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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal.

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dings von besonderem Interesse ist, weil er möglicherweise von dem berühmten
Erbauer der 1471 begonnenen Albrechtsburg in Meißen, Arnold von West-
phaleu, herrührt. Albrecht der Beherzte (1485--1500) sorgte energisch für den
Wiederaufbau der Stadt, erließ auch eine neue Bauordnung, die nur noch die
Aufführung steinerner Bauten gestattete. So wurde 1493 -- 98 durch den
Steinmetzmeister Hans Reinhard die Kreuzkirche wieder hergestellt.

Eine reiche Bauperiode -- vorbereitet durch eine lange vorausgehende
Friedenszeit und durch den unerschöpflichen Segen der Silberbergwerke des
Erzgebirges -- beginnt für Dresden, wie für die meisten größeren Städte
Sachsen's,mit dem Anfange des 16. Jahrhunderts, unter der Regierung Georg's
des Bärtigen (1500--1539). Diese Zeit hat eine Folge prächtiger und an¬
ziehender Bauten hervorgebracht, welche gleichsam die Einleitung in die eigent¬
liche Renaissaneeperiode Dresden's bilden, und von denen schon reichlichere
Reste erhalten sind, um einen Einblick in die damalige Physiognomie Dresden's
zu ermöglichen.

Herzog Georg begann seine Baupläne 1520 mit einer umfassenden Be¬
festigung der Stadt, in welche auch die bisherigen Vorstädte mit hineingezogen
wurden, und welche noch durch starke Außenwerke gesichert wurde. Daun
richtete sich seine Baulust vor allem auf die Erweiterung des Schlosses: er
ließ das neue "Thorhaus", den noch heute sogenannten Georgenbau, errichten,
den Theil des jetzigen königlichen Schlosses, den man durchschreitet, um von
der Elbbrücke nach der Schloßstraße zu gelangen. Als oberster Leiter dieses
Baues wurde vom Fürsten sein Amtshauptmann und Oberrüstmeister Hans
Dehn-Rothfelser (1500--1561) eingesetzt, nicht, wie man lange Zeit irrthümlich
geglaubt hat, als Architekt, sondern als eine Art Intendant der fürstlichen
Bauten, der nach und nach einen großen Kreis künstlerischer und technischer
Kräfte, einheimischer wie auswärtiger, an sich zog und in Bewegung setzte. Leider
hat der Schlvßbrand von 1701 das Georgenschloß in seiner äußeren Architektur
fast ganz vernichtet, und so können wir uns gerade von diesem Bau, der ein
wichtiges Glied in der Kette der sächsischen Frührenaissaueebauten bilden würde,
nur eine unvollkommene Vorstellung machen; nur das reich ornamentirte
Georgenthor und die seit 1733 an die Mauer des Neustädter Friedhofes über¬
tragene plastische Darstellung des Todteutanzes erinnern noch an den Skulp¬
turenschmuck, der ursprünglich das ganze Gebäude zierte. Doch finden diese
Reste eine willkommene Ergänzung in einzelnen Erkern, Portalen und sonstigen
dekorirten Architekturtheilen von Privatgebäuden jener Zeit.

Herzog Georg starb wenige Jahre nach der Vollendung des Gevrgenschlosses.
Seine bauliche Thätigkeit wurde aufgenommen und fortgesetzt von Herzog
Moritz, der ihm nach der kurzen Regierungszeit Heinrich's des Frommen 1541


dings von besonderem Interesse ist, weil er möglicherweise von dem berühmten
Erbauer der 1471 begonnenen Albrechtsburg in Meißen, Arnold von West-
phaleu, herrührt. Albrecht der Beherzte (1485—1500) sorgte energisch für den
Wiederaufbau der Stadt, erließ auch eine neue Bauordnung, die nur noch die
Aufführung steinerner Bauten gestattete. So wurde 1493 — 98 durch den
Steinmetzmeister Hans Reinhard die Kreuzkirche wieder hergestellt.

Eine reiche Bauperiode — vorbereitet durch eine lange vorausgehende
Friedenszeit und durch den unerschöpflichen Segen der Silberbergwerke des
Erzgebirges — beginnt für Dresden, wie für die meisten größeren Städte
Sachsen's,mit dem Anfange des 16. Jahrhunderts, unter der Regierung Georg's
des Bärtigen (1500—1539). Diese Zeit hat eine Folge prächtiger und an¬
ziehender Bauten hervorgebracht, welche gleichsam die Einleitung in die eigent¬
liche Renaissaneeperiode Dresden's bilden, und von denen schon reichlichere
Reste erhalten sind, um einen Einblick in die damalige Physiognomie Dresden's
zu ermöglichen.

Herzog Georg begann seine Baupläne 1520 mit einer umfassenden Be¬
festigung der Stadt, in welche auch die bisherigen Vorstädte mit hineingezogen
wurden, und welche noch durch starke Außenwerke gesichert wurde. Daun
richtete sich seine Baulust vor allem auf die Erweiterung des Schlosses: er
ließ das neue „Thorhaus", den noch heute sogenannten Georgenbau, errichten,
den Theil des jetzigen königlichen Schlosses, den man durchschreitet, um von
der Elbbrücke nach der Schloßstraße zu gelangen. Als oberster Leiter dieses
Baues wurde vom Fürsten sein Amtshauptmann und Oberrüstmeister Hans
Dehn-Rothfelser (1500—1561) eingesetzt, nicht, wie man lange Zeit irrthümlich
geglaubt hat, als Architekt, sondern als eine Art Intendant der fürstlichen
Bauten, der nach und nach einen großen Kreis künstlerischer und technischer
Kräfte, einheimischer wie auswärtiger, an sich zog und in Bewegung setzte. Leider
hat der Schlvßbrand von 1701 das Georgenschloß in seiner äußeren Architektur
fast ganz vernichtet, und so können wir uns gerade von diesem Bau, der ein
wichtiges Glied in der Kette der sächsischen Frührenaissaueebauten bilden würde,
nur eine unvollkommene Vorstellung machen; nur das reich ornamentirte
Georgenthor und die seit 1733 an die Mauer des Neustädter Friedhofes über¬
tragene plastische Darstellung des Todteutanzes erinnern noch an den Skulp¬
turenschmuck, der ursprünglich das ganze Gebäude zierte. Doch finden diese
Reste eine willkommene Ergänzung in einzelnen Erkern, Portalen und sonstigen
dekorirten Architekturtheilen von Privatgebäuden jener Zeit.

Herzog Georg starb wenige Jahre nach der Vollendung des Gevrgenschlosses.
Seine bauliche Thätigkeit wurde aufgenommen und fortgesetzt von Herzog
Moritz, der ihm nach der kurzen Regierungszeit Heinrich's des Frommen 1541


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_141412/80>, abgerufen am 23.07.2024.