Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite

Darauf ließ List seine Rede in einem Leipziger Blatte zum Abdruck bringen.
Die Neider wurden nun natürlich erst recht gereizt, und es erschien im "Frank¬
furter Journal" ein Artikel aus Leipzig voll von plumpen und niederträchtigen
Ausfüllen gegen List. Im wegwerfendsten Tone wird hier von seinen Be¬
strebungen gesprochen. Einem einzelnen von den künftigen Direktoren des
Unternehmens werde es freilich nicht in den Sinn kommen, auf bloße Privat-
auffvrderungen die Einleitungen zu treffen für andere Unternehmungen, welche
dem begonnenen schwächend entgegentreten könnten; nur das Direktorium in
seiner Gesammtheit werde darüber entscheiden und werde, wenn es nützlich, sich
dieser Entscheidung nicht entziehen. Dein Gesammtwirken des Komites und nicht
etwa einem encyclopädischen Wissen oder der Fassung schwankender Projekte
sei der glückliche Fortgang des vaterländischen Unternehmens zu danken.
List berichtigte den Artikel in ruhigem Tone und bemerkte, daß die Sache, die
er zu fördern unternommen habe, ihm zu großartig sei, daß er ihr schon zu
viele Opfer gebracht habe und des Beifalles der Besseren aller Stände und
Meinungen zu gewiß sei, als daß er sich durch solche Verkleinerungen, die
er übrigens vorausgesehen habe, in seinen Bestrebungen sollte stören lassen.
Damit glaubte er den Angriffen die Spitze abgebrochen zu haben, allein sie
kamen in neuer Form wieder und immer wieder. List ließ sie unberücksichtigt.
Nur in der Vorrede zu seinem "nationalen System" hielt er den Gegnern noch
einmal den Spiegel vor. "Nur das darf und muß ich sagen," schreibt er dort,
daß ich mißhandelt, auf unverantwortliche Weise mißhandelt worden bin, weil
ich gewissen Personen und Privatinteressen im Wege stand, und daß man
nachher, gleichsam als Zugabe, mich öffentlich verunglimpfte, weil man aus
Furcht, ich werde die gegen mich gespielten Intriguen in ihrer ganzen Nacktheit
ein's Licht stellen, bei dem dentschen Publikum glaubte das Prävenire spielen
zu müssen. Meine Gegner, zumeist mehr Getäuschte als Täuschende, kannten
weder meine Sinnesart, noch meine Stellung, noch den Umfang meiner Mittel.
Weit entfernt, das deutsche Publikum mit dergleichen elenden Privatstreitigkeiten
behelligen zu wollen, war ich schon am Anfang dieser Intrigue zu dem festen
Entschlüsse gekommen, alle öffentlichen und Privatverläumdungen stillschweigend
über mich ergehen zu lassen, einmal um die gute Sache, welcher ich nun schou
so viele Jahre meines Lebens und so bedeutende Summen meines sauren Er¬
werbs zum Opfer gebracht, uicht in ein nachtheiliges Licht zu stellen, sodann
um mir die zur Verfolgung meines Zieles erforderliche Geistesruhe nicht zu
rauben, und endlich weil ich der getrosten Hoffnung war und es noch immer
bin, daß mir am Ende doch in jeder Beziehung Gerechtigkeit werde zu Theil
werden."

