Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.daselbst verweilt, oder daß ihn das Podagra verhindert habe, seinem Dienste daselbst verweilt, oder daß ihn das Podagra verhindert habe, seinem Dienste <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0195" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/142692"/> <p xml:id="ID_574" prev="#ID_573" next="#ID_575"> daselbst verweilt, oder daß ihn das Podagra verhindert habe, seinem Dienste<lb/> nachzugehen. Mit größerer oder geringerer Treue hat er dann, nach seiner<lb/> Rückkehr oder der Wiederaufnahme seiner Obliegenheiten, nachgetragen, was<lb/> inzwischen an interessanten Ereignissen sich begeben. Mehrmals sind es größere<lb/> Zeiträume, in denen wir vergebens nach Notizen bei ihm suchen. Möglich,<lb/> daß im Original diese Lücken nicht vorhanden sind, daß sie nur durch Be¬<lb/> schränkungen, die dem ersten Kopisten auferlegt wurden, entstanden sind. Wenn<lb/> er bei einer Sache, die er berichtet, nicht selbst zugegen war, so bemerkt er dies<lb/> sorgfältig durch ein: „mir ist berichtet worden" oder „nach dem Berichte Anderer",<lb/> oder er nennt auch geradezu seine Quelle. Mit größter Gewissenhaftigkeit zeichnet<lb/> er die Stunde ans, in der etwas vorfiel. Sein Stil ist roh, ermangelt jeder<lb/> Lebendigkeit und ist nicht arm an grammatikalischen Fehlern. Darf man aus<lb/> ihm auf die Bildung des Mannes schließen, so wird man sagen müssen, daß<lb/> die Sonne des Humanismus ihm wohl nie geleuchtet habe. Was seinen Charakter<lb/> betrifft, so ersehen wir darüber aus seinen Aufzeichnungen nur so viel, daß<lb/> Burkard emsig nach Aemtern strebte. Sein Nachfolger, der auch eine Zeitlang<lb/> einer seiner Substitute war, Paris de Grassis, hat ihm nachgesagt, daß er durch<lb/> Lüge und niedrige Schmeichelei seine Aemter errungen habe. Aber diesem Grassis<lb/> war, wie aus gelegentlichen Anmerkungen desselben in den von ihm geführten<lb/> Tagebüchern hervorgeht, Burkard ein Dorn im Auge, und so wiegen seine<lb/> Worte nicht schwer genug, um zur Grundlage eines Urtheils über Burkard<lb/> dienen zu können. Ebensowenig bekannt, wie das persönliche Verhältniß<lb/> Burkard's zu den fünf Päpsten, unter denen er wirkte, sind auch seine sonstigen<lb/> Beziehungen. Nur einmal spricht er von einigen Deutschen, die er seine Freunde<lb/> nennt: es sind kleine Leute ohne politische oder sonstige Bedeutung. Von den<lb/> Großen aber wissen wir nur, daß der Kardinal Ascanio und der von Lucca<lb/> ihn begünstigten; Burkard selbst berichtet, daß der erstere um das Bisthum<lb/> Orte, der letztere um den Posten eines Referendars sich beim Papste für ihn<lb/> verwandte. Daß Deutsche, die in jener Periode doch so zahlreich nach Rom<lb/> kamen, in Briefen oder sonstigen Aufzeichnungen etwas von Burkard gemeldet<lb/> hätten, ist unseres Wissens nicht bekannt. Und doch sind ihm das deutsche<lb/> Vaterland und das deutsche Wesen nicht gleichgiltig geworden. Möglich sogar,<lb/> daß er gerade durch ein ehrenfestes, biederes und wohl auch etwas schwer¬<lb/> fälliges Auftreten mit dem gewiß leichteren, schmiegsameren des Bolognesers<lb/> Grassis zusammenstieß. Das Konfraternitätsbuch des deutschen Hospizes Santa<lb/> Maria dell' Anima in Rom bewahrt noch die Einzeichnung, durch die Burkard<lb/> sich am 1. November 1489 in die Konfraternität aufnehmen ließ. Dort steht<lb/> sein Name unter vielen anderen von Hellem Klänge, deren Träger der segens¬<lb/> reichen Institution, welche zu Ende des 14. Jahrhunderts ein frommes nieder-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0195]
