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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

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Literaten.
Die Kraft. Eine real-monistische Weltanschauung. Von I. G. Vogt. Erstes Buch.
Die Kontraktiouscucrgie, die letztursächliche, einheitliche, mechanische Wirkungsform des
Wcltsubstrates. Leipzig, Haupt K Tischer, 1878.

Die Grundlage der in diesem Werke entwickelten Naturphilosophie ist die
Annahme einer Kraftsubstanz, die gleichsam als das Ding an sich die letzt-
instanzliche Ursache alles Geschehenen bildet. Das Wesen dieser Kraft oder
Substanz zu ergründen, ist unmöglich, sie ist gewissermaßen ein formeller
Begriff; aber ihre mechanische Wirkungsform zu erkennen, muß Aufgabe der
Spekulation fein. Natürlich kann nur diejenige Mechanik unsere Erkenntniß
befriedigen, welche die Bürgschaft für den ewigen Kreisprozeß der Welt in sich
trägt. Darum wird die Kraftsubstanz als räumlich und zeitlich unbegrenzt
angenommen und nur mit einer einzigen, überall gleichen und unabänderlichen
Wirkungsform, dem Verdichtungsbestreben, belegt. Durch die Verdichtung ent¬
stehen unendlich kleine, unter sich absolut gleiche Verdichtungszentren, die das
Bestreben sich zu verdichten haben, aber durch die Spannung der Zwischen-
raumsnbstcmz stets wieder verdünnt werden, sodaß sie um eine mittlere Dichtigkeit
oder Intensität, da es sich ja um eine Kraftsubstanz handelt, stets hin und her
schwanken und damit ein ewiges Zerstörungsprinzip begründen. Von dieser mög¬
lichst kurz skizzirten Grundidee aus konstruirt der Verfasser im vorliegenden Bande
die Hauptzüge seiner Naturphilosophie und sucht die Ursache der vorhandenen
kosmischen Ordnung, der Gravitation, des Chemismus, der Wärme ze. abzu¬
leiten. Gearbeitet hat jedenfalls an dem Buche einzig und allein die positive
Naturwissenschaft und die Logik; was man so gewöhnlich Philosophie zu nennen
pflegt, hat keinen Antheil daran, und das darf ja als ein beträchtlicher Fort¬
schritt für derartige Spekulationen gelten, besonders den trostlosen Ausgeburten
der Phantasie gegenüber, welche seit den zwanziger Jahren als Naturphilo-


etwas vor Ihnen voraussähe. Denn außer dem Mund voll Schubert'scher
Lieder hat mir das Schicksal -- zuweilen erfüllt es Einem ja gerade von Lieb¬
lingswünschen recht schöne -- einen Mund erweckt, die Lieder zu singen, die
Schubert noch nicht gesungen hat. Auch das "Füllest wieder Busch und Thal"
nach der Auffassung, die ich eben dargelegt. Vernachlässigen Sie den Alten
? nicht, so soll Ihnen die Bekanntschaft des Liedes werden.



Literaten.
Die Kraft. Eine real-monistische Weltanschauung. Von I. G. Vogt. Erstes Buch.
Die Kontraktiouscucrgie, die letztursächliche, einheitliche, mechanische Wirkungsform des
Wcltsubstrates. Leipzig, Haupt K Tischer, 1878.

Die Grundlage der in diesem Werke entwickelten Naturphilosophie ist die
Annahme einer Kraftsubstanz, die gleichsam als das Ding an sich die letzt-
instanzliche Ursache alles Geschehenen bildet. Das Wesen dieser Kraft oder
Substanz zu ergründen, ist unmöglich, sie ist gewissermaßen ein formeller
Begriff; aber ihre mechanische Wirkungsform zu erkennen, muß Aufgabe der
Spekulation fein. Natürlich kann nur diejenige Mechanik unsere Erkenntniß
befriedigen, welche die Bürgschaft für den ewigen Kreisprozeß der Welt in sich
trägt. Darum wird die Kraftsubstanz als räumlich und zeitlich unbegrenzt
angenommen und nur mit einer einzigen, überall gleichen und unabänderlichen
Wirkungsform, dem Verdichtungsbestreben, belegt. Durch die Verdichtung ent¬
stehen unendlich kleine, unter sich absolut gleiche Verdichtungszentren, die das
Bestreben sich zu verdichten haben, aber durch die Spannung der Zwischen-
raumsnbstcmz stets wieder verdünnt werden, sodaß sie um eine mittlere Dichtigkeit
oder Intensität, da es sich ja um eine Kraftsubstanz handelt, stets hin und her
schwanken und damit ein ewiges Zerstörungsprinzip begründen. Von dieser mög¬
lichst kurz skizzirten Grundidee aus konstruirt der Verfasser im vorliegenden Bande
die Hauptzüge seiner Naturphilosophie und sucht die Ursache der vorhandenen
kosmischen Ordnung, der Gravitation, des Chemismus, der Wärme ze. abzu¬
leiten. Gearbeitet hat jedenfalls an dem Buche einzig und allein die positive
Naturwissenschaft und die Logik; was man so gewöhnlich Philosophie zu nennen
pflegt, hat keinen Antheil daran, und das darf ja als ein beträchtlicher Fort¬
schritt für derartige Spekulationen gelten, besonders den trostlosen Ausgeburten
der Phantasie gegenüber, welche seit den zwanziger Jahren als Naturphilo-


