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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

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Aber nicht lange währt die frohe Zeit; den einen ruft die Ernte, einen andern
sein Geschäft, einen dritten Schule und Kirche zurück, und so rüstet man sich wieder zum
Aufbruch, und eine Familie nach der andern zieht ab, wie sie gekommen -- nur der
Vorrathswagen ist bedeutend leichter geworden --, und bald ist es in dem Kerolyer
Thale wieder so still und einsam wie zuvor. Alle aber scheide" mit dem frohen Ge¬
fühle, einige Wochen frei von Sorge und Plage in heiterer, erquicklicher Geselligkeit ver¬
lebt zu haben, und mit dem Wunsche, über's Jahr wiederzukehren.




Literaten.
Erinnerungen aus dem Leben eines Natur- und Seelenforschers des
19. Jahrhunderts von Prof. öl'. Maximilian Perty. Leipzig und Heidelberg,
C. F. Winter'sche Verlagshandlung, 1879.

Alte Herren werden bisweilen etwas wunderlich und leisten dann, wenn sie Schrift¬
steller sind, meist wunderliche Bücher. So anch der Verfasser, der freilich als Anwalt
der Geisterklopfer und Spukgeister und des ganzen Hereinragens der jenseitigen Welt
in's Diesseits immer ein ziemlich wunderlicher Kauz war. Sein Buch hat beinahe
50l) Seite", davon dürfen sich aber nicht viel mehr als 200 als "Erinnerungen"
unseres alten Herrn bezeichnen. Fast ein Drittel des Ganzen ist den Weltverhältnissen
in 19. Jahrhundert gewidmet, wobei der Verfasser zunächst die Napoleonische Zeit,
dann die Restaurationsepoche, darauf die "neue Aera der Revolutionen", ferner die
zweite französische Republik und das zweite Kaiserreich, das politische Wiederaufleben
Deutschland's durch und unter Preußen und den orientalischen Krieg von seinem Stand¬
punkte aus einem Rückblick unterzieht, um uns dann ein langes dürres Verzeichnis;
von berühmten und verdienten Personen der letzten sieben Dezennien, Fürsten, Heer¬
führern, Staatsmännern, Gelehrten, Dichtern, Musikern, Publizisten u. s. w. und
schließlich eine Chronik der Naturereignisse unseres Jahrhunderts zu gebe". Jene
geschichtlichen Betrachtungen sind, namentlich soweit sie Preußen und Deutschland
betreffen, ein weiterer Beweis, daß wir es mit einem wunderlichen alten Herrn zu
thun habe", der mit der Beschränktheit eines kleinen schweizerischen Professors die
Scheelsucht und Verdrießlichkeit eines deutschen Partikularsten verbindet und keine
Spur von der Gehobenheit verräth, welche die Besseren seiner Art unwillkürlich erfüllt,
wenn sie Neudeutschland mit dem Deutschland von 1866 vergleichen. Was Herr Perty
uns dann von seinen eigentlichen Erlebnissen erzählt, ist nicht geeignet, uns über die
Werthlosigkeit des Vorhergehenden hinwegsehen zu lassen. Es mag für ihn selbst von
Interesse sein, für uns hat es nur insofern einige Bedeutung, als es hie und da ein
kurz dauerndes Streiflicht auf schweizerische Verhältnisse und Ereignisse der letzten vierzig
Jahre wirft, die aber auch meist durch die Parteibrille betrachtet werden, und als es
den einen und den andern kleinen Zug im Charakter und Leben bekannter Naturforscher
und Psychologen enthält. Die Mittheilungen über die Reisen dnrch die Schweiz,
Deutschland und Oberitalien, welche eingeflochten sind, lassen uns völlig gleichgiltig, da


Aber nicht lange währt die frohe Zeit; den einen ruft die Ernte, einen andern
sein Geschäft, einen dritten Schule und Kirche zurück, und so rüstet man sich wieder zum
Aufbruch, und eine Familie nach der andern zieht ab, wie sie gekommen — nur der
Vorrathswagen ist bedeutend leichter geworden —, und bald ist es in dem Kerolyer
Thale wieder so still und einsam wie zuvor. Alle aber scheide» mit dem frohen Ge¬
fühle, einige Wochen frei von Sorge und Plage in heiterer, erquicklicher Geselligkeit ver¬
lebt zu haben, und mit dem Wunsche, über's Jahr wiederzukehren.




Literaten.
Erinnerungen aus dem Leben eines Natur- und Seelenforschers des
19. Jahrhunderts von Prof. öl'. Maximilian Perty. Leipzig und Heidelberg,
C. F. Winter'sche Verlagshandlung, 1879.

Alte Herren werden bisweilen etwas wunderlich und leisten dann, wenn sie Schrift¬
steller sind, meist wunderliche Bücher. So anch der Verfasser, der freilich als Anwalt
der Geisterklopfer und Spukgeister und des ganzen Hereinragens der jenseitigen Welt
in's Diesseits immer ein ziemlich wunderlicher Kauz war. Sein Buch hat beinahe
50l) Seite», davon dürfen sich aber nicht viel mehr als 200 als „Erinnerungen"
unseres alten Herrn bezeichnen. Fast ein Drittel des Ganzen ist den Weltverhältnissen
in 19. Jahrhundert gewidmet, wobei der Verfasser zunächst die Napoleonische Zeit,
dann die Restaurationsepoche, darauf die „neue Aera der Revolutionen", ferner die
zweite französische Republik und das zweite Kaiserreich, das politische Wiederaufleben
Deutschland's durch und unter Preußen und den orientalischen Krieg von seinem Stand¬
punkte aus einem Rückblick unterzieht, um uns dann ein langes dürres Verzeichnis;
von berühmten und verdienten Personen der letzten sieben Dezennien, Fürsten, Heer¬
führern, Staatsmännern, Gelehrten, Dichtern, Musikern, Publizisten u. s. w. und
schließlich eine Chronik der Naturereignisse unseres Jahrhunderts zu gebe». Jene
geschichtlichen Betrachtungen sind, namentlich soweit sie Preußen und Deutschland
betreffen, ein weiterer Beweis, daß wir es mit einem wunderlichen alten Herrn zu
thun habe», der mit der Beschränktheit eines kleinen schweizerischen Professors die
Scheelsucht und Verdrießlichkeit eines deutschen Partikularsten verbindet und keine
Spur von der Gehobenheit verräth, welche die Besseren seiner Art unwillkürlich erfüllt,
wenn sie Neudeutschland mit dem Deutschland von 1866 vergleichen. Was Herr Perty
uns dann von seinen eigentlichen Erlebnissen erzählt, ist nicht geeignet, uns über die
Werthlosigkeit des Vorhergehenden hinwegsehen zu lassen. Es mag für ihn selbst von
Interesse sein, für uns hat es nur insofern einige Bedeutung, als es hie und da ein
kurz dauerndes Streiflicht auf schweizerische Verhältnisse und Ereignisse der letzten vierzig
Jahre wirft, die aber auch meist durch die Parteibrille betrachtet werden, und als es
den einen und den andern kleinen Zug im Charakter und Leben bekannter Naturforscher
und Psychologen enthält. Die Mittheilungen über die Reisen dnrch die Schweiz,
Deutschland und Oberitalien, welche eingeflochten sind, lassen uns völlig gleichgiltig, da


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/217>, abgerufen am 27.11.2024.