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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

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internationalen Gerichten als berechtigt anerkannt worden waren, er that dies
lediglich, um von Rothschilds den Rest der 8^ Millionen Pfund Sterling zu
erhalten, die unter dem englischen Finanz-Kontroleur Nivers Wilson zur Til¬
gung der schwebenden Schuld geborgt worden, er machte sich aber mit keinem
Worte zu irgendwelchen anderen Reformen in der Finanzverwaltung anheischig,
und selbst mit solchen wäre ihm nicht zu trauen gewesen.

So reifte der Entschluß, von der Pforte seine Absetzung zu fordern. Wie
das gekommen, ist noch nicht ganz klar, gewiß scheint nnr, daß England ungern
daran gegangen ist. Nach der einen Version hätte Frankreich gleich nach dem
Staatsstreiche die Beseitigung Ismail's verlangen wollen, sei aber von England
davon abgehalten worden und habe dann, ohne England vorgehend, sein Verlangen
wiederholt, um den bloßen Protest Deutschland's gewissermaßen zu übertrumpfen.
Dagegen sagt der "Observer", andeutend, daß er ans guter Quelle schöpfe,
daß Vivian, der englische Generalkonsul in Aegypten, schon vor einiger Zeit
auf Empfehlung seiner Regierung dem Vizekönig, nicht offiziell, gerathen habe,
zu Gunsten seines Sohnes abzudanken. Zufällig "oder in andrer Weise" sei
bald darauf derselbe Rath von den Vertretern Deutschland's und Oesterreich's
in Kairo ertheilt worden, und daraus hätten Frankreich und England sich mit¬
einander verständigt, Ismail den Schritt gleichfalls und zwar jetzt offiziell zu
empfehlen, und ihre Generalkonsuln angewiesen, dies zu thun. Der Chediw
schien nach den ersten Nachrichten vom Ende seiner Herrschaft nach kurzem
Bedenken darauf eingegangen zu sein. Nach dem letzten Telegramm aber kann
das nicht der Fall gewesen sein; denn dieses spricht klar und ausdrücklich aus,
daß er vom Sultan abgesetzt worden ist.

Doch dies sind Nebensachen. Das Wesentliche für uns ist, daß die Initia¬
tive zu entschiedenem Vorgehen in dieser Angelegenheit vom deutschen Reichs¬
G>> kanzler ausgegangen ist.




Me
Leipzig-Aresdner Lisenbahn, ein Werk Iriedrich Ast's.

Als vor drei Jahren die Leipzig-Dresdner Eisenbahn in den Besitz des
sächsischen Staates überging, und die letzte Generalversammlung der Aktionäre
(29. März 1876) eine zehnprozentige Rente dafür in Empfang nahm, da mochte
angesichts des guten Geschäfts die Kompagnie sich doch "richt auflösen, ohne


internationalen Gerichten als berechtigt anerkannt worden waren, er that dies
lediglich, um von Rothschilds den Rest der 8^ Millionen Pfund Sterling zu
erhalten, die unter dem englischen Finanz-Kontroleur Nivers Wilson zur Til¬
gung der schwebenden Schuld geborgt worden, er machte sich aber mit keinem
Worte zu irgendwelchen anderen Reformen in der Finanzverwaltung anheischig,
und selbst mit solchen wäre ihm nicht zu trauen gewesen.

So reifte der Entschluß, von der Pforte seine Absetzung zu fordern. Wie
das gekommen, ist noch nicht ganz klar, gewiß scheint nnr, daß England ungern
daran gegangen ist. Nach der einen Version hätte Frankreich gleich nach dem
Staatsstreiche die Beseitigung Ismail's verlangen wollen, sei aber von England
davon abgehalten worden und habe dann, ohne England vorgehend, sein Verlangen
wiederholt, um den bloßen Protest Deutschland's gewissermaßen zu übertrumpfen.
Dagegen sagt der „Observer", andeutend, daß er ans guter Quelle schöpfe,
daß Vivian, der englische Generalkonsul in Aegypten, schon vor einiger Zeit
auf Empfehlung seiner Regierung dem Vizekönig, nicht offiziell, gerathen habe,
zu Gunsten seines Sohnes abzudanken. Zufällig „oder in andrer Weise" sei
bald darauf derselbe Rath von den Vertretern Deutschland's und Oesterreich's
in Kairo ertheilt worden, und daraus hätten Frankreich und England sich mit¬
einander verständigt, Ismail den Schritt gleichfalls und zwar jetzt offiziell zu
empfehlen, und ihre Generalkonsuln angewiesen, dies zu thun. Der Chediw
schien nach den ersten Nachrichten vom Ende seiner Herrschaft nach kurzem
Bedenken darauf eingegangen zu sein. Nach dem letzten Telegramm aber kann
das nicht der Fall gewesen sein; denn dieses spricht klar und ausdrücklich aus,
daß er vom Sultan abgesetzt worden ist.

