Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite

Maßstabe überblickt, dem erscheint die Stelle zwischen dem 25" S.Br. und
12° N.Br. wie mit größeren und kleineren Inseln besät; in die Tausende
geht die Zahl dieser allerdings mitunter verschwindend kleinen Eilande. Eine
kartographische Darstellung der Südsee dagegen etwa aus dem Jahre 1775 würde
an derselben Stelle fast nichts als Wasser zeigen. In den 250 Jahren seit der
ersten Durchsegelung dieses ungeheuren Meeres durch Magelhaen bis auf die
großen Leistungen von James Cook hat man keine nennenswerthen Entdeckungen
hier gemacht, und den Eingebornen dieser glücklichen Inseln sollte es vergönnt
sein, von dem für sie doch meist verderblichen Verkehre mit den Kulturvölkern
am längsten unberührt zu bleiben. Die Inseln, welche man gegenwärtig unter
dem Namen "Samoa" begreift, waren zwar schon im Jahre 1722 von dem
Holländer Rvggeveen gesehen worden, aber erst seit der Weltumsegelung des
Franzosen Bougainville, der sie zwar ebenfalls nur von seinen Schissen aus
betrachtete, also seit dem Jahre 1769, wußte man etwas näheres über die
"Navigator"-Inseln -- diesen Namen hatte ihnen jener Erdumsegler wegen
der außerordentlichen Gewandtheit der Eingebornen in der Leitung ihrer Kähne
gegeben. Das erste Betreten der Inseln aber sollte nicht gefahrlos ablaufen. Der
Begleiter des Weltumseglers La Perouse, Kapitän de Langle, hatte sich, ermu-
thigt durch den guten Eindruck, den die Insulaner bei einem flüchtigen Besuch
aus ihn gemacht hatten, trotz der Abmahnungen seines Geführten nicht abhalten
lassen, auf zwei Booten mit 63 Schiffsleuten zu landen. Seine Absicht war,
frisches Süßwasser aus den am Ufer hervorbrechenden Quellen zu holen, um
die Schiffe damit zu versorgen und bei dieser Gelegenheit nähere Beobachtungen
anzustellen. Eben waren seine Boote an das Land gestoßen, als einer der
zahlreichen am Ufer stehenden Eingebornen sich etwas von den im Kahn be¬
findlichen Gegenständen aneignen wollte. Langle griff sofort nach dem Gewehr
und gab Feuer. Die Eingebornen, durch dieses ihnen ganz neue Ereigniß
aufgeschreckt und aufgeregt, antworteten mit einem Hagel von Steinwürfen.
Langle, felbst schwer getroffen, konnte sich nicht mehr aufrecht halten und stürzte
in's Wasser, dasselbe widerfuhr 13 seiner Gefährten, während die übrigen,
obwohl auch nicht ohne Wunden, sich durch Schwimmen bis zu ihren Schiffen
retteten und den um das Leben seines Freundes ohnehin besorgten La Perouse
von dem traurigen Geschick der anderen benachrichtigten. La Perouse sah in
dem schrecklichen Ereigniß die Bestätigung der bangen Ahnung, die ihn ergriffen
hatte, als ihm Langle seinen Plan, die Inseln zu besuchen, mittheilte. Jene
Bucht, an der Langle hatte landen wollen, erhielt den Rainer dal co mas-
Wcrs, und die Jnselbewohner kamen wegen dieser That so in Verruf, daß sie
etwa 50 Jahre lang von wissenschaftlichen Reisenden augenscheinlich gemieden
wurden. Erst Dumont d'Urville auf feiner Reise an, ^Sif sunt et äa-us


Maßstabe überblickt, dem erscheint die Stelle zwischen dem 25» S.Br. und
12° N.Br. wie mit größeren und kleineren Inseln besät; in die Tausende
geht die Zahl dieser allerdings mitunter verschwindend kleinen Eilande. Eine
kartographische Darstellung der Südsee dagegen etwa aus dem Jahre 1775 würde
an derselben Stelle fast nichts als Wasser zeigen. In den 250 Jahren seit der
ersten Durchsegelung dieses ungeheuren Meeres durch Magelhaen bis auf die
großen Leistungen von James Cook hat man keine nennenswerthen Entdeckungen
hier gemacht, und den Eingebornen dieser glücklichen Inseln sollte es vergönnt
sein, von dem für sie doch meist verderblichen Verkehre mit den Kulturvölkern
am längsten unberührt zu bleiben. Die Inseln, welche man gegenwärtig unter
dem Namen „Samoa" begreift, waren zwar schon im Jahre 1722 von dem
Holländer Rvggeveen gesehen worden, aber erst seit der Weltumsegelung des
Franzosen Bougainville, der sie zwar ebenfalls nur von seinen Schissen aus
betrachtete, also seit dem Jahre 1769, wußte man etwas näheres über die
„Navigator"-Inseln — diesen Namen hatte ihnen jener Erdumsegler wegen
der außerordentlichen Gewandtheit der Eingebornen in der Leitung ihrer Kähne
gegeben. Das erste Betreten der Inseln aber sollte nicht gefahrlos ablaufen. Der
Begleiter des Weltumseglers La Perouse, Kapitän de Langle, hatte sich, ermu-
thigt durch den guten Eindruck, den die Insulaner bei einem flüchtigen Besuch
aus ihn gemacht hatten, trotz der Abmahnungen seines Geführten nicht abhalten
lassen, auf zwei Booten mit 63 Schiffsleuten zu landen. Seine Absicht war,
frisches Süßwasser aus den am Ufer hervorbrechenden Quellen zu holen, um
die Schiffe damit zu versorgen und bei dieser Gelegenheit nähere Beobachtungen
anzustellen. Eben waren seine Boote an das Land gestoßen, als einer der
zahlreichen am Ufer stehenden Eingebornen sich etwas von den im Kahn be¬
findlichen Gegenständen aneignen wollte. Langle griff sofort nach dem Gewehr
und gab Feuer. Die Eingebornen, durch dieses ihnen ganz neue Ereigniß
aufgeschreckt und aufgeregt, antworteten mit einem Hagel von Steinwürfen.