Wir sind am Schluß. Wir haben die ganze Leidensgeschichte erzählt,


Darauf ließ List seine Rede in einem Leipziger Blatte zum Abdruck bringen.
Die Neider wurden nun natürlich erst recht gereizt, und es erschien im „Frank¬
furter Journal" ein Artikel aus Leipzig voll von plumpen und niederträchtigen
Ausfüllen gegen List. Im wegwerfendsten Tone wird hier von seinen Be¬
strebungen gesprochen. Einem einzelnen von den künftigen Direktoren des
Unternehmens werde es freilich nicht in den Sinn kommen, auf bloße Privat-
auffvrderungen die Einleitungen zu treffen für andere Unternehmungen, welche
dem begonnenen schwächend entgegentreten könnten; nur das Direktorium in
seiner Gesammtheit werde darüber entscheiden und werde, wenn es nützlich, sich
dieser Entscheidung nicht entziehen. Dein Gesammtwirken des Komites und nicht
etwa einem encyclopädischen Wissen oder der Fassung schwankender Projekte
sei der glückliche Fortgang des vaterländischen Unternehmens zu danken.
List berichtigte den Artikel in ruhigem Tone und bemerkte, daß die Sache, die
er zu fördern unternommen habe, ihm zu großartig sei, daß er ihr schon zu
viele Opfer gebracht habe und des Beifalles der Besseren aller Stände und
Meinungen zu gewiß sei, als daß er sich durch solche Verkleinerungen, die
er übrigens vorausgesehen habe, in seinen Bestrebungen sollte stören lassen.
Damit glaubte er den Angriffen die Spitze abgebrochen zu haben, allein sie
kamen in neuer Form wieder und immer wieder. List ließ sie unberücksichtigt.
Nur in der Vorrede zu seinem „nationalen System" hielt er den Gegnern noch
einmal den Spiegel vor. „Nur das darf und muß ich sagen," schreibt er dort,
daß ich mißhandelt, auf unverantwortliche Weise mißhandelt worden bin, weil
ich gewissen Personen und Privatinteressen im Wege stand, und daß man
nachher, gleichsam als Zugabe, mich öffentlich verunglimpfte, weil man aus
Furcht, ich werde die gegen mich gespielten Intriguen in ihrer ganzen Nacktheit
ein's Licht stellen, bei dem dentschen Publikum glaubte das Prävenire spielen
zu müssen. Meine Gegner, zumeist mehr Getäuschte als Täuschende, kannten
weder meine Sinnesart, noch meine Stellung, noch den Umfang meiner Mittel.
Weit entfernt, das deutsche Publikum mit dergleichen elenden Privatstreitigkeiten
behelligen zu wollen, war ich schon am Anfang dieser Intrigue zu dem festen
Entschlüsse gekommen, alle öffentlichen und Privatverläumdungen stillschweigend
über mich ergehen zu lassen, einmal um die gute Sache, welcher ich nun schou
so viele Jahre meines Lebens und so bedeutende Summen meines sauren Er¬
werbs zum Opfer gebracht, uicht in ein nachtheiliges Licht zu stellen, sodann
um mir die zur Verfolgung meines Zieles erforderliche Geistesruhe nicht zu
rauben, und endlich weil ich der getrosten Hoffnung war und es noch immer
bin, daß mir am Ende doch in jeder Beziehung Gerechtigkeit werde zu Theil
werden."

