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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal.

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demselben nur in sehr allgemeinen und unbestimmten Ausdrücken ausgesprochen,
so suchten die Statuten im Sinne möglichster Unabhängigkeit der Universitäts¬
verwaltung von dem Regierungsbeamten diese Stellung scharf zu umgrenzen,
indem sie ihm, der ja kein Beamter der Universität, sondern der Regierung ist,
auf das Recht der Aufsicht über die Geschäftsführung des Zentralamtes und
der Einsichtnahme in alle Akte derselben beschränkten, ihm aber jedes Ver¬
fügungsrecht, überhaupt jede wirkliche Theilnahme an der Verwaltung abschnitten,
dagegen den "Universitätsnotär (-Sekretär)" als den "ersten Beamten der säch¬
sischen Universität", als den eigentlichen Chef der ganzen Administration hin¬
stellten, demgemäß seine Unterschrift für jeden Akt derselben vorschrieben und
ihm die Aufficht über das gesammte Beamten- und Dienstpersonal der Univer¬
sität übertrugen. Weiter wurden die Funktionen der einzelnen Beamten bestimmt,
die Modalitäten des etwa gegen sie einzuleitenden Disziplinarverfahrens und
die Strafen festgesetzt.

Wenn so die Sachsen versuchten, auf Grund eines ihnen durchaus un¬
günstigen Gesetzes die Unabhängigkeit ihrer Vermögensverwaltung soweit als
irgend möglich zu sichern, so wird ihnen das Niemand verargen. Doch der
Versuch mißlang. Eine Verordnung Tisza's, dessen Bestätigung verfassungs¬
mäßig die Entwürfe unterlagen, stellte sich in schroffsten Widerspruch mit den
Anschauungen der Universität; er begnügte sich nicht etwa damit, eine ganze
Reihe von Bestimmungen der Statuten zu verwerfen, sondern er gab positive
Vorschriften, denen gemäß die Generalversammlung ihre Entwürfe umzuarbeiten
habe. Die Versammlung sollte beschlußfähig sein ohne jede Rücksicht auf die
Zahl der Anwesenden, sodaß eventuell eine kleine Minorität giltige Beschlüsse
fassen könnte, im Widerspruch mit jeder parlamentarischen Ordnung. Dissen-
tirende Mitglieder sollten das Recht haben, ihre Meinung nicht nur zu Protokoll
zu geben, fondern Berufung an das Ministerium einzulegen. Mit anderen
Worten: die Regierung beanspruchte das Recht, eventuell die Meinung der
Minderheit als einen giltigen Beschluß der Generalversammlung anzuerkennen.
Die Errichtung eines ständigen Ausschusses wurde als überflüssig und im Gesetz
nicht vorgesehen verworfen. Nahm aber schon mit dem allen der Minister sich
das Recht heraus, die Majorität vorkommenden Falls einfach zu neutralisiren
und so das Verfügungsrecht der Generalversammlung lahmzulegen, so zer¬
störten die nächsten Forderungen die Selbständigkeit der Verwaltung des
Zentralamtes von Grund aus. Alle die Funktionen, welche der sächsische
Entwurf dem Universitätsnotär zugewiesen, sollten dem Obergespan zukommen;
demnach hätte er allein alle Akte der Verwaltung zu zeichnen, Zahlungen aus
der Kasse auf Grund des Voranschlags anzuweisen, ja in dringenden Fällen
selbst über den Voranschlag hinaus unter Vorbehalt späterer Genehmigung.


demselben nur in sehr allgemeinen und unbestimmten Ausdrücken ausgesprochen,
so suchten die Statuten im Sinne möglichster Unabhängigkeit der Universitäts¬
verwaltung von dem Regierungsbeamten diese Stellung scharf zu umgrenzen,
indem sie ihm, der ja kein Beamter der Universität, sondern der Regierung ist,
auf das Recht der Aufsicht über die Geschäftsführung des Zentralamtes und
der Einsichtnahme in alle Akte derselben beschränkten, ihm aber jedes Ver¬
fügungsrecht, überhaupt jede wirkliche Theilnahme an der Verwaltung abschnitten,
dagegen den „Universitätsnotär (-Sekretär)" als den „ersten Beamten der säch¬
sischen Universität", als den eigentlichen Chef der ganzen Administration hin¬
stellten, demgemäß seine Unterschrift für jeden Akt derselben vorschrieben und
ihm die Aufficht über das gesammte Beamten- und Dienstpersonal der Univer¬
sität übertrugen. Weiter wurden die Funktionen der einzelnen Beamten bestimmt,
die Modalitäten des etwa gegen sie einzuleitenden Disziplinarverfahrens und
die Strafen festgesetzt.

