Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite

sidenten unter dem Beirath und mit Zustimmung des Senates abgeschlossenen Ver¬
trag, über Ernennungen oder Anstellungen in Aemtern, über die Entscheidungen
des höchsten Gerichtshofes u. s. w. Immer würde das letzte Mittel zur Ab¬
stellung angeblicher Mißstände die Verweigerung von Geldbewilligungen sein.
In der festen Ueberzeugung also, daß die in Rede stehende Bill eine gefährliche
Verletzung des Sinnes und Geistes unserer Verfassung enthält, sehe ich mich
gezwungen, dieselbe dem Hause, in welchem sie entstand, ohne meine Billigung
zurückzuschicken. Das Recht der Verneinung, mit welchem die Verfassung den
Präsidenten ausstattet, legt mir eine Pflicht auf, deren Erfüllung ich nicht
verweigern darf. Indem ich unerschütterlich und gewissenhaft darauf beharre,
alles zu thun, um die verfassungsmäßigen Rechte und die Unabhängigkeit nicht
nur der Exekutive, sondern jedes andern Zweiges der Regierung, die durch
die vorliegende Bill gefährdet werden, ungeschmälert zu erhalten, wünsche ich
mit allem Ernste dem Repräsentantenhause die Rückkehr zu den weisen und
wohlthätigen Gebräuchen der früheren Tage unserer Republik anzurathen,
zu jenen Gebräuchen, denen gemäß von den Geldbewilligungs-Bills jede nicht
dazu gehörige Gesetzgebung ferngehalten wurde. Wenn Sie dies thun, werden
Sie eine wichtige Reform in der Methode der Kongreßgesetzgebung einführen.
Ihr Handeln wird dann in Uebereinstimmung stehen mit den Fundamental-
Grundsätzen der Verfassung und mit den patriotischen Gefühlen nationaler
Zusammengehörigkeit, die deren festeste Stütze sind, und Sie werden dem Lande
das Vertrauen und das Gefühl der Sicherheit und Ruhe wiedergeben, das so
wesentlich ist zum Glück und zur Wohlfahrt aller unserer Mitbürger."

Wir haben den Schluß der Veto-Botschaft des Präsidenten Hayes wort¬
getreu in der Uebersetzung wiedergegeben, weil darin das gegenseitige Ver¬
hältniß der gesetzgebenden, richterlichen und exekutiven Gewalt, wie solches durch
die Verfassung und die Gesetze der Vereinigten Staaten bestimmt ist, kurz und
Prägnant geschildert und die hohe Bedeutung des Veto-Rechts klar dargethan
ist. Es handelt sich im vorliegenden Falle nicht um eine in dem gewöhnlichen
Leben eines amerikanischen Präsidenten vorkommende Amtspflicht, welcher
derselbe einfach nach dem Gesetze Genüge zu leisten hat, sondern wir haben es
hier mit einem politischen Akte zu thun, an den sich, wie die bessern amerikanischen
Blätter zugestehen, möglicherweise die folgenschwersten Resultate knüpfen, und
der an Bedeutung an die ersten Zeiten der Lincoln'schen Administration erinnert,
wo nicht der Buchstabe des Gesetzes allein, sondern die gesammten Verhältnisse
des Landes, der böse Wille der Gegner und die Rücksicht auf das allgemeine
Wohl den Ausschlag geben mußten. Dadurch ist denn auch die Stellung des
Präsidenten Hayes zu einer sehr schwierigen gemacht worden, und es bringt
ihm um so mehr Ehre, daß er sich von patriotischem Gefühle leiten ließ und


sidenten unter dem Beirath und mit Zustimmung des Senates abgeschlossenen Ver¬
trag, über Ernennungen oder Anstellungen in Aemtern, über die Entscheidungen
des höchsten Gerichtshofes u. s. w. Immer würde das letzte Mittel zur Ab¬
stellung angeblicher Mißstände die Verweigerung von Geldbewilligungen sein.
In der festen Ueberzeugung also, daß die in Rede stehende Bill eine gefährliche
Verletzung des Sinnes und Geistes unserer Verfassung enthält, sehe ich mich
gezwungen, dieselbe dem Hause, in welchem sie entstand, ohne meine Billigung
zurückzuschicken. Das Recht der Verneinung, mit welchem die Verfassung den
Präsidenten ausstattet, legt mir eine Pflicht auf, deren Erfüllung ich nicht
verweigern darf. Indem ich unerschütterlich und gewissenhaft darauf beharre,
alles zu thun, um die verfassungsmäßigen Rechte und die Unabhängigkeit nicht
nur der Exekutive, sondern jedes andern Zweiges der Regierung, die durch
die vorliegende Bill gefährdet werden, ungeschmälert zu erhalten, wünsche ich
mit allem Ernste dem Repräsentantenhause die Rückkehr zu den weisen und
wohlthätigen Gebräuchen der früheren Tage unserer Republik anzurathen,
zu jenen Gebräuchen, denen gemäß von den Geldbewilligungs-Bills jede nicht
dazu gehörige Gesetzgebung ferngehalten wurde. Wenn Sie dies thun, werden
Sie eine wichtige Reform in der Methode der Kongreßgesetzgebung einführen.
Ihr Handeln wird dann in Uebereinstimmung stehen mit den Fundamental-
Grundsätzen der Verfassung und mit den patriotischen Gefühlen nationaler
Zusammengehörigkeit, die deren festeste Stütze sind, und Sie werden dem Lande
das Vertrauen und das Gefühl der Sicherheit und Ruhe wiedergeben, das so
wesentlich ist zum Glück und zur Wohlfahrt aller unserer Mitbürger."

