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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

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war ihr ein Greuel; aber ihr Gemahl blieb fest, und sie mußte sich fügen.
1682 wurden Georg und Sophie Dorothea verlobt und bald nachher vermählt.
Die Ehe war selbstverständlich höchst unglücklich. Die junge Frau wurde von
ihrer Schwiegermutter von Anfang an mit unverhehlter Verachtung und bitterem
Hasse behandelt, ihr Gemahl zeigte ihr keine anderen Gefühle und war ihr
untreu. Sie äußerte sich unwillig über die zahllosen ihr angethanen Unziem¬
lichkeiten. Sie machte sich auch Ernst August, indem sie sich über dessen
Mätresse, die Gräfin Platen, tadelnd ausließ, zum Feinde. Als dieser dann
bedenklich erkrankte, stiegen in allen Feinden der Kurprinzessin schwere Befürch¬
tungen auf. Der Kurprinz mußte, wenn sein Vater starb, mit seiner Gemahlin
den Thron theilen. Sein Schwiegervater, dann unabhängiger geworden, hätte
dies rücksichtslos gefordert und erzwungen. Die verwittwete Kurfürstin, bei
ihrem Stolz, ihrer verachteten, von ihr stets nur als uneheliches, niedrig gebornes
Kind angesehene Schwiegertochter im Range nachstehend, auf's Altentheil ge¬
setzt -- welch' eine Aussicht! Die Gräfin Platen, die Mätressen Georg's, die
der Erbprinzessin nach Kräften durch Verleumdung Herzeleid angethan, jetzt
ihrer Rache preisgegeben! Dem mußte vorgebeugt werden, und so ergriff man
die erste Gelegenheit, Sophie Dorothea unschädlich zu machen. Diese Gelegen¬
heit bot sich durch die Unvorsichtigkeit, mit der die Prinzessin mit Königsmarck
verkehrte, die aber nach Schaumann nicht zur Untreue führte, und sie wurde
bestens benutzt. Das Weitere ist bekannt. Nur das eine verdient noch her¬
vorgehoben zu werden, daß Sophie nicht deshalb, weil ihr eine Schuld nach¬
gewiesen worden, sondern weil sie sich weigerte, sich mit ihrem Gemahl zu
versöhnen, geschieden und dann verbannt wurde. Die Darstellung ergibt, wie
man sieht, ein ganz neues Bild der vielbesprochenen Vorgänge.





In der vorigen Nummer ist S. 115 ein Satzfehler stehen geblieben,
den wir zu berichtigen bitten. In der Rede Friedrich List's muß es anstatt
"Merseburg und Augsburg" heißen: "Nürnberg und Augsburg".




Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig,
Verlag von F. L. Herbig in Leipzig, -- Druck von Hüthel Ä Herrmann in Leipzig.

war ihr ein Greuel; aber ihr Gemahl blieb fest, und sie mußte sich fügen.
1682 wurden Georg und Sophie Dorothea verlobt und bald nachher vermählt.
Die Ehe war selbstverständlich höchst unglücklich. Die junge Frau wurde von
ihrer Schwiegermutter von Anfang an mit unverhehlter Verachtung und bitterem
Hasse behandelt, ihr Gemahl zeigte ihr keine anderen Gefühle und war ihr
untreu. Sie äußerte sich unwillig über die zahllosen ihr angethanen Unziem¬
lichkeiten. Sie machte sich auch Ernst August, indem sie sich über dessen
Mätresse, die Gräfin Platen, tadelnd ausließ, zum Feinde. Als dieser dann
bedenklich erkrankte, stiegen in allen Feinden der Kurprinzessin schwere Befürch¬
tungen auf. Der Kurprinz mußte, wenn sein Vater starb, mit seiner Gemahlin
den Thron theilen. Sein Schwiegervater, dann unabhängiger geworden, hätte
dies rücksichtslos gefordert und erzwungen. Die verwittwete Kurfürstin, bei
ihrem Stolz, ihrer verachteten, von ihr stets nur als uneheliches, niedrig gebornes
Kind angesehene Schwiegertochter im Range nachstehend, auf's Altentheil ge¬
setzt — welch' eine Aussicht! Die Gräfin Platen, die Mätressen Georg's, die
der Erbprinzessin nach Kräften durch Verleumdung Herzeleid angethan, jetzt
ihrer Rache preisgegeben! Dem mußte vorgebeugt werden, und so ergriff man
die erste Gelegenheit, Sophie Dorothea unschädlich zu machen. Diese Gelegen¬
heit bot sich durch die Unvorsichtigkeit, mit der die Prinzessin mit Königsmarck
verkehrte, die aber nach Schaumann nicht zur Untreue führte, und sie wurde
bestens benutzt. Das Weitere ist bekannt. Nur das eine verdient noch her¬
vorgehoben zu werden, daß Sophie nicht deshalb, weil ihr eine Schuld nach¬
gewiesen worden, sondern weil sie sich weigerte, sich mit ihrem Gemahl zu
versöhnen, geschieden und dann verbannt wurde. Die Darstellung ergibt, wie
man sieht, ein ganz neues Bild der vielbesprochenen Vorgänge.