Wir sind am Schluß. Wir haben die ganze Leidensgeschichte erzählt,


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0123" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/142620"/>
          <p xml:id="ID_337"> Darauf ließ List seine Rede in einem Leipziger Blatte zum Abdruck bringen.<lb/>
Die Neider wurden nun natürlich erst recht gereizt, und es erschien im &#x201E;Frank¬<lb/>
furter Journal" ein Artikel aus Leipzig voll von plumpen und niederträchtigen<lb/>
Ausfüllen gegen List. Im wegwerfendsten Tone wird hier von seinen Be¬<lb/>
strebungen gesprochen. Einem einzelnen von den künftigen Direktoren des<lb/>
Unternehmens werde es freilich nicht in den Sinn kommen, auf bloße Privat-<lb/>
auffvrderungen die Einleitungen zu treffen für andere Unternehmungen, welche<lb/>
dem begonnenen schwächend entgegentreten könnten; nur das Direktorium in<lb/>
seiner Gesammtheit werde darüber entscheiden und werde, wenn es nützlich, sich<lb/>
dieser Entscheidung nicht entziehen. Dein Gesammtwirken des Komites und nicht<lb/>
etwa einem encyclopädischen Wissen oder der Fassung schwankender Projekte<lb/>
sei der glückliche Fortgang des vaterländischen Unternehmens zu danken.<lb/>
List berichtigte den Artikel in ruhigem Tone und bemerkte, daß die Sache, die<lb/>
er zu fördern unternommen habe, ihm zu großartig sei, daß er ihr schon zu<lb/>
viele Opfer gebracht habe und des Beifalles der Besseren aller Stände und<lb/>
Meinungen zu gewiß sei, als daß er sich durch solche Verkleinerungen, die<lb/>
er übrigens vorausgesehen habe, in seinen Bestrebungen sollte stören lassen.<lb/>
Damit glaubte er den Angriffen die Spitze abgebrochen zu haben, allein sie<lb/>
kamen in neuer Form wieder und immer wieder. List ließ sie unberücksichtigt.<lb/>
Nur in der Vorrede zu seinem &#x201E;nationalen System" hielt er den Gegnern noch<lb/>
einmal den Spiegel vor. &#x201E;Nur das darf und muß ich sagen," schreibt er dort,<lb/>
daß ich mißhandelt, auf unverantwortliche Weise mißhandelt worden bin, weil<lb/>
ich gewissen Personen und Privatinteressen im Wege stand, und daß man<lb/>
nachher, gleichsam als Zugabe, mich öffentlich verunglimpfte, weil man aus<lb/>
Furcht, ich werde die gegen mich gespielten Intriguen in ihrer ganzen Nacktheit<lb/>
ein's Licht stellen, bei dem dentschen Publikum glaubte das Prävenire spielen<lb/>
zu müssen. Meine Gegner, zumeist mehr Getäuschte als Täuschende, kannten<lb/>
weder meine Sinnesart, noch meine Stellung, noch den Umfang meiner Mittel.<lb/>
Weit entfernt, das deutsche Publikum mit dergleichen elenden Privatstreitigkeiten<lb/>
behelligen zu wollen, war ich schon am Anfang dieser Intrigue zu dem festen<lb/>
Entschlüsse gekommen, alle öffentlichen und Privatverläumdungen stillschweigend<lb/>
über mich ergehen zu lassen, einmal um die gute Sache, welcher ich nun schou<lb/>
so viele Jahre meines Lebens und so bedeutende Summen meines sauren Er¬<lb/>
werbs zum Opfer gebracht, uicht in ein nachtheiliges Licht zu stellen, sodann<lb/>
um mir die zur Verfolgung meines Zieles erforderliche Geistesruhe nicht zu<lb/>
rauben, und endlich weil ich der getrosten Hoffnung war und es noch immer<lb/>
bin, daß mir am Ende doch in jeder Beziehung Gerechtigkeit werde zu Theil<lb/>
werden."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_338" next="#ID_339"> Wir sind am Schluß. Wir haben die ganze Leidensgeschichte erzählt,</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0123] Darauf ließ List seine Rede in einem Leipziger Blatte zum Abdruck bringen. Die Neider wurden nun natürlich erst recht gereizt, und es erschien im „Frank¬ furter Journal" ein Artikel aus Leipzig voll von plumpen und niederträchtigen Ausfüllen gegen List. Im wegwerfendsten Tone wird hier von seinen Be¬ strebungen gesprochen. Einem einzelnen von den künftigen Direktoren des Unternehmens werde es freilich nicht in den Sinn kommen, auf bloße Privat- auffvrderungen die Einleitungen zu treffen für andere Unternehmungen, welche dem begonnenen schwächend entgegentreten könnten; nur das Direktorium in seiner Gesammtheit werde darüber entscheiden und werde, wenn es nützlich, sich dieser Entscheidung nicht entziehen. Dein Gesammtwirken des Komites und nicht etwa einem encyclopädischen Wissen oder der Fassung schwankender Projekte sei der glückliche Fortgang des vaterländischen Unternehmens zu danken. List berichtigte den Artikel in ruhigem Tone und bemerkte, daß die Sache, die er zu fördern unternommen habe, ihm zu großartig sei, daß er ihr schon zu viele Opfer gebracht habe und des Beifalles der Besseren aller Stände und Meinungen zu gewiß sei, als daß er sich durch solche Verkleinerungen, die er übrigens vorausgesehen habe, in seinen Bestrebungen sollte stören lassen. Damit glaubte er den Angriffen die Spitze abgebrochen zu haben, allein sie kamen in neuer Form wieder und immer wieder. List ließ sie unberücksichtigt. Nur in der Vorrede zu seinem „nationalen System" hielt er den Gegnern noch einmal den Spiegel vor. „Nur das darf und muß ich sagen," schreibt er dort, daß ich mißhandelt, auf unverantwortliche Weise mißhandelt worden bin, weil ich gewissen Personen und Privatinteressen im Wege stand, und daß man nachher, gleichsam als Zugabe, mich öffentlich verunglimpfte, weil man aus Furcht, ich werde die gegen mich gespielten Intriguen in ihrer ganzen Nacktheit ein's Licht stellen, bei dem dentschen Publikum glaubte das Prävenire spielen zu müssen. Meine Gegner, zumeist mehr Getäuschte als Täuschende, kannten weder meine Sinnesart, noch meine Stellung, noch den Umfang meiner Mittel. Weit entfernt, das deutsche Publikum mit dergleichen elenden Privatstreitigkeiten behelligen zu wollen, war ich schon am Anfang dieser Intrigue zu dem festen Entschlüsse gekommen, alle öffentlichen und Privatverläumdungen stillschweigend über mich ergehen zu lassen, einmal um die gute Sache, welcher ich nun schou so viele Jahre meines Lebens und so bedeutende Summen meines sauren Er¬ werbs zum Opfer gebracht, uicht in ein nachtheiliges Licht zu stellen, sodann um mir die zur Verfolgung meines Zieles erforderliche Geistesruhe nicht zu rauben, und endlich weil ich der getrosten Hoffnung war und es noch immer bin, daß mir am Ende doch in jeder Beziehung Gerechtigkeit werde zu Theil werden." Wir sind am Schluß. Wir haben die ganze Leidensgeschichte erzählt,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/123
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/123>, abgerufen am 01.09.2024.