Langle, felbst schwer getroffen, konnte sich nicht mehr aufrecht halten und stürzte
in's Wasser, dasselbe widerfuhr 13 seiner Gefährten, während die übrigen,
obwohl auch nicht ohne Wunden, sich durch Schwimmen bis zu ihren Schiffen
retteten und den um das Leben seines Freundes ohnehin besorgten La Perouse
von dem traurigen Geschick der anderen benachrichtigten. La Perouse sah in
dem schrecklichen Ereigniß die Bestätigung der bangen Ahnung, die ihn ergriffen
hatte, als ihm Langle seinen Plan, die Inseln zu besuchen, mittheilte. Jene
Bucht, an der Langle hatte landen wollen, erhielt den Rainer dal co mas-
Wcrs, und die Jnselbewohner kamen wegen dieser That so in Verruf, daß sie
etwa 50 Jahre lang von wissenschaftlichen Reisenden augenscheinlich gemieden
wurden. Erst Dumont d'Urville auf feiner Reise an, ^Sif sunt et äa-us


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0228" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/142725"/>
          <p xml:id="ID_661" prev="#ID_660" next="#ID_662"> Maßstabe überblickt, dem erscheint die Stelle zwischen dem 25» S.Br. und<lb/>
12° N.Br. wie mit größeren und kleineren Inseln besät; in die Tausende<lb/>
geht die Zahl dieser allerdings mitunter verschwindend kleinen Eilande. Eine<lb/>
kartographische Darstellung der Südsee dagegen etwa aus dem Jahre 1775 würde<lb/>
an derselben Stelle fast nichts als Wasser zeigen. In den 250 Jahren seit der<lb/>
ersten Durchsegelung dieses ungeheuren Meeres durch Magelhaen bis auf die<lb/>
großen Leistungen von James Cook hat man keine nennenswerthen Entdeckungen<lb/>
hier gemacht, und den Eingebornen dieser glücklichen Inseln sollte es vergönnt<lb/>
sein, von dem für sie doch meist verderblichen Verkehre mit den Kulturvölkern<lb/>
am längsten unberührt zu bleiben. Die Inseln, welche man gegenwärtig unter<lb/>
dem Namen &#x201E;Samoa" begreift, waren zwar schon im Jahre 1722 von dem<lb/>
Holländer Rvggeveen gesehen worden, aber erst seit der Weltumsegelung des<lb/>
Franzosen Bougainville, der sie zwar ebenfalls nur von seinen Schissen aus<lb/>
betrachtete, also seit dem Jahre 1769, wußte man etwas näheres über die<lb/>
&#x201E;Navigator"-Inseln &#x2014; diesen Namen hatte ihnen jener Erdumsegler wegen<lb/>
der außerordentlichen Gewandtheit der Eingebornen in der Leitung ihrer Kähne<lb/>
gegeben. Das erste Betreten der Inseln aber sollte nicht gefahrlos ablaufen. Der<lb/>
Begleiter des Weltumseglers La Perouse, Kapitän de Langle, hatte sich, ermu-<lb/>
thigt durch den guten Eindruck, den die Insulaner bei einem flüchtigen Besuch<lb/>
aus ihn gemacht hatten, trotz der Abmahnungen seines Geführten nicht abhalten<lb/>
lassen, auf zwei Booten mit 63 Schiffsleuten zu landen. Seine Absicht war,<lb/>
frisches Süßwasser aus den am Ufer hervorbrechenden Quellen zu holen, um<lb/>
die Schiffe damit zu versorgen und bei dieser Gelegenheit nähere Beobachtungen<lb/>
anzustellen. Eben waren seine Boote an das Land gestoßen, als einer der<lb/>
zahlreichen am Ufer stehenden Eingebornen sich etwas von den im Kahn be¬<lb/>
findlichen Gegenständen aneignen wollte. Langle griff sofort nach dem Gewehr<lb/>
und gab Feuer. Die Eingebornen, durch dieses ihnen ganz neue Ereigniß<lb/>
aufgeschreckt und aufgeregt, antworteten mit einem Hagel von Steinwürfen.<lb/>
Langle, felbst schwer getroffen, konnte sich nicht mehr aufrecht halten und stürzte<lb/>
in's Wasser, dasselbe widerfuhr 13 seiner Gefährten, während die übrigen,<lb/>
obwohl auch nicht ohne Wunden, sich durch Schwimmen bis zu ihren Schiffen<lb/>
retteten und den um das Leben seines Freundes ohnehin besorgten La Perouse<lb/>
von dem traurigen Geschick der anderen benachrichtigten. La Perouse sah in<lb/>