Wir haben den Schluß der Veto-Botschaft des Präsidenten Hayes wort¬
getreu in der Uebersetzung wiedergegeben, weil darin das gegenseitige Ver¬
hältniß der gesetzgebenden, richterlichen und exekutiven Gewalt, wie solches durch
die Verfassung und die Gesetze der Vereinigten Staaten bestimmt ist, kurz und
Prägnant geschildert und die hohe Bedeutung des Veto-Rechts klar dargethan
ist. Es handelt sich im vorliegenden Falle nicht um eine in dem gewöhnlichen
Leben eines amerikanischen Präsidenten vorkommende Amtspflicht, welcher
derselbe einfach nach dem Gesetze Genüge zu leisten hat, sondern wir haben es
hier mit einem politischen Akte zu thun, an den sich, wie die bessern amerikanischen
Blätter zugestehen, möglicherweise die folgenschwersten Resultate knüpfen, und
der an Bedeutung an die ersten Zeiten der Lincoln'schen Administration erinnert,
wo nicht der Buchstabe des Gesetzes allein, sondern die gesammten Verhältnisse
des Landes, der böse Wille der Gegner und die Rücksicht auf das allgemeine
Wohl den Ausschlag geben mußten. Dadurch ist denn auch die Stellung des
Präsidenten Hayes zu einer sehr schwierigen gemacht worden, und es bringt
ihm um so mehr Ehre, daß er sich von patriotischem Gefühle leiten ließ und


