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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal.

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Mit Recht stellt steche an die Spitze seiner Darstellung den Satz, daß die
baugeschichtliche Entwickelung Dresden's in erster Linie durch die Fürsten beein¬
flußt worden sei, denen die Stadt seit länger als 600 Jahren zur Residenz dient,
daß also eine Schilderung dieser Entwickelung sich am richtigsten an die Regeu-
tensolge des sächsischen Fürstenhauses anschließe. Alle bedeutenderen baulichen
Umgestaltungen, Erweiterungen, Bereicherungen Dresden's sind, so weit sich die
Baugeschichte der Stadt nur zurückverfolgen läßt, von kunst- und prachtliebenden
sächsischen Fürsten ausgegangen.

Bis an's Ende des 15. Jahrhunderts können wir uns von dem Umfange
und der Beschaffenheit der Stadt nur aus vereinzelten Nachrichten ein unge¬
fähres Bild machen. Die früheste Ansiedelung, das eigentliche Altdresden, ist
am rechten Elbufer im heutigen Neustadt-Dresden zu suchen. Erst später trieb
die Gefahr der Überschwemmungen einen Theil der Bewohner hinüber auf das
hoher gelegene linke Ufer, und fo entwickelte sich dort unter dem Schutze der
meißnischen Markgrafen eine neue Stadt, die jetzige Altstadt, während das
ursprüngliche Altdresden zunächst Dorf blieb. Im Jahre 1145 ging die Stadt
durch Verkauf aus dem Besitze des Bischofs Bernhard von Meißen in den
Markgraf Otto's des Reichen über; schriftlich wird Dresden zuerst 1206, mit
der ausdrücklichen Bezeichnung Stadt aber erst 1216 erwähnt. Der Umfang
der Stadt beschränkte sich damals auf den Raum, den die jetzige eigentliche
innere Stadt einnimmt. Sie war mit Wällen und Mauern umgeben, die nur
nach drei Seiten hin sich öffneten: durch das Elbthor, das Wilsdruffer und
das Pirnische Thor; die Mitte bildete der jetzige Altmarkt, Eine Art Vorstadt
gruppirte sich östlich um die draußen vor der Stadtmauer gelegene, gegen 1080
erbaute Frauenkirche; südlich und westlich breiteten sich vor der Stadt drei
weite Seen aus, an die noch jetzt der Name der Seevorstadt erinnert. In der
Stadt selbst lag die Kirche zum heiligen Krenz, die aber erst 1270 aus einer
Kapelle zur Kirche erweitert wurde. Um dieselbe Zeit wird die Erbauung des
markgrüflichen Schlosses, als dessen Gründer Heinrich der Erleuchte (1221-- 88)
zu betrachten ist, und des in unmittelbarer Nähe davon gelegenen Barfüßer¬
klosters stattgefunden haben. Auch der Bau einer steinernen Elbbrücke wurde
unter der Regierung dieses Fürsten vollendet. Unter Friedrich dem Strengen
(1349--81) entstand an Stelle der Barfüßerkapelle die jetzige Sophienkirche,
und in dieselbe Zeit wird der Ban einer Se. Nikolaus-Kapelle zu scheu sein.

Von den Bauten jener Zeit sind heute nur noch kümmerliche Neste erhalten,
da ein gewaltiger Brand im Jahre 1491 mehr als die Hälfte der Stadt und
ihrer zum guten Theil noch aus Holz gebauten Häuser in Asche legte. Der
nennenswertheste Ueberrest ist vielleicht das Erdgeschoß des 1473--74 errichteten
"Thvrhcmsbaues", des später sogenannten Georgenthores, ein Rest, der aller-


Mit Recht stellt steche an die Spitze seiner Darstellung den Satz, daß die
baugeschichtliche Entwickelung Dresden's in erster Linie durch die Fürsten beein¬
flußt worden sei, denen die Stadt seit länger als 600 Jahren zur Residenz dient,
daß also eine Schilderung dieser Entwickelung sich am richtigsten an die Regeu-
tensolge des sächsischen Fürstenhauses anschließe. Alle bedeutenderen baulichen
Umgestaltungen, Erweiterungen, Bereicherungen Dresden's sind, so weit sich die
Baugeschichte der Stadt nur zurückverfolgen läßt, von kunst- und prachtliebenden
sächsischen Fürsten ausgegangen.

