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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

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muthig alle persönlichen Rücksichten hintansetzte und als außerordentliches Mit¬
glied in das Vorbereitungskomite eintrat, wurden ihm diese Versprechungen
wiederholt, und auch in der Folgezeit ließ er sie durch Tenner, den spätern
Bevollmächtigten der Kompagnie, im Konnte wieder zur Sprache bringen, als
sich die Anzeichen mehrten, daß man in Eisenbahndingen nun bald hinreichend
von ihm unterrichtet sei, um die Sache allenfalls auch ohne seine Hilfe weiter¬
führen zu können.

Wie jedoch das Konnte diese seine eingegangenen Verpflichtungen verstand
und zu lösen gesonnen war, davon bekam List gleich bei der Aktienzeichnung
einen Vorgeschmack. Am ersten Tage der Zeichnung war vom Konnte der Be¬
schluß gefaßt worden, 2000 Aktien unter der Verantwortlichkeit der Komitemit-
glieder für die königliche Familie zurückzubehalten, dergestalt, daß die Mitglieder
diejenigen Aktien, welche die königliche Familie zurückschicken würde, unter sich
vertheilen sollten. Da die Aktien damals noch keinen Kours hatten, auch die
Zeichnung noch nicht beendet war, so konnte diese Bestimmung keineswegs als
ein Benefiz gelten, welches etwa die Mitglieder des Komites sich vorbehalten,
sondern vielmehr als eine Verpflichtung, die ebensogut Gewinn als Verlust, ja
empfindlichen Verlust zur Folge haben konnte. Allgemein nahm man an, daß
von den 2000 Aktien ein bedeutender Theil von Dresden zurückkommen werde,
und in der Voraussetzung, daß auch er seinen Antheil davon zu übernehmen
haben werde, und um eventuell nicht über seine Kräfte in Anspruch genommen
zu werden, hatte List vorläufig nur eine geringe Anzahl von Aktien gezeichnet.
Mehrere Mitglieder des Komites -- unter anderen Preußer -- wußten um diese
Sachlage; List hatte ihnen Mittheilung davon gemacht, und sie bestärkten ihn
in der Annahme, daß er von jenen Aktien sein Theil bekommen werde. In
der That, die Mehrzahl der Aktien kam von Dresden zurück. List befand sich
gerade in Berlin, als er von der Rücksendung Kunde erhielt, versäumte aber
nicht, das Konnte mit Hinweis auf den Grund feiner geringen Subskription
sofort zu ersuchen, ihm seinen Antheil an den zurückgekommenen Aktien zuzu¬
schreiben- Aber der Wunsch List's fand keine Berücksichtigung bei den übrigen
Komitcmitgliedern, die ihrerseits vorsichtig genug gewesen waren, von vornherein
so viele Aktien zu zeichnen, als sie überhaupt zu übernehmen die Absicht gehabt
hatten. Großartig faßten sie vielmehr in List's Abwesenheit den Beschluß,
einen Theil der Aktien an die Städte Leipzig und Dresden und an Personen,
die sich um das Unternehmen Verdienste erworben hätten -- zu denen sie also
List nicht zählten! -- zum Parikonrse abzutreten und den Rest zum Vortheil
der Kompagnie an der Börse zum Tageskourse zu verkaufen.

Wer begreift heute diese Handlungsweise! List wollte für einen Theil der
zurückkehrenden Aktien eintreten, gleichviel ob ihm Schaden oder Vortheil daraus


muthig alle persönlichen Rücksichten hintansetzte und als außerordentliches Mit¬
glied in das Vorbereitungskomite eintrat, wurden ihm diese Versprechungen
wiederholt, und auch in der Folgezeit ließ er sie durch Tenner, den spätern
Bevollmächtigten der Kompagnie, im Konnte wieder zur Sprache bringen, als
sich die Anzeichen mehrten, daß man in Eisenbahndingen nun bald hinreichend
von ihm unterrichtet sei, um die Sache allenfalls auch ohne seine Hilfe weiter¬
führen zu können.