Doch dies sind Nebensachen. Das Wesentliche für uns ist, daß die Initia¬
tive zu entschiedenem Vorgehen in dieser Angelegenheit vom deutschen Reichs¬
G>> kanzler ausgegangen ist.




Me
Leipzig-Aresdner Lisenbahn, ein Werk Iriedrich Ast's.

Als vor drei Jahren die Leipzig-Dresdner Eisenbahn in den Besitz des
sächsischen Staates überging, und die letzte Generalversammlung der Aktionäre
(29. März 1876) eine zehnprozentige Rente dafür in Empfang nahm, da mochte
angesichts des guten Geschäfts die Kompagnie sich doch «richt auflösen, ohne


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[0012] internationalen Gerichten als berechtigt anerkannt worden waren, er that dies lediglich, um von Rothschilds den Rest der 8^ Millionen Pfund Sterling zu erhalten, die unter dem englischen Finanz-Kontroleur Nivers Wilson zur Til¬ gung der schwebenden Schuld geborgt worden, er machte sich aber mit keinem Worte zu irgendwelchen anderen Reformen in der Finanzverwaltung anheischig, und selbst mit solchen wäre ihm nicht zu trauen gewesen. So reifte der Entschluß, von der Pforte seine Absetzung zu fordern. Wie das gekommen, ist noch nicht ganz klar, gewiß scheint nnr, daß England ungern daran gegangen ist. Nach der einen Version hätte Frankreich gleich nach dem Staatsstreiche die Beseitigung Ismail's verlangen wollen, sei aber von England davon abgehalten worden und habe dann, ohne England vorgehend, sein Verlangen wiederholt, um den bloßen Protest Deutschland's gewissermaßen zu übertrumpfen. Dagegen sagt der „Observer", andeutend, daß er ans guter Quelle schöpfe, daß Vivian, der englische Generalkonsul in Aegypten, schon vor einiger Zeit auf Empfehlung seiner Regierung dem Vizekönig, nicht offiziell, gerathen habe, zu Gunsten seines Sohnes abzudanken. Zufällig „oder in andrer Weise" sei bald darauf derselbe Rath von den Vertretern Deutschland's und Oesterreich's in Kairo ertheilt worden, und daraus hätten Frankreich und England sich mit¬ einander verständigt, Ismail den Schritt gleichfalls und zwar jetzt offiziell zu empfehlen, und ihre Generalkonsuln angewiesen, dies zu thun. Der Chediw schien nach den ersten Nachrichten vom Ende seiner Herrschaft nach kurzem Bedenken darauf eingegangen zu sein. Nach dem letzten Telegramm aber kann das nicht der Fall gewesen sein; denn dieses spricht klar und ausdrücklich aus, daß er vom Sultan abgesetzt worden ist. Doch dies sind Nebensachen. Das Wesentliche für uns ist, daß die Initia¬ tive zu entschiedenem Vorgehen in dieser Angelegenheit vom deutschen Reichs¬ G>> kanzler ausgegangen ist. Me Leipzig-Aresdner Lisenbahn, ein Werk Iriedrich Ast's. Als vor drei Jahren die Leipzig-Dresdner Eisenbahn in den Besitz des sächsischen Staates überging, und die letzte Generalversammlung der Aktionäre (29. März 1876) eine zehnprozentige Rente dafür in Empfang nahm, da mochte angesichts des guten Geschäfts die Kompagnie sich doch «richt auflösen, ohne

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/12>, abgerufen am 27.11.2024.