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0375" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/142330"/>
          <p xml:id="ID_1122" prev="#ID_1121"> sidenten unter dem Beirath und mit Zustimmung des Senates abgeschlossenen Ver¬<lb/>
trag, über Ernennungen oder Anstellungen in Aemtern, über die Entscheidungen<lb/>
des höchsten Gerichtshofes u. s. w. Immer würde das letzte Mittel zur Ab¬<lb/>
stellung angeblicher Mißstände die Verweigerung von Geldbewilligungen sein.<lb/>
In der festen Ueberzeugung also, daß die in Rede stehende Bill eine gefährliche<lb/>
Verletzung des Sinnes und Geistes unserer Verfassung enthält, sehe ich mich<lb/>
gezwungen, dieselbe dem Hause, in welchem sie entstand, ohne meine Billigung<lb/>
zurückzuschicken. Das Recht der Verneinung, mit welchem die Verfassung den<lb/>
Präsidenten ausstattet, legt mir eine Pflicht auf, deren Erfüllung ich nicht<lb/>
verweigern darf. Indem ich unerschütterlich und gewissenhaft darauf beharre,<lb/>
alles zu thun, um die verfassungsmäßigen Rechte und die Unabhängigkeit nicht<lb/>
nur der Exekutive, sondern jedes andern Zweiges der Regierung, die durch<lb/>
die vorliegende Bill gefährdet werden, ungeschmälert zu erhalten, wünsche ich<lb/>
mit allem Ernste dem Repräsentantenhause die Rückkehr zu den weisen und<lb/>
wohlthätigen Gebräuchen der früheren Tage unserer Republik anzurathen,<lb/>
zu jenen Gebräuchen, denen gemäß von den Geldbewilligungs-Bills jede nicht<lb/>
dazu gehörige Gesetzgebung ferngehalten wurde. Wenn Sie dies thun, werden<lb/>
Sie eine wichtige Reform in der Methode der Kongreßgesetzgebung einführen.<lb/>
Ihr Handeln wird dann in Uebereinstimmung stehen mit den Fundamental-<lb/>
Grundsätzen der Verfassung und mit den patriotischen Gefühlen nationaler<lb/>
Zusammengehörigkeit, die deren festeste Stütze sind, und Sie werden dem Lande<lb/>
das Vertrauen und das Gefühl der Sicherheit und Ruhe wiedergeben, das so<lb/>
wesentlich ist zum Glück und zur Wohlfahrt aller unserer Mitbürger."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1123" next="#ID_1124"> Wir haben den Schluß der Veto-Botschaft des Präsidenten Hayes wort¬<lb/>
getreu in der Uebersetzung wiedergegeben, weil darin das gegenseitige Ver¬<lb/>
hältniß der gesetzgebenden, richterlichen und exekutiven Gewalt, wie solches durch<lb/>
die Verfassung und die Gesetze der Vereinigten Staaten bestimmt ist, kurz und<lb/>
Prägnant geschildert und die hohe Bedeutung des Veto-Rechts klar dargethan<lb/>
ist. Es handelt sich im vorliegenden Falle nicht um eine in dem gewöhnlichen<lb/>
Leben eines amerikanischen Präsidenten vorkommende Amtspflicht, welcher<lb/>
derselbe einfach nach dem Gesetze Genüge zu leisten hat, sondern wir haben es<lb/>
hier mit einem politischen Akte zu thun, an den sich, wie die bessern amerikanischen<lb/>
Blätter zugestehen, möglicherweise die folgenschwersten Resultate knüpfen, und<lb/>
der an Bedeutung an die ersten Zeiten der Lincoln'schen Administration erinnert,<lb/>
wo nicht der Buchstabe des Gesetzes allein, sondern die gesammten Verhältnisse<lb/>
des Landes, der böse Wille der Gegner und die Rücksicht auf das allgemeine<lb/>
Wohl den Ausschlag geben mußten. Dadurch ist denn auch die Stellung des<lb/>
Präsidenten Hayes zu einer sehr schwierigen gemacht worden, und es bringt<lb/>
ihm um so mehr Ehre, daß er sich von patriotischem Gefühle leiten ließ und</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0375] sidenten unter dem Beirath und mit Zustimmung des Senates abgeschlossenen Ver¬ trag, über Ernennungen oder Anstellungen in Aemtern, über die Entscheidungen des höchsten Gerichtshofes u. s. w. Immer würde das letzte Mittel zur Ab¬ stellung angeblicher Mißstände die Verweigerung von Geldbewilligungen sein. In der festen Ueberzeugung also, daß die in Rede stehende Bill eine gefährliche Verletzung des Sinnes und Geistes unserer Verfassung enthält, sehe ich mich gezwungen, dieselbe dem Hause, in welchem sie entstand, ohne meine Billigung zurückzuschicken. Das Recht der Verneinung, mit welchem die Verfassung den Präsidenten ausstattet, legt mir eine Pflicht auf, deren Erfüllung ich nicht verweigern darf. Indem ich unerschütterlich und gewissenhaft darauf beharre, alles zu thun, um die verfassungsmäßigen Rechte und die Unabhängigkeit nicht nur der Exekutive, sondern jedes andern Zweiges der Regierung, die durch die vorliegende Bill gefährdet werden, ungeschmälert zu erhalten, wünsche ich mit allem Ernste dem Repräsentantenhause die Rückkehr zu den weisen und wohlthätigen Gebräuchen der früheren Tage unserer Republik anzurathen, zu jenen Gebräuchen, denen gemäß von den Geldbewilligungs-Bills jede nicht dazu gehörige Gesetzgebung ferngehalten wurde. Wenn Sie dies thun, werden Sie eine wichtige Reform in der Methode der Kongreßgesetzgebung einführen. Ihr Handeln wird dann in Uebereinstimmung stehen mit den Fundamental- Grundsätzen der Verfassung und mit den patriotischen Gefühlen nationaler Zusammengehörigkeit, die deren festeste Stütze sind, und Sie werden dem Lande das Vertrauen und das Gefühl der Sicherheit und Ruhe wiedergeben, das so wesentlich ist zum Glück und zur Wohlfahrt aller unserer Mitbürger." Wir haben den Schluß der Veto-Botschaft des Präsidenten Hayes wort¬ getreu in der Uebersetzung wiedergegeben, weil darin das gegenseitige Ver¬ hältniß der gesetzgebenden, richterlichen und exekutiven Gewalt, wie solches durch die Verfassung und die Gesetze der Vereinigten Staaten bestimmt ist, kurz und Prägnant geschildert und die hohe Bedeutung des Veto-Rechts klar dargethan ist. Es handelt sich im vorliegenden Falle nicht um eine in dem gewöhnlichen Leben eines amerikanischen Präsidenten vorkommende Amtspflicht, welcher derselbe einfach nach dem Gesetze Genüge zu leisten hat, sondern wir haben es hier mit einem politischen Akte zu thun, an den sich, wie die bessern amerikanischen Blätter zugestehen, möglicherweise die folgenschwersten Resultate knüpfen, und der an Bedeutung an die ersten Zeiten der Lincoln'schen Administration erinnert, wo nicht der Buchstabe des Gesetzes allein, sondern die gesammten Verhältnisse des Landes, der böse Wille der Gegner und die Rücksicht auf das allgemeine Wohl den Ausschlag geben mußten. Dadurch ist denn auch die Stellung des Präsidenten Hayes zu einer sehr schwierigen gemacht worden, und es bringt ihm um so mehr Ehre, daß er sich von patriotischem Gefühle leiten ließ und

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663/375
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663/375>, abgerufen am 27.09.2024.