daselbst verweilt, oder daß ihn das Podagra verhindert habe, seinem Dienste
nachzugehen. Mit größerer oder geringerer Treue hat er dann, nach seiner
Rückkehr oder der Wiederaufnahme seiner Obliegenheiten, nachgetragen, was
inzwischen an interessanten Ereignissen sich begeben. Mehrmals sind es größere
Zeiträume, in denen wir vergebens nach Notizen bei ihm suchen. Möglich,
daß im Original diese Lücken nicht vorhanden sind, daß sie nur durch Be¬
schränkungen, die dem ersten Kopisten auferlegt wurden, entstanden sind. Wenn
er bei einer Sache, die er berichtet, nicht selbst zugegen war, so bemerkt er dies
sorgfältig durch ein: „mir ist berichtet worden" oder „nach dem Berichte Anderer",
oder er nennt auch geradezu seine Quelle. Mit größter Gewissenhaftigkeit zeichnet
er die Stunde ans, in der etwas vorfiel. Sein Stil ist roh, ermangelt jeder
Lebendigkeit und ist nicht arm an grammatikalischen Fehlern. Darf man aus
ihm auf die Bildung des Mannes schließen, so wird man sagen müssen, daß
die Sonne des Humanismus ihm wohl nie geleuchtet habe. Was seinen Charakter
betrifft, so ersehen wir darüber aus seinen Aufzeichnungen nur so viel, daß
Burkard emsig nach Aemtern strebte. Sein Nachfolger, der auch eine Zeitlang
einer seiner Substitute war, Paris de Grassis, hat ihm nachgesagt, daß er durch
Lüge und niedrige Schmeichelei seine Aemter errungen habe. Aber diesem Grassis
war, wie aus gelegentlichen Anmerkungen desselben in den von ihm geführten
Tagebüchern hervorgeht, Burkard ein Dorn im Auge, und so wiegen seine
Worte nicht schwer genug, um zur Grundlage eines Urtheils über Burkard
dienen zu können. Ebensowenig bekannt, wie das persönliche Verhältniß
Burkard's zu den fünf Päpsten, unter denen er wirkte, sind auch seine sonstigen
Beziehungen. Nur einmal spricht er von einigen Deutschen, die er seine Freunde
nennt: es sind kleine Leute ohne politische oder sonstige Bedeutung. Von den
Großen aber wissen wir nur, daß der Kardinal Ascanio und der von Lucca
ihn begünstigten; Burkard selbst berichtet, daß der erstere um das Bisthum
Orte, der letztere um den Posten eines Referendars sich beim Papste für ihn
verwandte. Daß Deutsche, die in jener Periode doch so zahlreich nach Rom
kamen, in Briefen oder sonstigen Aufzeichnungen etwas von Burkard gemeldet
hätten, ist unseres Wissens nicht bekannt. Und doch sind ihm das deutsche
Vaterland und das deutsche Wesen nicht gleichgiltig geworden. Möglich sogar,
daß er gerade durch ein ehrenfestes, biederes und wohl auch etwas schwer¬
fälliges Auftreten mit dem gewiß leichteren, schmiegsameren des Bolognesers
Grassis zusammenstieß. Das Konfraternitätsbuch des deutschen Hospizes Santa
Maria dell' Anima in Rom bewahrt noch die Einzeichnung, durch die Burkard
sich am 1. November 1489 in die Konfraternität aufnehmen ließ. Dort steht
sein Name unter vielen anderen von Hellem Klänge, deren Träger der segens¬
reichen Institution, welche zu Ende des 14. Jahrhunderts ein frommes nieder-
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