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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal.

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keine Einwendungen erhuben, einer Umgestaltung unterzogen habe, und forderte
deshalb die Versammlung auf, in die Berathung über diese Punkte nicht ein¬
zutreten. Als aber die überwiegende Mehrheit dies als eine Beeinträchtigung
ihres Berathungsrechtes zurückwies, vertagte der Obergespan die Generalver¬
sammlung auf 14 Tage, mit der Erklärung, sie habe ihre Befugniß über¬
schritten (18. September), sandte aber wenigstens die umgearbeiteten Statuten
sammt der Vorstellung der Kommission dem Minister ein.

Der Erfolg war vorauszusehen. In seinem Erlaß vom 5. Oktober be¬
zeichnete Tisza die Eingabe als eine "in mehrfacher Hinsicht strenge zu rügende
und zu unstatthaften Ausbrüchen führende Auslassung" und hielt im Uebrigen
seine früheren Forderungen im vollsten Umfange aufrecht, auch die Anordnung
über die Entschädigung des Obergespaus. Ja er versuchte die Stellung des¬
selben als Chef der Universitätsverwaltung zu rechtfertigen mit der wunder¬
baren Motivirung, das Gesetz von 1876 hebe nur das sächsische Komitatamt, nicht
aber auch die Stelle des sächsischen Komes auf, welche mit der Stelle des
Hermannstädter Obergespans verbunden wäre. Als ob nicht Z. 2 dieses Ge¬
setzes in den unzweideutigsten Worten die Abschaffung des sächsischen Komes-
amtes ausgesprochen und lediglich den Titel belassen hätte, "aus historischer
Pietät", wie es in den Motiven der Regierung hieß, und wie es der Minister
selbst in der Spezialdebatte über das Gesetz betont hatte!*) Endlich verwarf
die Verordnung noch die neuen Bestimmungen über die Anstellung und die
Amtsdauer der Beamten, indem sie auf den anfänglichen Entwurf zurückging.
Zum Schluß forderte der Minister die sächsische Nationsnniversität ernstlich
auf, "wegen Geltendmachung der in Frage stehenden Organisationsentwürfe
gemäß den gemachten Bemerkungen Anstalt zu treffen und über deren Vollzug
unverzüglich Bericht zu erstatten" (5. Oktober).

Hielt aber der Minister an seinen Anschauungen fest, so setzten ihm die
Sachsen, weit entfernt, sich zu fügen, auch jetzt noch zähesten Widerstand ent¬
gegen. Als am 16. Oktober zum dritten Male nach der Vertagung die
Generalversammlung eröffnet worden war, beauftragte sie wiederum die
Siebenerkommission mit dem EntWurfe einer neuen Erklärung. Sie führte
aus: gemäß dem Gesetze gebühre der Regierung der Universität gegenüber
durchaus nur das Oberaufstchtsrecht; dies aber schließe zwar die Befugniß zu
einem Veto gegen Beschlüsse derselben in sich, jedoch nicht das Recht zu



*) Damals äußerte Herr Tisza wörtlich: "Das, was mit den unbedingt nöthigen
Vcrwaltungsrücksichten nicht vereinbarlich ist, das Amt des sächsischen Gespans (soll
heißen: Grafen), darüber ist ausgesprochen, daß es aufgehoben wird; dagegen
sehe ich nicht ein, warum wir anch einen Titel aufheben sollten, an welchen sich geschicht¬
liche Reminiszenzen knüpfen, die jedoch auch künftighin nur Reminiszenzen sein werden."

keine Einwendungen erhuben, einer Umgestaltung unterzogen habe, und forderte
deshalb die Versammlung auf, in die Berathung über diese Punkte nicht ein¬
zutreten. Als aber die überwiegende Mehrheit dies als eine Beeinträchtigung
ihres Berathungsrechtes zurückwies, vertagte der Obergespan die Generalver¬
sammlung auf 14 Tage, mit der Erklärung, sie habe ihre Befugniß über¬
schritten (18. September), sandte aber wenigstens die umgearbeiteten Statuten
sammt der Vorstellung der Kommission dem Minister ein.

Der Erfolg war vorauszusehen. In seinem Erlaß vom 5. Oktober be¬
zeichnete Tisza die Eingabe als eine „in mehrfacher Hinsicht strenge zu rügende
und zu unstatthaften Ausbrüchen führende Auslassung" und hielt im Uebrigen
seine früheren Forderungen im vollsten Umfange aufrecht, auch die Anordnung
über die Entschädigung des Obergespaus. Ja er versuchte die Stellung des¬
selben als Chef der Universitätsverwaltung zu rechtfertigen mit der wunder¬
baren Motivirung, das Gesetz von 1876 hebe nur das sächsische Komitatamt, nicht
aber auch die Stelle des sächsischen Komes auf, welche mit der Stelle des
Hermannstädter Obergespans verbunden wäre. Als ob nicht Z. 2 dieses Ge¬
setzes in den unzweideutigsten Worten die Abschaffung des sächsischen Komes-
amtes ausgesprochen und lediglich den Titel belassen hätte, „aus historischer
Pietät", wie es in den Motiven der Regierung hieß, und wie es der Minister
selbst in der Spezialdebatte über das Gesetz betont hatte!*) Endlich verwarf
die Verordnung noch die neuen Bestimmungen über die Anstellung und die
Amtsdauer der Beamten, indem sie auf den anfänglichen Entwurf zurückging.
Zum Schluß forderte der Minister die sächsische Nationsnniversität ernstlich
auf, „wegen Geltendmachung der in Frage stehenden Organisationsentwürfe
gemäß den gemachten Bemerkungen Anstalt zu treffen und über deren Vollzug
unverzüglich Bericht zu erstatten" (5. Oktober).

