Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite

Bahn haben müssen, liegt am Tage, und es kommt jetzt nnr darauf an, daß
dieses Werk mit derselben Energie ausgeführt werde, womit die Subskription
zu Stande gekommen ist. Ich finde keine Worte, hochzuverehrende Herren,
Ihnen für die Unterstützung zu danken, die Sie diesem Werke haben zu Theil
werde" lassen, auf dessen Gelingen so viele Hoffnungen gestellt sind, und ins¬
besondere Ihnen, hochzuverehrende Herren vom Konnte, erstatte ich meinen ver¬
bindlichsten Dank für Ihre einsichtsvolle und kräftige Mitwirkung zu dem ge¬
meinsamen Zweck, mit der Versicherung, daß, wenn auch mein Verhältniß mir
nicht erlauben sollte, an der unmittelbaren Direktion der Details dieses Werks
thätigen Antheil zu nehmen, ich doch unter alleil Umständen und Verhältnissen
zum Gelingen desselben alles beitragen werde, was in meinen schwachen Kräf¬
ten liegt."

Hierauf theilte List noch mit, daß man einen Ingenieur zu gewinnen
Aussicht habe, der längere Zeit in Amerika gewesen und den Eisenbahnbau dort
kennen gelernt hatte. Hiervon sollte freilich die Versammlung nach dem Be¬
schlusse des Komites nichts erfahren! Es ist begreiflich, daß die Eitelkeit der
Komitemitglieder durch diese Rede tief verletzt war. Als der Redner stockte,
wurde es unruhig im Saale, der Vorsitzende Harkort unterbrach ihn und for¬
derte zur Kürze auf, und als List geendet, stürzten mehrere Mitglieder vom
Konnte zornentbrannt über ihn her. Olearius erklärte ihm ganz offen, einen
Erguß wie den von ihm verlesenen könne "jede Berliner Waschfrau" loslassen.
"Wir sollen nnr erfahren, daß Sie sich in Berlin für einen Abgeordneten des
hiesigen Komites ausgegeben haben," fuhr Dr. Crusius ihn an, "und Sie sollen
uns kennen lernen!" "Mein Herr Doktor," antwortete List, "denjenigen, der
Ihnen sagt, daß ich mich je dafür ausgegeben habe oder dafür ausgeben werde,
dürfen Sie jetzt und in Zukunft mit Zuversicht einen Lügner nennen," "Wir
haben noch nichts dergleichen gehört, ich sage aber nur -- wenn wir dergleichen
hören sollten!" war die Antwort von Crusius.

List beschwerte sich brieflich bei den drei genannten Herren über ihr Be¬
tragen gegen ihn. Olearius antwortete gar nicht. Crusius sagte, er sei von
zwei Aktionären, nach diesem Umstände ausdrücklich befragt worden, und wieder¬
holte die Vorwürfe in Betreff der Berufung Köhler's, die List übrigens aus
Privat-Korrespondenzen kannte, über die er folglich auch ohne besondere Er¬
laubniß sprechen konnte. Im Uebrigen meinte Crusius hochmüthig, die Sache
sei abgethan, da List ja gleich Abbitte geleistet habe. Harkort benutzte ebenfalls
den Fall Köhler zum Deckmantel und behauptete, List's Rede sei unangemessen
und nicht am Platze gewesen; er, Harkort, habe, indem er um Abkürzung gebeten,
nur dazu beitragen wollen, "das Publikum, das Konnte und List selbst aus
ewer peinlichen Stellung zu befreien".


Bahn haben müssen, liegt am Tage, und es kommt jetzt nnr darauf an, daß
dieses Werk mit derselben Energie ausgeführt werde, womit die Subskription
zu Stande gekommen ist. Ich finde keine Worte, hochzuverehrende Herren,
Ihnen für die Unterstützung zu danken, die Sie diesem Werke haben zu Theil
werde» lassen, auf dessen Gelingen so viele Hoffnungen gestellt sind, und ins¬
besondere Ihnen, hochzuverehrende Herren vom Konnte, erstatte ich meinen ver¬
bindlichsten Dank für Ihre einsichtsvolle und kräftige Mitwirkung zu dem ge¬
meinsamen Zweck, mit der Versicherung, daß, wenn auch mein Verhältniß mir
nicht erlauben sollte, an der unmittelbaren Direktion der Details dieses Werks
thätigen Antheil zu nehmen, ich doch unter alleil Umständen und Verhältnissen
zum Gelingen desselben alles beitragen werde, was in meinen schwachen Kräf¬
ten liegt."

