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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

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machten Angriffen Stand halten zu können, brauchte der siebenbürger Geld eigentlich
gar nicht einzustecken, denn er ist in der beneidenswerthen Lage, daß ihm hier nirgends
Gelegenheit geboten ist, welches auszugeben. Dafür muß er aber eine Menge Gegen¬
stande mit sich nehmen, die andere Reisende zu Hause zu lassen Pflegen, und zwar nicht nur
alles, was zur Nahrung und Bequemlichkeit gehört, fondern auch Küchengeräthe, Hand¬
werks-, Jagd-, Fischzeug und eine Menge anderes. In dem Hause eines zum Bade¬
besuche sich rüstenden findet daher schon längere Zeit vor dem Aufbruche eine erhöhte
Thätigkeit statt. Die vorsorgliche Hausfrau mästet eine Schnur Gänse und Hühner,
sammelt Eier, kauft ungewöhnliche Massen von Zucker, Kaffee und Gewürzen ein und
füllt ihre Schränke mit Butter, Schmalz und geräucherten Waaren; der Hausvater
reiht im Vorhause lange Säcke mit Mehl und Körnerfrüchten nebeneinander, probirt
den schon lange im Keller lagernden Wein und zieht ihn auf kleinere Fässer ab, füllt
sich ein Kästchen mit Tabak und einige Flaschen mit Branntwein, sucht das Handwerks¬
zeug zusammen und setzt es in arbeitsfähigen Zustand. Und wer besonders vorsichtig
ist, sucht auch die warmen Winterkleider, ja selbst den Pelz zum Schutze gegen die
nicht selteu kalten Sommerabende hervor.

Endlich kommt der Tag des Aufbruchs. Das von Geschlecht zu Geschlecht fort¬
erbende Verzeichnis; "aller Sachen, so man in Keroly brauchet und dahin mitnehmen
muß", wird hervorgeholt oder beim Nachbar geliehen, um noch einmal die aufgestapelten
Vorräthe zu mustern und nachzusehen, ob auch nichts fehlt. Denn wenn man, im
Bade angekommen, einen Gegenstand vermißte, so müßte man ihn ja entbehren oder
vom Nachbar entlehnen, was mindestens unbequem wäre. Dann wird mit großer
Sorgfalt Alles auf einen mächtigen Leiterwagen geladen, der wohlgebaut und fest genug
sein muß, um auf den ungeebneten Waldwegen alle Püffe und Stöße auszuhalten,
und zwei Paar kräftige Ochsen setzen ihn bedächtigen Schrittes in Bewegung. Dem
Lastwagen folgt der mit Pferden bespannte Familienwagen, in ihm der Vater voll
Stolzes ob des kunstvoll gepackten Gefährtes, das die mit Gänsen und Hühnern ge¬
füllten Gitter und Körbe krönen, die Mutter ängstlich dreinschauend, ob alles gut
untergebracht ist und von dem lebendigen Mundvorrath nichts zu Grunde geht, endlich
die Kinder, die die erste größere Reise und die Aussicht auf längere Freiheit in
endlosen Jubel versetzt. Unterwegs muß freilich öfter angehalten werden, sei es um
die mitgenommenen Thiere zu tränken oder um einen am Wagen angerichteten Schaden
auszubessern. Doch nach und nach, langsam aber sicher, nähert man sich dem ersehnten Ziele.

Kaum hat die Jugend der in Keroly schon versammelten Familien die ersten Stöße
und Seufzer des das Thal langsam herabgleitenden Gefährtes vernommen, so verkündet
sie das Nahen von neuen Badegästen, für alle ein erfreuliches Ereigniß, mit lautem
Rufen den Uebrigen, und alle Anwesenden, Groß und Klein, machen sich auf die Beine,
um die Ankömmlinge würdig zu begrüßen, mögen sie nun Stammgäste sein oder die
heilkräftigen Quellen von Keroly zum ersten Male aufsuchen. Ist die erste Begrüßung
vorüber, so fragt man theilnahmsvoll, ob nicht etwa ein Rad gebrochen oder sonst ein
Schade erlitten sei, und erbietet sich bereitwillig zur Hilfe. Da kein Gasthaus vor-