Wie jedoch das Konnte diese seine eingegangenen Verpflichtungen verstand
und zu lösen gesonnen war, davon bekam List gleich bei der Aktienzeichnung
einen Vorgeschmack. Am ersten Tage der Zeichnung war vom Konnte der Be¬
schluß gefaßt worden, 2000 Aktien unter der Verantwortlichkeit der Komitemit-
glieder für die königliche Familie zurückzubehalten, dergestalt, daß die Mitglieder
diejenigen Aktien, welche die königliche Familie zurückschicken würde, unter sich
vertheilen sollten. Da die Aktien damals noch keinen Kours hatten, auch die
Zeichnung noch nicht beendet war, so konnte diese Bestimmung keineswegs als
ein Benefiz gelten, welches etwa die Mitglieder des Komites sich vorbehalten,
sondern vielmehr als eine Verpflichtung, die ebensogut Gewinn als Verlust, ja
empfindlichen Verlust zur Folge haben konnte. Allgemein nahm man an, daß
von den 2000 Aktien ein bedeutender Theil von Dresden zurückkommen werde,
und in der Voraussetzung, daß auch er seinen Antheil davon zu übernehmen
haben werde, und um eventuell nicht über seine Kräfte in Anspruch genommen
zu werden, hatte List vorläufig nur eine geringe Anzahl von Aktien gezeichnet.
Mehrere Mitglieder des Komites — unter anderen Preußer — wußten um diese
Sachlage; List hatte ihnen Mittheilung davon gemacht, und sie bestärkten ihn
in der Annahme, daß er von jenen Aktien sein Theil bekommen werde. In
der That, die Mehrzahl der Aktien kam von Dresden zurück. List befand sich
gerade in Berlin, als er von der Rücksendung Kunde erhielt, versäumte aber
nicht, das Konnte mit Hinweis auf den Grund feiner geringen Subskription
sofort zu ersuchen, ihm seinen Antheil an den zurückgekommenen Aktien zuzu¬
schreiben- Aber der Wunsch List's fand keine Berücksichtigung bei den übrigen
Komitcmitgliedern, die ihrerseits vorsichtig genug gewesen waren, von vornherein
so viele Aktien zu zeichnen, als sie überhaupt zu übernehmen die Absicht gehabt
hatten. Großartig faßten sie vielmehr in List's Abwesenheit den Beschluß,
einen Theil der Aktien an die Städte Leipzig und Dresden und an Personen,
die sich um das Unternehmen Verdienste erworben hätten — zu denen sie also
List nicht zählten! — zum Parikonrse abzutreten und den Rest zum Vortheil
der Kompagnie an der Börse zum Tageskourse zu verkaufen.

Wer begreift heute diese Handlungsweise! List wollte für einen Theil der
zurückkehrenden Aktien eintreten, gleichviel ob ihm Schaden oder Vortheil daraus


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[0106] muthig alle persönlichen Rücksichten hintansetzte und als außerordentliches Mit¬ glied in das Vorbereitungskomite eintrat, wurden ihm diese Versprechungen wiederholt, und auch in der Folgezeit ließ er sie durch Tenner, den spätern Bevollmächtigten der Kompagnie, im Konnte wieder zur Sprache bringen, als sich die Anzeichen mehrten, daß man in Eisenbahndingen nun bald hinreichend von ihm unterrichtet sei, um die Sache allenfalls auch ohne seine Hilfe weiter¬ führen zu können. Wie jedoch das Konnte diese seine eingegangenen Verpflichtungen verstand und zu lösen gesonnen war, davon bekam List gleich bei der Aktienzeichnung einen Vorgeschmack. Am ersten Tage der Zeichnung war vom Konnte der Be¬ schluß gefaßt worden, 2000 Aktien unter der Verantwortlichkeit der Komitemit- glieder für die königliche Familie zurückzubehalten, dergestalt, daß die Mitglieder diejenigen Aktien, welche die königliche Familie zurückschicken würde, unter sich vertheilen sollten. Da die Aktien damals noch keinen Kours hatten, auch die Zeichnung noch nicht beendet war, so konnte diese Bestimmung keineswegs als ein Benefiz gelten, welches etwa die Mitglieder des Komites sich vorbehalten, sondern vielmehr als eine Verpflichtung, die ebensogut Gewinn als Verlust, ja empfindlichen Verlust zur Folge haben konnte. Allgemein nahm man an, daß von den 2000 Aktien ein bedeutender Theil von Dresden zurückkommen werde, und in der Voraussetzung, daß auch er seinen Antheil davon zu übernehmen haben werde, und um eventuell nicht über seine Kräfte in Anspruch genommen zu werden, hatte List vorläufig nur eine geringe Anzahl von Aktien gezeichnet. Mehrere Mitglieder des Komites — unter anderen Preußer — wußten um diese Sachlage; List hatte ihnen Mittheilung davon gemacht, und sie bestärkten ihn in der Annahme, daß er von jenen Aktien sein Theil bekommen werde. In der That, die Mehrzahl der Aktien kam von Dresden zurück. List befand sich gerade in Berlin, als er von der Rücksendung Kunde erhielt, versäumte aber nicht, das Konnte mit Hinweis auf den Grund feiner geringen Subskription sofort zu ersuchen, ihm seinen Antheil an den zurückgekommenen Aktien zuzu¬ schreiben- Aber der Wunsch List's fand keine Berücksichtigung bei den übrigen Komitcmitgliedern, die ihrerseits vorsichtig genug gewesen waren, von vornherein so viele Aktien zu zeichnen, als sie überhaupt zu übernehmen die Absicht gehabt hatten. Großartig faßten sie vielmehr in List's Abwesenheit den Beschluß, einen Theil der Aktien an die Städte Leipzig und Dresden und an Personen, die sich um das Unternehmen Verdienste erworben hätten — zu denen sie also List nicht zählten! — zum Parikonrse abzutreten und den Rest zum Vortheil der Kompagnie an der Börse zum Tageskourse zu verkaufen. Wer begreift heute diese Handlungsweise! List wollte für einen Theil der zurückkehrenden Aktien eintreten, gleichviel ob ihm Schaden oder Vortheil daraus

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/106>, abgerufen am 27.11.2024.