Hierauf theilte List noch mit, daß man einen Ingenieur zu gewinnen
Aussicht habe, der längere Zeit in Amerika gewesen und den Eisenbahnbau dort
kennen gelernt hatte. Hiervon sollte freilich die Versammlung nach dem Be¬
schlusse des Komites nichts erfahren! Es ist begreiflich, daß die Eitelkeit der
Komitemitglieder durch diese Rede tief verletzt war. Als der Redner stockte,
wurde es unruhig im Saale, der Vorsitzende Harkort unterbrach ihn und for¬
derte zur Kürze auf, und als List geendet, stürzten mehrere Mitglieder vom
Konnte zornentbrannt über ihn her. Olearius erklärte ihm ganz offen, einen
Erguß wie den von ihm verlesenen könne „jede Berliner Waschfrau" loslassen.
„Wir sollen nnr erfahren, daß Sie sich in Berlin für einen Abgeordneten des
hiesigen Komites ausgegeben haben," fuhr Dr. Crusius ihn an, „und Sie sollen
uns kennen lernen!" „Mein Herr Doktor," antwortete List, „denjenigen, der
Ihnen sagt, daß ich mich je dafür ausgegeben habe oder dafür ausgeben werde,
dürfen Sie jetzt und in Zukunft mit Zuversicht einen Lügner nennen," „Wir
haben noch nichts dergleichen gehört, ich sage aber nur — wenn wir dergleichen
hören sollten!" war die Antwort von Crusius.

List beschwerte sich brieflich bei den drei genannten Herren über ihr Be¬
tragen gegen ihn. Olearius antwortete gar nicht. Crusius sagte, er sei von
zwei Aktionären, nach diesem Umstände ausdrücklich befragt worden, und wieder¬
holte die Vorwürfe in Betreff der Berufung Köhler's, die List übrigens aus
Privat-Korrespondenzen kannte, über die er folglich auch ohne besondere Er¬
laubniß sprechen konnte. Im Uebrigen meinte Crusius hochmüthig, die Sache
sei abgethan, da List ja gleich Abbitte geleistet habe. Harkort benutzte ebenfalls
den Fall Köhler zum Deckmantel und behauptete, List's Rede sei unangemessen
und nicht am Platze gewesen; er, Harkort, habe, indem er um Abkürzung gebeten,
nur dazu beitragen wollen, „das Publikum, das Konnte und List selbst aus
ewer peinlichen Stellung zu befreien".