etwas vor Ihnen voraussähe. Denn außer dem Mund voll Schubert'scher
Lieder hat mir das Schicksal — zuweilen erfüllt es Einem ja gerade von Lieb¬
lingswünschen recht schöne — einen Mund erweckt, die Lieder zu singen, die
Schubert noch nicht gesungen hat. Auch das „Füllest wieder Busch und Thal"
nach der Auffassung, die ich eben dargelegt. Vernachlässigen Sie den Alten
? nicht, so soll Ihnen die Bekanntschaft des Liedes werden.
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[0169] Literaten. Die Kraft. Eine real-monistische Weltanschauung. Von I. G. Vogt. Erstes Buch. Die Kontraktiouscucrgie, die letztursächliche, einheitliche, mechanische Wirkungsform des Wcltsubstrates. Leipzig, Haupt K Tischer, 1878. Die Grundlage der in diesem Werke entwickelten Naturphilosophie ist die Annahme einer Kraftsubstanz, die gleichsam als das Ding an sich die letzt- instanzliche Ursache alles Geschehenen bildet. Das Wesen dieser Kraft oder Substanz zu ergründen, ist unmöglich, sie ist gewissermaßen ein formeller Begriff; aber ihre mechanische Wirkungsform zu erkennen, muß Aufgabe der Spekulation fein. Natürlich kann nur diejenige Mechanik unsere Erkenntniß befriedigen, welche die Bürgschaft für den ewigen Kreisprozeß der Welt in sich trägt. Darum wird die Kraftsubstanz als räumlich und zeitlich unbegrenzt angenommen und nur mit einer einzigen, überall gleichen und unabänderlichen Wirkungsform, dem Verdichtungsbestreben, belegt. Durch die Verdichtung ent¬ stehen unendlich kleine, unter sich absolut gleiche Verdichtungszentren, die das Bestreben sich zu verdichten haben, aber durch die Spannung der Zwischen- raumsnbstcmz stets wieder verdünnt werden, sodaß sie um eine mittlere Dichtigkeit oder Intensität, da es sich ja um eine Kraftsubstanz handelt, stets hin und her schwanken und damit ein ewiges Zerstörungsprinzip begründen. Von dieser mög¬ lichst kurz skizzirten Grundidee aus konstruirt der Verfasser im vorliegenden Bande die Hauptzüge seiner Naturphilosophie und sucht die Ursache der vorhandenen kosmischen Ordnung, der Gravitation, des Chemismus, der Wärme ze. abzu¬ leiten. Gearbeitet hat jedenfalls an dem Buche einzig und allein die positive Naturwissenschaft und die Logik; was man so gewöhnlich Philosophie zu nennen pflegt, hat keinen Antheil daran, und das darf ja als ein beträchtlicher Fort¬ schritt für derartige Spekulationen gelten, besonders den trostlosen Ausgeburten der Phantasie gegenüber, welche seit den zwanziger Jahren als Naturphilo- etwas vor Ihnen voraussähe. Denn außer dem Mund voll Schubert'scher Lieder hat mir das Schicksal — zuweilen erfüllt es Einem ja gerade von Lieb¬ lingswünschen recht schöne — einen Mund erweckt, die Lieder zu singen, die Schubert noch nicht gesungen hat. Auch das „Füllest wieder Busch und Thal" nach der Auffassung, die ich eben dargelegt. Vernachlässigen Sie den Alten ? nicht, so soll Ihnen die Bekanntschaft des Liedes werden.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/169>, abgerufen am 09.11.2024.