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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

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ohne Hintergedanken, wiederholt entschieden ausgesprochen. Damit ist der
Zwiespalt in den Reihen der Partei zu offnem Ausbruch gelangt.

Eine Zuschrift Robert Mitchell's an den in welcher dieser inner¬
halb seiner Partei ziemlich einflußreiche Abgeordnete sich eifrig für den Prinzen
Jerome Napoleon als den einzigen rechtmäßigen Erben der Kaiserkrone erklärt,
enthält folgende bemerkenswerthe Stellen: "Um ihn (den Prinzen Jerome)
anzuerkennen und anzunehmen, brauchte ich mich blos in Gedanken in die
schon ferne Zeit zurückzuversetzen, da der Prinz Napoleon, das wahre Interesse
des Landes mit scharfem Blicke erkennend, die kaiserliche Politik in Bahnen zu
lenken bemüht war, welche uns zu einer friedlichen Regelung unserer Diffe¬
renzen mit Deutschland geführt hätten." . . . "Lediglich die Zukunft beschäftigt,
fast möchte ich sagen, beunruhigt mich, wenn mir nicht Deine (der Brief ist
an Paul de Cassagnac persönlich gerichtet) bedingungslose Hingebung an das
Vaterland und unsre Sache bekannt wäre. Der Tod unseres Prinzen hat
uns das Herz gebrochen, aber nicht unsere Stärke erschüttert; in unseren Reihen
ist kein Abfall vorgekommen, und wenn wir fernerhin einig bleiben, werden
wir siegreich fein."

Darauf erwiedert Cassagnac: "Das Kaiserthum der Rede von Ajaccio,
das Kaiserthum der Auflehnung gegen den Kaiser, das Kaiserthum der skan¬
dalösen Freundschaften mit einem Renan in Glaubenssachen, der gefährlichen
und unpopulären Freundschaften mit einem Emil Ollivier, das Kaiserthum des
Abgeordneten, der sich gegen den Kandidaten des kaiserlichen Prinzen wählen
ließ, dieses Kaiserthum wollen und werden wir niemals annehmen." Dann
folgt eine lange Tirade, in welcher dem Prinzen Jerome vorgehalten wird,
daß ein echter Prätendent auch vor Kampf und Lebensgefahr nicht zurückbeben
dürfe, und am Schlüsse heißt es: "Monseigneur, sind Sie bereit? Wir find
es, wir sind schon längst bereit, und wenn Sie uns das Vertrauen einflößen,
welches zur Stunde unserm Herzen noch fern steht, wenn wir im Kampfe für
Sie jene beiden Hälften Gottes, von denen der Dichter spricht, den Papst und
den Kaiser, nicht zu trennen brauchten, würden wir bereit sein, den Adler in
der Hand bis zum letzten Athemzuge zu fechten. Wenn Sie dagegen schweigen,
was die Bestätigung einer Vergangenheit wäre, die Frankreich zuwider ist, dann
wollen wir uns sammeln, vor der Hand Frankreich allein dienen und geduldig
warten, bis der junge Prinz Victor uns von Gott gegeben wird, da ihn sein
Vater uns nicht geben will."

Das klingt verzweifelt entschieden. Wir denken aber, die Zerfallenen
werden sich auf dem Boden des Rechtes und ihres Interesses in nicht langer
Frist zusammenfinden und versöhnen, wenn nur erst die Formel und die Parole
gefunden ist, unter der man zusammen fechten kann. Auch der kecke und trotzige


ohne Hintergedanken, wiederholt entschieden ausgesprochen. Damit ist der
Zwiespalt in den Reihen der Partei zu offnem Ausbruch gelangt.

Eine Zuschrift Robert Mitchell's an den in welcher dieser inner¬
halb seiner Partei ziemlich einflußreiche Abgeordnete sich eifrig für den Prinzen
Jerome Napoleon als den einzigen rechtmäßigen Erben der Kaiserkrone erklärt,
enthält folgende bemerkenswerthe Stellen: „Um ihn (den Prinzen Jerome)
anzuerkennen und anzunehmen, brauchte ich mich blos in Gedanken in die
schon ferne Zeit zurückzuversetzen, da der Prinz Napoleon, das wahre Interesse
des Landes mit scharfem Blicke erkennend, die kaiserliche Politik in Bahnen zu
lenken bemüht war, welche uns zu einer friedlichen Regelung unserer Diffe¬
renzen mit Deutschland geführt hätten." . . . „Lediglich die Zukunft beschäftigt,
fast möchte ich sagen, beunruhigt mich, wenn mir nicht Deine (der Brief ist
an Paul de Cassagnac persönlich gerichtet) bedingungslose Hingebung an das
Vaterland und unsre Sache bekannt wäre. Der Tod unseres Prinzen hat
uns das Herz gebrochen, aber nicht unsere Stärke erschüttert; in unseren Reihen
ist kein Abfall vorgekommen, und wenn wir fernerhin einig bleiben, werden
wir siegreich fein."