machten Angriffen Stand halten zu können, brauchte der siebenbürger Geld eigentlich
gar nicht einzustecken, denn er ist in der beneidenswerthen Lage, daß ihm hier nirgends
Gelegenheit geboten ist, welches auszugeben. Dafür muß er aber eine Menge Gegen¬
stande mit sich nehmen, die andere Reisende zu Hause zu lassen Pflegen, und zwar nicht nur
alles, was zur Nahrung und Bequemlichkeit gehört, fondern auch Küchengeräthe, Hand¬
werks-, Jagd-, Fischzeug und eine Menge anderes. In dem Hause eines zum Bade¬
besuche sich rüstenden findet daher schon längere Zeit vor dem Aufbruche eine erhöhte
Thätigkeit statt. Die vorsorgliche Hausfrau mästet eine Schnur Gänse und Hühner,
sammelt Eier, kauft ungewöhnliche Massen von Zucker, Kaffee und Gewürzen ein und
füllt ihre Schränke mit Butter, Schmalz und geräucherten Waaren; der Hausvater
reiht im Vorhause lange Säcke mit Mehl und Körnerfrüchten nebeneinander, probirt
den schon lange im Keller lagernden Wein und zieht ihn auf kleinere Fässer ab, füllt
sich ein Kästchen mit Tabak und einige Flaschen mit Branntwein, sucht das Handwerks¬
zeug zusammen und setzt es in arbeitsfähigen Zustand. Und wer besonders vorsichtig
ist, sucht auch die warmen Winterkleider, ja selbst den Pelz zum Schutze gegen die
nicht selteu kalten Sommerabende hervor.

Endlich kommt der Tag des Aufbruchs. Das von Geschlecht zu Geschlecht fort¬
erbende Verzeichnis; „aller Sachen, so man in Keroly brauchet und dahin mitnehmen
muß", wird hervorgeholt oder beim Nachbar geliehen, um noch einmal die aufgestapelten
Vorräthe zu mustern und nachzusehen, ob auch nichts fehlt. Denn wenn man, im
Bade angekommen, einen Gegenstand vermißte, so müßte man ihn ja entbehren oder
vom Nachbar entlehnen, was mindestens unbequem wäre. Dann wird mit großer
Sorgfalt Alles auf einen mächtigen Leiterwagen geladen, der wohlgebaut und fest genug
sein muß, um auf den ungeebneten Waldwegen alle Püffe und Stöße auszuhalten,
und zwei Paar kräftige Ochsen setzen ihn bedächtigen Schrittes in Bewegung. Dem
Lastwagen folgt der mit Pferden bespannte Familienwagen, in ihm der Vater voll
Stolzes ob des kunstvoll gepackten Gefährtes, das die mit Gänsen und Hühnern ge¬
füllten Gitter und Körbe krönen, die Mutter ängstlich dreinschauend, ob alles gut
untergebracht ist und von dem lebendigen Mundvorrath nichts zu Grunde geht, endlich
die Kinder, die die erste größere Reise und die Aussicht auf längere Freiheit in
endlosen Jubel versetzt. Unterwegs muß freilich öfter angehalten werden, sei es um
die mitgenommenen Thiere zu tränken oder um einen am Wagen angerichteten Schaden
auszubessern. Doch nach und nach, langsam aber sicher, nähert man sich dem ersehnten Ziele.

Kaum hat die Jugend der in Keroly schon versammelten Familien die ersten Stöße
und Seufzer des das Thal langsam herabgleitenden Gefährtes vernommen, so verkündet
sie das Nahen von neuen Badegästen, für alle ein erfreuliches Ereigniß, mit lautem
Rufen den Uebrigen, und alle Anwesenden, Groß und Klein, machen sich auf die Beine,
um die Ankömmlinge würdig zu begrüßen, mögen sie nun Stammgäste sein oder die
heilkräftigen Quellen von Keroly zum ersten Male aufsuchen. Ist die erste Begrüßung
vorüber, so fragt man theilnahmsvoll, ob nicht etwa ein Rad gebrochen oder sonst ein
Schade erlitten sei, und erbietet sich bereitwillig zur Hilfe. Da kein Gasthaus vor-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/213>, abgerufen am 27.11.2024.