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0122" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/142619"/>
          <p xml:id="ID_334" prev="#ID_333"> Bahn haben müssen, liegt am Tage, und es kommt jetzt nnr darauf an, daß<lb/>
dieses Werk mit derselben Energie ausgeführt werde, womit die Subskription<lb/>
zu Stande gekommen ist. Ich finde keine Worte, hochzuverehrende Herren,<lb/>
Ihnen für die Unterstützung zu danken, die Sie diesem Werke haben zu Theil<lb/>
werde» lassen, auf dessen Gelingen so viele Hoffnungen gestellt sind, und ins¬<lb/>
besondere Ihnen, hochzuverehrende Herren vom Konnte, erstatte ich meinen ver¬<lb/>
bindlichsten Dank für Ihre einsichtsvolle und kräftige Mitwirkung zu dem ge¬<lb/>
meinsamen Zweck, mit der Versicherung, daß, wenn auch mein Verhältniß mir<lb/>
nicht erlauben sollte, an der unmittelbaren Direktion der Details dieses Werks<lb/>
thätigen Antheil zu nehmen, ich doch unter alleil Umständen und Verhältnissen<lb/>
zum Gelingen desselben alles beitragen werde, was in meinen schwachen Kräf¬<lb/>
ten liegt."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_335"> Hierauf theilte List noch mit, daß man einen Ingenieur zu gewinnen<lb/>
Aussicht habe, der längere Zeit in Amerika gewesen und den Eisenbahnbau dort<lb/>
kennen gelernt hatte. Hiervon sollte freilich die Versammlung nach dem Be¬<lb/>
schlusse des Komites nichts erfahren! Es ist begreiflich, daß die Eitelkeit der<lb/>
Komitemitglieder durch diese Rede tief verletzt war. Als der Redner stockte,<lb/>
wurde es unruhig im Saale, der Vorsitzende Harkort unterbrach ihn und for¬<lb/>
derte zur Kürze auf, und als List geendet, stürzten mehrere Mitglieder vom<lb/>
Konnte zornentbrannt über ihn her. Olearius erklärte ihm ganz offen, einen<lb/>
Erguß wie den von ihm verlesenen könne &#x201E;jede Berliner Waschfrau" loslassen.<lb/>
&#x201E;Wir sollen nnr erfahren, daß Sie sich in Berlin für einen Abgeordneten des<lb/>
hiesigen Komites ausgegeben haben," fuhr Dr. Crusius ihn an, &#x201E;und Sie sollen<lb/>
uns kennen lernen!" &#x201E;Mein Herr Doktor," antwortete List, &#x201E;denjenigen, der<lb/>
Ihnen sagt, daß ich mich je dafür ausgegeben habe oder dafür ausgeben werde,<lb/>
dürfen Sie jetzt und in Zukunft mit Zuversicht einen Lügner nennen," &#x201E;Wir<lb/>
haben noch nichts dergleichen gehört, ich sage aber nur &#x2014; wenn wir dergleichen<lb/>
hören sollten!" war die Antwort von Crusius.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_336"> List beschwerte sich brieflich bei den drei genannten Herren über ihr Be¬<lb/>
tragen gegen ihn. Olearius antwortete gar nicht. Crusius sagte, er sei von<lb/>
zwei Aktionären, nach diesem Umstände ausdrücklich befragt worden, und wieder¬<lb/>
holte die Vorwürfe in Betreff der Berufung Köhler's, die List übrigens aus<lb/>
Privat-Korrespondenzen kannte, über die er folglich auch ohne besondere Er¬<lb/>
laubniß sprechen konnte. Im Uebrigen meinte Crusius hochmüthig, die Sache<lb/>
sei abgethan, da List ja gleich Abbitte geleistet habe. Harkort benutzte ebenfalls<lb/>
den Fall Köhler zum Deckmantel und behauptete, List's Rede sei unangemessen<lb/>
und nicht am Platze gewesen; er, Harkort, habe, indem er um Abkürzung gebeten,<lb/>
nur dazu beitragen wollen, &#x201E;das Publikum, das Konnte und List selbst aus<lb/>
ewer peinlichen Stellung zu befreien".</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0122] Bahn haben müssen, liegt am Tage, und es kommt jetzt nnr darauf an, daß dieses Werk mit derselben Energie ausgeführt werde, womit die Subskription zu Stande gekommen ist. Ich finde keine Worte, hochzuverehrende Herren, Ihnen für die Unterstützung zu danken, die Sie diesem Werke haben zu Theil werde» lassen, auf dessen Gelingen so viele Hoffnungen gestellt sind, und ins¬ besondere Ihnen, hochzuverehrende Herren vom Konnte, erstatte ich meinen ver¬ bindlichsten Dank für Ihre einsichtsvolle und kräftige Mitwirkung zu dem ge¬ meinsamen Zweck, mit der Versicherung, daß, wenn auch mein Verhältniß mir nicht erlauben sollte, an der unmittelbaren Direktion der Details dieses Werks thätigen Antheil zu nehmen, ich doch unter alleil Umständen und Verhältnissen zum Gelingen desselben alles beitragen werde, was in meinen schwachen Kräf¬ ten liegt." Hierauf theilte List noch mit, daß man einen Ingenieur zu gewinnen Aussicht habe, der längere Zeit in Amerika gewesen und den Eisenbahnbau dort kennen gelernt hatte. Hiervon sollte freilich die Versammlung nach dem Be¬ schlusse des Komites nichts erfahren! Es ist begreiflich, daß die Eitelkeit der Komitemitglieder durch diese Rede tief verletzt war. Als der Redner stockte, wurde es unruhig im Saale, der Vorsitzende Harkort unterbrach ihn und for¬ derte zur Kürze auf, und als List geendet, stürzten mehrere Mitglieder vom Konnte zornentbrannt über ihn her. Olearius erklärte ihm ganz offen, einen Erguß wie den von ihm verlesenen könne „jede Berliner Waschfrau" loslassen. „Wir sollen nnr erfahren, daß Sie sich in Berlin für einen Abgeordneten des hiesigen Komites ausgegeben haben," fuhr Dr. Crusius ihn an, „und Sie sollen uns kennen lernen!" „Mein Herr Doktor," antwortete List, „denjenigen, der Ihnen sagt, daß ich mich je dafür ausgegeben habe oder dafür ausgeben werde, dürfen Sie jetzt und in Zukunft mit Zuversicht einen Lügner nennen," „Wir haben noch nichts dergleichen gehört, ich sage aber nur — wenn wir dergleichen hören sollten!" war die Antwort von Crusius. List beschwerte sich brieflich bei den drei genannten Herren über ihr Be¬ tragen gegen ihn. Olearius antwortete gar nicht. Crusius sagte, er sei von zwei Aktionären, nach diesem Umstände ausdrücklich befragt worden, und wieder¬ holte die Vorwürfe in Betreff der Berufung Köhler's, die List übrigens aus Privat-Korrespondenzen kannte, über die er folglich auch ohne besondere Er¬ laubniß sprechen konnte. Im Uebrigen meinte Crusius hochmüthig, die Sache sei abgethan, da List ja gleich Abbitte geleistet habe. Harkort benutzte ebenfalls den Fall Köhler zum Deckmantel und behauptete, List's Rede sei unangemessen und nicht am Platze gewesen; er, Harkort, habe, indem er um Abkürzung gebeten, nur dazu beitragen wollen, „das Publikum, das Konnte und List selbst aus ewer peinlichen Stellung zu befreien".

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/122
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/122>, abgerufen am 01.09.2024.