dem schrecklichen Ereigniß die Bestätigung der bangen Ahnung, die ihn ergriffen<lb/>
hatte, als ihm Langle seinen Plan, die Inseln zu besuchen, mittheilte. Jene<lb/>
Bucht, an der Langle hatte landen wollen, erhielt den Rainer dal co mas-<lb/>
Wcrs, und die Jnselbewohner kamen wegen dieser That so in Verruf, daß sie<lb/>
etwa 50 Jahre lang von wissenschaftlichen Reisenden augenscheinlich gemieden<lb/>
wurden.  Erst Dumont d'Urville auf feiner Reise an, ^Sif sunt et äa-us</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0228] Maßstabe überblickt, dem erscheint die Stelle zwischen dem 25» S.Br. und 12° N.Br. wie mit größeren und kleineren Inseln besät; in die Tausende geht die Zahl dieser allerdings mitunter verschwindend kleinen Eilande. Eine kartographische Darstellung der Südsee dagegen etwa aus dem Jahre 1775 würde an derselben Stelle fast nichts als Wasser zeigen. In den 250 Jahren seit der ersten Durchsegelung dieses ungeheuren Meeres durch Magelhaen bis auf die großen Leistungen von James Cook hat man keine nennenswerthen Entdeckungen hier gemacht, und den Eingebornen dieser glücklichen Inseln sollte es vergönnt sein, von dem für sie doch meist verderblichen Verkehre mit den Kulturvölkern am längsten unberührt zu bleiben. Die Inseln, welche man gegenwärtig unter dem Namen „Samoa" begreift, waren zwar schon im Jahre 1722 von dem Holländer Rvggeveen gesehen worden, aber erst seit der Weltumsegelung des Franzosen Bougainville, der sie zwar ebenfalls nur von seinen Schissen aus betrachtete, also seit dem Jahre 1769, wußte man etwas näheres über die „Navigator"-Inseln — diesen Namen hatte ihnen jener Erdumsegler wegen der außerordentlichen Gewandtheit der Eingebornen in der Leitung ihrer Kähne gegeben. Das erste Betreten der Inseln aber sollte nicht gefahrlos ablaufen. Der Begleiter des Weltumseglers La Perouse, Kapitän de Langle, hatte sich, ermu- thigt durch den guten Eindruck, den die Insulaner bei einem flüchtigen Besuch aus ihn gemacht hatten, trotz der Abmahnungen seines Geführten nicht abhalten lassen, auf zwei Booten mit 63 Schiffsleuten zu landen. Seine Absicht war, frisches Süßwasser aus den am Ufer hervorbrechenden Quellen zu holen, um die Schiffe damit zu versorgen und bei dieser Gelegenheit nähere Beobachtungen anzustellen. Eben waren seine Boote an das Land gestoßen, als einer der zahlreichen am Ufer stehenden Eingebornen sich etwas von den im Kahn be¬ findlichen Gegenständen aneignen wollte. Langle griff sofort nach dem Gewehr und gab Feuer. Die Eingebornen, durch dieses ihnen ganz neue Ereigniß aufgeschreckt und aufgeregt, antworteten mit einem Hagel von Steinwürfen. Langle, felbst schwer getroffen, konnte sich nicht mehr aufrecht halten und stürzte in's Wasser, dasselbe widerfuhr 13 seiner Gefährten, während die übrigen, obwohl auch nicht ohne Wunden, sich durch Schwimmen bis zu ihren Schiffen retteten und den um das Leben seines Freundes ohnehin besorgten La Perouse von dem traurigen Geschick der anderen benachrichtigten. La Perouse sah in dem schrecklichen Ereigniß die Bestätigung der bangen Ahnung, die ihn ergriffen hatte, als ihm Langle seinen Plan, die Inseln zu besuchen, mittheilte. Jene Bucht, an der Langle hatte landen wollen, erhielt den Rainer dal co mas- Wcrs, und die Jnselbewohner kamen wegen dieser That so in Verruf, daß sie etwa 50 Jahre lang von wissenschaftlichen Reisenden augenscheinlich gemieden wurden. Erst Dumont d'Urville auf feiner Reise an, ^Sif sunt et äa-us

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/228
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/228>, abgerufen am 01.09.2024.