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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

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ein Gott werden könnte, zur Antwort: Wenn er etwas thut, was einem
Menschen zu thun unmöglich ist. Der achte gab auf die Frage, ob das Leben
mächtiger sei oder der Tod, zur Antwort: Das Leben, weil es soviel Unglück
erträgt. Der neunte wurde gefragt: Wie lange ist es für einen Menschen
gut, am Leben zu bleiben? und er gab zur Antwort: So lange, als er nicht
glaubt, daß der Tod besser als das Leben ist. Alexander wandte sich hierauf
an den zehnten, den er zum Richter bestimmt hatte, und befahl ihm, seinen
Urtheilsspruch zu thun. Als dieser nun sagte, daß einer immer schlechter
als der andre geantwortet hätte, ließ sich der König also vernehmen: Du
sollst zuerst sterben, da du ein solches Urtheil fällst. Das darfst du uicht,
o König, versetzte dieser, denn wenn es nach deinen Worten gehen soll, muß
der zuerst sterben, welcher die schlechteste Antwort gegeben hat. Darauf ließ
Alexander sie alle los.

Ob der Talmud oder Plutarch die Fragen am ursprünglichsten wiedergibt,
wird sich schwerlich entscheiden lassen. Soviel ist sicher, daß die Fragen in
der jüdischen Quelle einen spezifisch rabbinischen Stempel tragen. Daß bei
Plutarch die "Alten des Südens" Gymnosophisten Indien's heißen, ist ohne
Belang. Zwischen beiden Benennungen besteht kein Widerspruch, da Indien
für das Land des Südens galt. Nur Rapoport und Andere denken nach
Daniel (11, 5), wo Aegypten als das Land des Südens bezeichnet wird, an
aegyptische Weise.

Mit der eben angeführten Sage stehen drei weitere in inniger Verbindung.
Als die Weisen die von Alexander an sie gestellten Fragen beantwortet hatten
und von ihm reichlich beschenkt worden waren, sprach er zu ihnen: Ich wünsche
nach der Stadt Afrika zu gehen. Sie entgegneten ihm: Das kannst du nicht,
denn der Weg dorthin führt durch dunkle Berge. Er aber erwiederte: Mein
Vorhaben, dorthin zu ziehen, steht fest, rathet mir also, wie ich es zur Aus¬
führung bringen kann. Wohlan denn, sprachen sie, verschaffe dir libysche
Eselinnen, die im Finstern gehen können, und spanne Seile auf dem Wege aus,
damit du bei deiner Rückkehr, durch sie geleitet, wieder an den Ort deines
Ausganges gelangest. Alexander befolgte diesen Rath, und unterwegs kam er
in das Land eines Königs Namens Kazia. Hier brachte man ihm reiche Gold¬
geschenke entgegen, Alexander wies sie aber zurück und sagte: Ich bin nicht
wegen des Goldes zu euch gekommen, ich will eure Sitten, Gesetze und Rechte
kennen lernen. Während sie noch so miteinander sprachen, erschienen zwei
Männer, von denen der eine dem andern ein Feld mit allem, was darauf war,
verkauft hatte. Der Käufer hatte in dem Felde einen Schatz gefunden und
wollte ihn nicht behalten, denn er sagte: Ich habe nur das Feld mit allem,
was darauf ist, gekauft, nicht aber mit dem darin verborgenen Schatze. Der


ein Gott werden könnte, zur Antwort: Wenn er etwas thut, was einem
Menschen zu thun unmöglich ist. Der achte gab auf die Frage, ob das Leben
mächtiger sei oder der Tod, zur Antwort: Das Leben, weil es soviel Unglück
erträgt. Der neunte wurde gefragt: Wie lange ist es für einen Menschen
gut, am Leben zu bleiben? und er gab zur Antwort: So lange, als er nicht
glaubt, daß der Tod besser als das Leben ist. Alexander wandte sich hierauf
an den zehnten, den er zum Richter bestimmt hatte, und befahl ihm, seinen
Urtheilsspruch zu thun. Als dieser nun sagte, daß einer immer schlechter
als der andre geantwortet hätte, ließ sich der König also vernehmen: Du
sollst zuerst sterben, da du ein solches Urtheil fällst. Das darfst du uicht,
o König, versetzte dieser, denn wenn es nach deinen Worten gehen soll, muß
der zuerst sterben, welcher die schlechteste Antwort gegeben hat. Darauf ließ
Alexander sie alle los.

Ob der Talmud oder Plutarch die Fragen am ursprünglichsten wiedergibt,
wird sich schwerlich entscheiden lassen. Soviel ist sicher, daß die Fragen in
der jüdischen Quelle einen spezifisch rabbinischen Stempel tragen. Daß bei
Plutarch die „Alten des Südens" Gymnosophisten Indien's heißen, ist ohne
Belang. Zwischen beiden Benennungen besteht kein Widerspruch, da Indien
für das Land des Südens galt. Nur Rapoport und Andere denken nach
Daniel (11, 5), wo Aegypten als das Land des Südens bezeichnet wird, an
aegyptische Weise.

Mit der eben angeführten Sage stehen drei weitere in inniger Verbindung.
Als die Weisen die von Alexander an sie gestellten Fragen beantwortet hatten
und von ihm reichlich beschenkt worden waren, sprach er zu ihnen: Ich wünsche
nach der Stadt Afrika zu gehen. Sie entgegneten ihm: Das kannst du nicht,
denn der Weg dorthin führt durch dunkle Berge. Er aber erwiederte: Mein
Vorhaben, dorthin zu ziehen, steht fest, rathet mir also, wie ich es zur Aus¬
führung bringen kann. Wohlan denn, sprachen sie, verschaffe dir libysche
Eselinnen, die im Finstern gehen können, und spanne Seile auf dem Wege aus,
damit du bei deiner Rückkehr, durch sie geleitet, wieder an den Ort deines
Ausganges gelangest. Alexander befolgte diesen Rath, und unterwegs kam er
in das Land eines Königs Namens Kazia. Hier brachte man ihm reiche Gold¬
geschenke entgegen, Alexander wies sie aber zurück und sagte: Ich bin nicht
wegen des Goldes zu euch gekommen, ich will eure Sitten, Gesetze und Rechte
kennen lernen. Während sie noch so miteinander sprachen, erschienen zwei
Männer, von denen der eine dem andern ein Feld mit allem, was darauf war,
verkauft hatte. Der Käufer hatte in dem Felde einen Schatz gefunden und
wollte ihn nicht behalten, denn er sagte: Ich habe nur das Feld mit allem,
was darauf ist, gekauft, nicht aber mit dem darin verborgenen Schatze. Der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/280>, abgerufen am 24.11.2024.