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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

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Holztransport des Schwarzwaldes entworfen und ihn seinem Freunde v. Cotta
mitgetheilt. Daß er nicht zur Ausführung gekommen, war nicht seine Schuld.
Als er in Amerika seine früheren Gedanken und Pläne wieder aufnahm, da
eröffnete sich ihm denn auch wieder die ganze volkswirthschaftliche Tragweite,
die er bereits vor Jahren einem allgemeinen Transportsystem zugeschrieben
hatte. An der Spitze des deutschen Handelsvereins hatte er hinlänglich Ge¬
legenheit gehabt, die Bedürfnisse des Handels und der Gewerbe kennen zu lernen
und über ihre Hebung nachzudenken. Damals war es ihm klar geworden, welche
Wichtigkeit die Kanäle, die Straßen ?c. nicht blos für sich, sondern als ganzes
System, als ein ganzes National-Transportsystem, für den Handel, für die
Industrie, für den Ackerbau, für die Wissenschaft, für die Kultur haben würden,
und wenn auch erst mitten in der frischen Regsamkeit des amerikanischen Lebens
in ihm die Idee aufleuchtete, durch die Eisenbahnen solch' ein allgemeines
System zu verwirklichen, so konnte er doch mit vollem Rechte behaupten, wie
er es auch that, er habe den Gedanken nach Amerika mitgenommen, nicht von
dort hergeholt.

Dieser Umstand, daß die Idee eines allgemeinen Verkehrssystems sich zuerst
an deutschen Verhältnissen bei ihm ausgebildet hatte, verbunden mit der großen
und unauslöschlichen Liebe zum Vaterlande, das ihn verstoßen, machen es er¬
klärlich, daß List zuerst nicht etwa an ein amerikanisches Eisenbahnsystem dachte,
sondern an ein deutsches, daß er Schritte that, für seine Idee zu wirken nicht
etwa dort, wo man ihn mit Ehren überhäufte, sondern dort, wo man seine
^Dienste verschmäht hatte. "Mitten in der Wildniß der blauen Berge träumte
mir von einem deutschen Eisenbahnsystem" -- so drückte er sich aus, wenn er
später von jenem unruhigen Schaffensdrange sprach, der ihn nach der Heimat
zurücktrieb.

Eine volkswirthschaftliche Wahrheit zu entdecken und sür ihre Einführung
thätig zu sein, dies fiel für einen Mann von der Thatkraft Friedrich List's
zusammen. Er begann fofort das einzige, was er für den Augenblick thun
konnte: in der Presse für seine Idee zu agitiren. Er setzte sich mit dem
bairischen Maschinen-Ingenieur Ritter v. Baader in Verbindung, einem Manne,
der sich um die Verbesserung der Lokomotiven Verdienste erworben hatte und
für die Eisenbahnen öffentlich aufgetreten war. Er schrieb 1827 eine Reihe
von Briefen an Baader, die dieser theils in der "Augsburger Allgemeinen
Zeitung", theils als Broschüre veröffentlichte. In Baiern wurde damals eine
Kanalverbindung zwischen der Donau und dem Main geplant. List trat diesem
Plane mit allem Nachdruck entgegen. Er entwickelte seine Ideen über ein
allgemeines System des Verkehrs und zeigte, daß dieses dnrch Kanäle nicht zu
verwirklichen sei. Er stellte die Kanäle und Eisenbahnen einander gegenüber


Holztransport des Schwarzwaldes entworfen und ihn seinem Freunde v. Cotta
mitgetheilt. Daß er nicht zur Ausführung gekommen, war nicht seine Schuld.
Als er in Amerika seine früheren Gedanken und Pläne wieder aufnahm, da
eröffnete sich ihm denn auch wieder die ganze volkswirthschaftliche Tragweite,
die er bereits vor Jahren einem allgemeinen Transportsystem zugeschrieben
hatte. An der Spitze des deutschen Handelsvereins hatte er hinlänglich Ge¬
legenheit gehabt, die Bedürfnisse des Handels und der Gewerbe kennen zu lernen
und über ihre Hebung nachzudenken. Damals war es ihm klar geworden, welche
Wichtigkeit die Kanäle, die Straßen ?c. nicht blos für sich, sondern als ganzes
System, als ein ganzes National-Transportsystem, für den Handel, für die
Industrie, für den Ackerbau, für die Wissenschaft, für die Kultur haben würden,
und wenn auch erst mitten in der frischen Regsamkeit des amerikanischen Lebens
in ihm die Idee aufleuchtete, durch die Eisenbahnen solch' ein allgemeines
System zu verwirklichen, so konnte er doch mit vollem Rechte behaupten, wie
er es auch that, er habe den Gedanken nach Amerika mitgenommen, nicht von
dort hergeholt.

Dieser Umstand, daß die Idee eines allgemeinen Verkehrssystems sich zuerst
an deutschen Verhältnissen bei ihm ausgebildet hatte, verbunden mit der großen
und unauslöschlichen Liebe zum Vaterlande, das ihn verstoßen, machen es er¬
klärlich, daß List zuerst nicht etwa an ein amerikanisches Eisenbahnsystem dachte,
sondern an ein deutsches, daß er Schritte that, für seine Idee zu wirken nicht
etwa dort, wo man ihn mit Ehren überhäufte, sondern dort, wo man seine
^Dienste verschmäht hatte. „Mitten in der Wildniß der blauen Berge träumte
mir von einem deutschen Eisenbahnsystem" — so drückte er sich aus, wenn er
später von jenem unruhigen Schaffensdrange sprach, der ihn nach der Heimat
zurücktrieb.

Eine volkswirthschaftliche Wahrheit zu entdecken und sür ihre Einführung
thätig zu sein, dies fiel für einen Mann von der Thatkraft Friedrich List's
zusammen. Er begann fofort das einzige, was er für den Augenblick thun
konnte: in der Presse für seine Idee zu agitiren. Er setzte sich mit dem
bairischen Maschinen-Ingenieur Ritter v. Baader in Verbindung, einem Manne,
der sich um die Verbesserung der Lokomotiven Verdienste erworben hatte und
für die Eisenbahnen öffentlich aufgetreten war. Er schrieb 1827 eine Reihe
von Briefen an Baader, die dieser theils in der „Augsburger Allgemeinen
Zeitung", theils als Broschüre veröffentlichte. In Baiern wurde damals eine
Kanalverbindung zwischen der Donau und dem Main geplant. List trat diesem
Plane mit allem Nachdruck entgegen. Er entwickelte seine Ideen über ein
allgemeines System des Verkehrs und zeigte, daß dieses dnrch Kanäle nicht zu
verwirklichen sei. Er stellte die Kanäle und Eisenbahnen einander gegenüber


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/16>, abgerufen am 26.11.2024.