Wenn so die Sachsen versuchten, auf Grund eines ihnen durchaus un¬
günstigen Gesetzes die Unabhängigkeit ihrer Vermögensverwaltung soweit als
irgend möglich zu sichern, so wird ihnen das Niemand verargen. Doch der
Versuch mißlang. Eine Verordnung Tisza's, dessen Bestätigung verfassungs¬
mäßig die Entwürfe unterlagen, stellte sich in schroffsten Widerspruch mit den
Anschauungen der Universität; er begnügte sich nicht etwa damit, eine ganze
Reihe von Bestimmungen der Statuten zu verwerfen, sondern er gab positive
Vorschriften, denen gemäß die Generalversammlung ihre Entwürfe umzuarbeiten
habe. Die Versammlung sollte beschlußfähig sein ohne jede Rücksicht auf die
Zahl der Anwesenden, sodaß eventuell eine kleine Minorität giltige Beschlüsse
fassen könnte, im Widerspruch mit jeder parlamentarischen Ordnung. Dissen-
tirende Mitglieder sollten das Recht haben, ihre Meinung nicht nur zu Protokoll
zu geben, fondern Berufung an das Ministerium einzulegen. Mit anderen
Worten: die Regierung beanspruchte das Recht, eventuell die Meinung der
Minderheit als einen giltigen Beschluß der Generalversammlung anzuerkennen.
Die Errichtung eines ständigen Ausschusses wurde als überflüssig und im Gesetz
nicht vorgesehen verworfen. Nahm aber schon mit dem allen der Minister sich
das Recht heraus, die Majorität vorkommenden Falls einfach zu neutralisiren
und so das Verfügungsrecht der Generalversammlung lahmzulegen, so zer¬
störten die nächsten Forderungen die Selbständigkeit der Verwaltung des
Zentralamtes von Grund aus. Alle die Funktionen, welche der sächsische
Entwurf dem Universitätsnotär zugewiesen, sollten dem Obergespan zukommen;
demnach hätte er allein alle Akte der Verwaltung zu zeichnen, Zahlungen aus
der Kasse auf Grund des Voranschlags anzuweisen, ja in dringenden Fällen
selbst über den Voranschlag hinaus unter Vorbehalt späterer Genehmigung.


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[0416] demselben nur in sehr allgemeinen und unbestimmten Ausdrücken ausgesprochen, so suchten die Statuten im Sinne möglichster Unabhängigkeit der Universitäts¬ verwaltung von dem Regierungsbeamten diese Stellung scharf zu umgrenzen, indem sie ihm, der ja kein Beamter der Universität, sondern der Regierung ist, auf das Recht der Aufsicht über die Geschäftsführung des Zentralamtes und der Einsichtnahme in alle Akte derselben beschränkten, ihm aber jedes Ver¬ fügungsrecht, überhaupt jede wirkliche Theilnahme an der Verwaltung abschnitten, dagegen den „Universitätsnotär (-Sekretär)" als den „ersten Beamten der säch¬ sischen Universität", als den eigentlichen Chef der ganzen Administration hin¬ stellten, demgemäß seine Unterschrift für jeden Akt derselben vorschrieben und ihm die Aufficht über das gesammte Beamten- und Dienstpersonal der Univer¬ sität übertrugen. Weiter wurden die Funktionen der einzelnen Beamten bestimmt, die Modalitäten des etwa gegen sie einzuleitenden Disziplinarverfahrens und die Strafen festgesetzt. Wenn so die Sachsen versuchten, auf Grund eines ihnen durchaus un¬ günstigen Gesetzes die Unabhängigkeit ihrer Vermögensverwaltung soweit als irgend möglich zu sichern, so wird ihnen das Niemand verargen. Doch der Versuch mißlang. Eine Verordnung Tisza's, dessen Bestätigung verfassungs¬ mäßig die Entwürfe unterlagen, stellte sich in schroffsten Widerspruch mit den Anschauungen der Universität; er begnügte sich nicht etwa damit, eine ganze Reihe von Bestimmungen der Statuten zu verwerfen, sondern er gab positive Vorschriften, denen gemäß die Generalversammlung ihre Entwürfe umzuarbeiten habe. Die Versammlung sollte beschlußfähig sein ohne jede Rücksicht auf die Zahl der Anwesenden, sodaß eventuell eine kleine Minorität giltige Beschlüsse fassen könnte, im Widerspruch mit jeder parlamentarischen Ordnung. Dissen- tirende Mitglieder sollten das Recht haben, ihre Meinung nicht nur zu Protokoll zu geben, fondern Berufung an das Ministerium einzulegen. Mit anderen Worten: die Regierung beanspruchte das Recht, eventuell die Meinung der Minderheit als einen giltigen Beschluß der Generalversammlung anzuerkennen. Die Errichtung eines ständigen Ausschusses wurde als überflüssig und im Gesetz nicht vorgesehen verworfen. Nahm aber schon mit dem allen der Minister sich das Recht heraus, die Majorität vorkommenden Falls einfach zu neutralisiren und so das Verfügungsrecht der Generalversammlung lahmzulegen, so zer¬ störten die nächsten Forderungen die Selbständigkeit der Verwaltung des Zentralamtes von Grund aus. Alle die Funktionen, welche der sächsische Entwurf dem Universitätsnotär zugewiesen, sollten dem Obergespan zukommen; demnach hätte er allein alle Akte der Verwaltung zu zeichnen, Zahlungen aus der Kasse auf Grund des Voranschlags anzuweisen, ja in dringenden Fällen selbst über den Voranschlag hinaus unter Vorbehalt späterer Genehmigung.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663/416>, abgerufen am 27.09.2024.