In der vorigen Nummer ist S. 115 ein Satzfehler stehen geblieben,
den wir zu berichtigen bitten. In der Rede Friedrich List's muß es anstatt
„Merseburg und Augsburg" heißen: „Nürnberg und Augsburg".




Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig,
Verlag von F. L. Herbig in Leipzig, — Druck von Hüthel Ä Herrmann in Leipzig.
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[0174] war ihr ein Greuel; aber ihr Gemahl blieb fest, und sie mußte sich fügen. 1682 wurden Georg und Sophie Dorothea verlobt und bald nachher vermählt. Die Ehe war selbstverständlich höchst unglücklich. Die junge Frau wurde von ihrer Schwiegermutter von Anfang an mit unverhehlter Verachtung und bitterem Hasse behandelt, ihr Gemahl zeigte ihr keine anderen Gefühle und war ihr untreu. Sie äußerte sich unwillig über die zahllosen ihr angethanen Unziem¬ lichkeiten. Sie machte sich auch Ernst August, indem sie sich über dessen Mätresse, die Gräfin Platen, tadelnd ausließ, zum Feinde. Als dieser dann bedenklich erkrankte, stiegen in allen Feinden der Kurprinzessin schwere Befürch¬ tungen auf. Der Kurprinz mußte, wenn sein Vater starb, mit seiner Gemahlin den Thron theilen. Sein Schwiegervater, dann unabhängiger geworden, hätte dies rücksichtslos gefordert und erzwungen. Die verwittwete Kurfürstin, bei ihrem Stolz, ihrer verachteten, von ihr stets nur als uneheliches, niedrig gebornes Kind angesehene Schwiegertochter im Range nachstehend, auf's Altentheil ge¬ setzt — welch' eine Aussicht! Die Gräfin Platen, die Mätressen Georg's, die der Erbprinzessin nach Kräften durch Verleumdung Herzeleid angethan, jetzt ihrer Rache preisgegeben! Dem mußte vorgebeugt werden, und so ergriff man die erste Gelegenheit, Sophie Dorothea unschädlich zu machen. Diese Gelegen¬ heit bot sich durch die Unvorsichtigkeit, mit der die Prinzessin mit Königsmarck verkehrte, die aber nach Schaumann nicht zur Untreue führte, und sie wurde bestens benutzt. Das Weitere ist bekannt. Nur das eine verdient noch her¬ vorgehoben zu werden, daß Sophie nicht deshalb, weil ihr eine Schuld nach¬ gewiesen worden, sondern weil sie sich weigerte, sich mit ihrem Gemahl zu versöhnen, geschieden und dann verbannt wurde. Die Darstellung ergibt, wie man sieht, ein ganz neues Bild der vielbesprochenen Vorgänge. In der vorigen Nummer ist S. 115 ein Satzfehler stehen geblieben, den wir zu berichtigen bitten. In der Rede Friedrich List's muß es anstatt „Merseburg und Augsburg" heißen: „Nürnberg und Augsburg". Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig, Verlag von F. L. Herbig in Leipzig, — Druck von Hüthel Ä Herrmann in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/174>, abgerufen am 25.11.2024.