Hielt aber der Minister an seinen Anschauungen fest, so setzten ihm die
Sachsen, weit entfernt, sich zu fügen, auch jetzt noch zähesten Widerstand ent¬
gegen. Als am 16. Oktober zum dritten Male nach der Vertagung die
Generalversammlung eröffnet worden war, beauftragte sie wiederum die
Siebenerkommission mit dem EntWurfe einer neuen Erklärung. Sie führte
aus: gemäß dem Gesetze gebühre der Regierung der Universität gegenüber
durchaus nur das Oberaufstchtsrecht; dies aber schließe zwar die Befugniß zu
einem Veto gegen Beschlüsse derselben in sich, jedoch nicht das Recht zu



*) Damals äußerte Herr Tisza wörtlich: „Das, was mit den unbedingt nöthigen
Vcrwaltungsrücksichten nicht vereinbarlich ist, das Amt des sächsischen Gespans (soll
heißen: Grafen), darüber ist ausgesprochen, daß es aufgehoben wird; dagegen
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liche Reminiszenzen knüpfen, die jedoch auch künftighin nur Reminiszenzen sein werden."
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[0418] keine Einwendungen erhuben, einer Umgestaltung unterzogen habe, und forderte deshalb die Versammlung auf, in die Berathung über diese Punkte nicht ein¬ zutreten. Als aber die überwiegende Mehrheit dies als eine Beeinträchtigung ihres Berathungsrechtes zurückwies, vertagte der Obergespan die Generalver¬ sammlung auf 14 Tage, mit der Erklärung, sie habe ihre Befugniß über¬ schritten (18. September), sandte aber wenigstens die umgearbeiteten Statuten sammt der Vorstellung der Kommission dem Minister ein. Der Erfolg war vorauszusehen. In seinem Erlaß vom 5. Oktober be¬ zeichnete Tisza die Eingabe als eine „in mehrfacher Hinsicht strenge zu rügende und zu unstatthaften Ausbrüchen führende Auslassung" und hielt im Uebrigen seine früheren Forderungen im vollsten Umfange aufrecht, auch die Anordnung über die Entschädigung des Obergespaus. Ja er versuchte die Stellung des¬ selben als Chef der Universitätsverwaltung zu rechtfertigen mit der wunder¬ baren Motivirung, das Gesetz von 1876 hebe nur das sächsische Komitatamt, nicht aber auch die Stelle des sächsischen Komes auf, welche mit der Stelle des Hermannstädter Obergespans verbunden wäre. Als ob nicht Z. 2 dieses Ge¬ setzes in den unzweideutigsten Worten die Abschaffung des sächsischen Komes- amtes ausgesprochen und lediglich den Titel belassen hätte, „aus historischer Pietät", wie es in den Motiven der Regierung hieß, und wie es der Minister selbst in der Spezialdebatte über das Gesetz betont hatte!*) Endlich verwarf die Verordnung noch die neuen Bestimmungen über die Anstellung und die Amtsdauer der Beamten, indem sie auf den anfänglichen Entwurf zurückging. Zum Schluß forderte der Minister die sächsische Nationsnniversität ernstlich auf, „wegen Geltendmachung der in Frage stehenden Organisationsentwürfe gemäß den gemachten Bemerkungen Anstalt zu treffen und über deren Vollzug unverzüglich Bericht zu erstatten" (5. Oktober). Hielt aber der Minister an seinen Anschauungen fest, so setzten ihm die Sachsen, weit entfernt, sich zu fügen, auch jetzt noch zähesten Widerstand ent¬ gegen. Als am 16. Oktober zum dritten Male nach der Vertagung die Generalversammlung eröffnet worden war, beauftragte sie wiederum die Siebenerkommission mit dem EntWurfe einer neuen Erklärung. Sie führte aus: gemäß dem Gesetze gebühre der Regierung der Universität gegenüber durchaus nur das Oberaufstchtsrecht; dies aber schließe zwar die Befugniß zu einem Veto gegen Beschlüsse derselben in sich, jedoch nicht das Recht zu *) Damals äußerte Herr Tisza wörtlich: „Das, was mit den unbedingt nöthigen Vcrwaltungsrücksichten nicht vereinbarlich ist, das Amt des sächsischen Gespans (soll heißen: Grafen), darüber ist ausgesprochen, daß es aufgehoben wird; dagegen sehe ich nicht ein, warum wir anch einen Titel aufheben sollten, an welchen sich geschicht¬ liche Reminiszenzen knüpfen, die jedoch auch künftighin nur Reminiszenzen sein werden."

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663/418>, abgerufen am 27.09.2024.