dem Rufe der Partei zu folgen, so wenig hat er bis jetzt seiue Würde
antreten können. Der letzte uns zugängliche Bericht über diese Vorgänge datirt
vom 1. März. Demnach wurde General Bartlett durch ein an alle Konsuln
gesandtes Zirkular als "Generalrathgeber und Inspekteur des Zivilrechts, der
Handelsverhältnisse :c." den fremden Repräsentanten vorgestellt. Alle erklärten
sich damit einverstanden; nur der deutsche Konsul protestirte gegen die Aner¬
kennung eines solchen Titels, worauf sofort ein neues Rundschreiben erschien:
"daß die Regierung die Sache noch einmal in Ueberlegung ziehen werde".
Unterstützt wurde der energische Protest unseres verdienstvollen Konsuls durch
die Gegenwart des deutschen Kanonenbootes "Albatroß" und die erwartete An¬
kunft der "Ariadne" wie des "Bismarck". Mit Genugthuung darf konstatirt
werden, daß die deutsche Stimme dies Mal, wie schon bei früheren Anlässen,
den Ausschlag gegeben hat.

Unter den fremden Ansiedlern auf den Samoa-Jnseln nehme" die Deutschen
unstreitig den ersten Rang ein, Engländer und Amerikaner treten ihnen gegen¬
über zurück. Dennoch waren es die Amerikaner, welche zuerst mit der Regie¬
rung der Inseln in eine Art offizieller Beziehung traten. Der schon früher
erwähnte Lieutenant Wille hatte im Jahre 1839 den Herrn John Williams,
den Sohn des samoanischen Apostels, zum amerikanischen Konsul ernannt und
mit den Samocmern gewisse Bestimmungen zum Schutze der amerikanischen
Wallfischfänger vereinbart. Die Gründung eines deutschen und eines englischen
Konsulats erfolgte viel später; das Hamburger Handelshaus Godeffroy arbeitet
seit wenig mehr als 20 Jahren auf diesem Gebiete; England hat in den letzten
Jahren nur eiuen Vizekousul am Platze gehabt und die Hauptentscheidung über
wichtige Angelegenheiten in die Hände des Gouverneurs Gordon gelegt. Während
die Engländerden samoanischen Bewerbungen gegenüber sich auffallend kühl zeigten,
warfen die Amerikaner bald ein Auge auf die schönen Inseln, besonders seitdem
durch die Einrichtung einer Dampfschisffahrtslinie zwischen San Fancisco und Neu¬
seeland, bez. Australien, welche der Windverhältnisse wegen dicht an Tutuila vor¬
beiführte, und deren Dampfer den schönen Hafen von Pago Pago einige Male
anliefen, die kaufmännische Spekulation in San Francisco ebenso wie in Auck-
land angeregt wurde. Im Auftrage des Leiters jener Dampfschifffahrts-Verbin-
dung berichtete ein Amerikaner über die Verhältnisse der Inseln, ebendahin kam
ein neuseeländischer Zollbeamter in gleicher Absicht, nachdem schon vorher das
IlöMÄÄtivs vounoil von Neuseeland die Königin um Annexion des Samoa-
Archipels gebeten hatte. Unterdeß war es den rührigen Yankees schon gelungen,
durch Abschließung eines Vertrags mit den Häuptlingen von Tutuila die Ab-


vielleicht weil sie glaubte, dadurch Schutz von Seiten der amerikanischen Regie¬
rung für ihre Sache zu erlangen. So bereit aber der genannte General
auch war, dem Rufe der Partei zu folgen, so wenig hat er bis jetzt seiue Würde
antreten können. Der letzte uns zugängliche Bericht über diese Vorgänge datirt
vom 1. März. Demnach wurde General Bartlett durch ein an alle Konsuln
gesandtes Zirkular als „Generalrathgeber und Inspekteur des Zivilrechts, der
Handelsverhältnisse :c." den fremden Repräsentanten vorgestellt. Alle erklärten
sich damit einverstanden; nur der deutsche Konsul protestirte gegen die Aner¬
kennung eines solchen Titels, worauf sofort ein neues Rundschreiben erschien:
„daß die Regierung die Sache noch einmal in Ueberlegung ziehen werde".
Unterstützt wurde der energische Protest unseres verdienstvollen Konsuls durch
die Gegenwart des deutschen Kanonenbootes „Albatroß" und die erwartete An¬
kunft der „Ariadne" wie des „Bismarck". Mit Genugthuung darf konstatirt
werden, daß die deutsche Stimme dies Mal, wie schon bei früheren Anlässen,
den Ausschlag gegeben hat.

Unter den fremden Ansiedlern auf den Samoa-Jnseln nehme» die Deutschen
unstreitig den ersten Rang ein, Engländer und Amerikaner treten ihnen gegen¬
über zurück. Dennoch waren es die Amerikaner, welche zuerst mit der Regie¬
rung der Inseln in eine Art offizieller Beziehung traten. Der schon früher
erwähnte Lieutenant Wille hatte im Jahre 1839 den Herrn John Williams,
den Sohn des samoanischen Apostels, zum amerikanischen Konsul ernannt und
mit den Samocmern gewisse Bestimmungen zum Schutze der amerikanischen
Wallfischfänger vereinbart. Die Gründung eines deutschen und eines englischen
Konsulats erfolgte viel später; das Hamburger Handelshaus Godeffroy arbeitet
seit wenig mehr als 20 Jahren auf diesem Gebiete; England hat in den letzten
Jahren nur eiuen Vizekousul am Platze gehabt und die Hauptentscheidung über
wichtige Angelegenheiten in die Hände des Gouverneurs Gordon gelegt. Während
die Engländerden samoanischen Bewerbungen gegenüber sich auffallend kühl zeigten,
warfen die Amerikaner bald ein Auge auf die schönen Inseln, besonders seitdem
durch die Einrichtung einer Dampfschisffahrtslinie zwischen San Fancisco und Neu¬
seeland, bez. Australien, welche der Windverhältnisse wegen dicht an Tutuila vor¬
beiführte, und deren Dampfer den schönen Hafen von Pago Pago einige Male
anliefen, die kaufmännische Spekulation in San Francisco ebenso wie in Auck-
land angeregt wurde. Im Auftrage des Leiters jener Dampfschifffahrts-Verbin-
dung berichtete ein Amerikaner über die Verhältnisse der Inseln, ebendahin kam
ein neuseeländischer Zollbeamter in gleicher Absicht, nachdem schon vorher das
IlöMÄÄtivs vounoil von Neuseeland die Königin um Annexion des Samoa-
Archipels gebeten hatte. Unterdeß war es den rührigen Yankees schon gelungen,
durch Abschließung eines Vertrags mit den Häuptlingen von Tutuila die Ab-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/291>, abgerufen am 01.09.2024.