Darauf erwiedert Cassagnac: „Das Kaiserthum der Rede von Ajaccio,
das Kaiserthum der Auflehnung gegen den Kaiser, das Kaiserthum der skan¬
dalösen Freundschaften mit einem Renan in Glaubenssachen, der gefährlichen
und unpopulären Freundschaften mit einem Emil Ollivier, das Kaiserthum des
Abgeordneten, der sich gegen den Kandidaten des kaiserlichen Prinzen wählen
ließ, dieses Kaiserthum wollen und werden wir niemals annehmen." Dann
folgt eine lange Tirade, in welcher dem Prinzen Jerome vorgehalten wird,
daß ein echter Prätendent auch vor Kampf und Lebensgefahr nicht zurückbeben
dürfe, und am Schlüsse heißt es: „Monseigneur, sind Sie bereit? Wir find
es, wir sind schon längst bereit, und wenn Sie uns das Vertrauen einflößen,
welches zur Stunde unserm Herzen noch fern steht, wenn wir im Kampfe für
Sie jene beiden Hälften Gottes, von denen der Dichter spricht, den Papst und
den Kaiser, nicht zu trennen brauchten, würden wir bereit sein, den Adler in
der Hand bis zum letzten Athemzuge zu fechten. Wenn Sie dagegen schweigen,
was die Bestätigung einer Vergangenheit wäre, die Frankreich zuwider ist, dann
wollen wir uns sammeln, vor der Hand Frankreich allein dienen und geduldig
warten, bis der junge Prinz Victor uns von Gott gegeben wird, da ihn sein
Vater uns nicht geben will."

Das klingt verzweifelt entschieden. Wir denken aber, die Zerfallenen
werden sich auf dem Boden des Rechtes und ihres Interesses in nicht langer
Frist zusammenfinden und versöhnen, wenn nur erst die Formel und die Parole
gefunden ist, unter der man zusammen fechten kann. Auch der kecke und trotzige


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[0177] ohne Hintergedanken, wiederholt entschieden ausgesprochen. Damit ist der Zwiespalt in den Reihen der Partei zu offnem Ausbruch gelangt. Eine Zuschrift Robert Mitchell's an den in welcher dieser inner¬ halb seiner Partei ziemlich einflußreiche Abgeordnete sich eifrig für den Prinzen Jerome Napoleon als den einzigen rechtmäßigen Erben der Kaiserkrone erklärt, enthält folgende bemerkenswerthe Stellen: „Um ihn (den Prinzen Jerome) anzuerkennen und anzunehmen, brauchte ich mich blos in Gedanken in die schon ferne Zeit zurückzuversetzen, da der Prinz Napoleon, das wahre Interesse des Landes mit scharfem Blicke erkennend, die kaiserliche Politik in Bahnen zu lenken bemüht war, welche uns zu einer friedlichen Regelung unserer Diffe¬ renzen mit Deutschland geführt hätten." . . . „Lediglich die Zukunft beschäftigt, fast möchte ich sagen, beunruhigt mich, wenn mir nicht Deine (der Brief ist an Paul de Cassagnac persönlich gerichtet) bedingungslose Hingebung an das Vaterland und unsre Sache bekannt wäre. Der Tod unseres Prinzen hat uns das Herz gebrochen, aber nicht unsere Stärke erschüttert; in unseren Reihen ist kein Abfall vorgekommen, und wenn wir fernerhin einig bleiben, werden wir siegreich fein." Darauf erwiedert Cassagnac: „Das Kaiserthum der Rede von Ajaccio, das Kaiserthum der Auflehnung gegen den Kaiser, das Kaiserthum der skan¬ dalösen Freundschaften mit einem Renan in Glaubenssachen, der gefährlichen und unpopulären Freundschaften mit einem Emil Ollivier, das Kaiserthum des Abgeordneten, der sich gegen den Kandidaten des kaiserlichen Prinzen wählen ließ, dieses Kaiserthum wollen und werden wir niemals annehmen." Dann folgt eine lange Tirade, in welcher dem Prinzen Jerome vorgehalten wird, daß ein echter Prätendent auch vor Kampf und Lebensgefahr nicht zurückbeben dürfe, und am Schlüsse heißt es: „Monseigneur, sind Sie bereit? Wir find es, wir sind schon längst bereit, und wenn Sie uns das Vertrauen einflößen, welches zur Stunde unserm Herzen noch fern steht, wenn wir im Kampfe für Sie jene beiden Hälften Gottes, von denen der Dichter spricht, den Papst und den Kaiser, nicht zu trennen brauchten, würden wir bereit sein, den Adler in der Hand bis zum letzten Athemzuge zu fechten. Wenn Sie dagegen schweigen, was die Bestätigung einer Vergangenheit wäre, die Frankreich zuwider ist, dann wollen wir uns sammeln, vor der Hand Frankreich allein dienen und geduldig warten, bis der junge Prinz Victor uns von Gott gegeben wird, da ihn sein Vater uns nicht geben will." Das klingt verzweifelt entschieden. Wir denken aber, die Zerfallenen werden sich auf dem Boden des Rechtes und ihres Interesses in nicht langer Frist zusammenfinden und versöhnen, wenn nur erst die Formel und die Parole gefunden ist, unter der man zusammen fechten kann. Auch der kecke und trotzige

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/177>, abgerufen am 25.11.2024.