Bis an's Ende des 15. Jahrhunderts können wir uns von dem Umfange
und der Beschaffenheit der Stadt nur aus vereinzelten Nachrichten ein unge¬
fähres Bild machen. Die früheste Ansiedelung, das eigentliche Altdresden, ist
am rechten Elbufer im heutigen Neustadt-Dresden zu suchen. Erst später trieb
die Gefahr der Überschwemmungen einen Theil der Bewohner hinüber auf das
hoher gelegene linke Ufer, und fo entwickelte sich dort unter dem Schutze der
meißnischen Markgrafen eine neue Stadt, die jetzige Altstadt, während das
ursprüngliche Altdresden zunächst Dorf blieb. Im Jahre 1145 ging die Stadt
durch Verkauf aus dem Besitze des Bischofs Bernhard von Meißen in den
Markgraf Otto's des Reichen über; schriftlich wird Dresden zuerst 1206, mit
der ausdrücklichen Bezeichnung Stadt aber erst 1216 erwähnt. Der Umfang
der Stadt beschränkte sich damals auf den Raum, den die jetzige eigentliche
innere Stadt einnimmt. Sie war mit Wällen und Mauern umgeben, die nur
nach drei Seiten hin sich öffneten: durch das Elbthor, das Wilsdruffer und
das Pirnische Thor; die Mitte bildete der jetzige Altmarkt, Eine Art Vorstadt
gruppirte sich östlich um die draußen vor der Stadtmauer gelegene, gegen 1080
erbaute Frauenkirche; südlich und westlich breiteten sich vor der Stadt drei
weite Seen aus, an die noch jetzt der Name der Seevorstadt erinnert. In der
Stadt selbst lag die Kirche zum heiligen Krenz, die aber erst 1270 aus einer
Kapelle zur Kirche erweitert wurde. Um dieselbe Zeit wird die Erbauung des
markgrüflichen Schlosses, als dessen Gründer Heinrich der Erleuchte (1221— 88)
zu betrachten ist, und des in unmittelbarer Nähe davon gelegenen Barfüßer¬
klosters stattgefunden haben. Auch der Bau einer steinernen Elbbrücke wurde
unter der Regierung dieses Fürsten vollendet. Unter Friedrich dem Strengen
(1349—81) entstand an Stelle der Barfüßerkapelle die jetzige Sophienkirche,
und in dieselbe Zeit wird der Ban einer Se. Nikolaus-Kapelle zu scheu sein.

Von den Bauten jener Zeit sind heute nur noch kümmerliche Neste erhalten,
da ein gewaltiger Brand im Jahre 1491 mehr als die Hälfte der Stadt und
ihrer zum guten Theil noch aus Holz gebauten Häuser in Asche legte. Der
nennenswertheste Ueberrest ist vielleicht das Erdgeschoß des 1473—74 errichteten
„Thvrhcmsbaues", des später sogenannten Georgenthores, ein Rest, der aller-


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[0079] Mit Recht stellt steche an die Spitze seiner Darstellung den Satz, daß die baugeschichtliche Entwickelung Dresden's in erster Linie durch die Fürsten beein¬ flußt worden sei, denen die Stadt seit länger als 600 Jahren zur Residenz dient, daß also eine Schilderung dieser Entwickelung sich am richtigsten an die Regeu- tensolge des sächsischen Fürstenhauses anschließe. Alle bedeutenderen baulichen Umgestaltungen, Erweiterungen, Bereicherungen Dresden's sind, so weit sich die Baugeschichte der Stadt nur zurückverfolgen läßt, von kunst- und prachtliebenden sächsischen Fürsten ausgegangen. Bis an's Ende des 15. Jahrhunderts können wir uns von dem Umfange und der Beschaffenheit der Stadt nur aus vereinzelten Nachrichten ein unge¬ fähres Bild machen. Die früheste Ansiedelung, das eigentliche Altdresden, ist am rechten Elbufer im heutigen Neustadt-Dresden zu suchen. Erst später trieb die Gefahr der Überschwemmungen einen Theil der Bewohner hinüber auf das hoher gelegene linke Ufer, und fo entwickelte sich dort unter dem Schutze der meißnischen Markgrafen eine neue Stadt, die jetzige Altstadt, während das ursprüngliche Altdresden zunächst Dorf blieb. Im Jahre 1145 ging die Stadt durch Verkauf aus dem Besitze des Bischofs Bernhard von Meißen in den Markgraf Otto's des Reichen über; schriftlich wird Dresden zuerst 1206, mit der ausdrücklichen Bezeichnung Stadt aber erst 1216 erwähnt. Der Umfang der Stadt beschränkte sich damals auf den Raum, den die jetzige eigentliche innere Stadt einnimmt. Sie war mit Wällen und Mauern umgeben, die nur nach drei Seiten hin sich öffneten: durch das Elbthor, das Wilsdruffer und das Pirnische Thor; die Mitte bildete der jetzige Altmarkt, Eine Art Vorstadt gruppirte sich östlich um die draußen vor der Stadtmauer gelegene, gegen 1080 erbaute Frauenkirche; südlich und westlich breiteten sich vor der Stadt drei weite Seen aus, an die noch jetzt der Name der Seevorstadt erinnert. In der Stadt selbst lag die Kirche zum heiligen Krenz, die aber erst 1270 aus einer Kapelle zur Kirche erweitert wurde. Um dieselbe Zeit wird die Erbauung des markgrüflichen Schlosses, als dessen Gründer Heinrich der Erleuchte (1221— 88) zu betrachten ist, und des in unmittelbarer Nähe davon gelegenen Barfüßer¬ klosters stattgefunden haben. Auch der Bau einer steinernen Elbbrücke wurde unter der Regierung dieses Fürsten vollendet. Unter Friedrich dem Strengen (1349—81) entstand an Stelle der Barfüßerkapelle die jetzige Sophienkirche, und in dieselbe Zeit wird der Ban einer Se. Nikolaus-Kapelle zu scheu sein. Von den Bauten jener Zeit sind heute nur noch kümmerliche Neste erhalten, da ein gewaltiger Brand im Jahre 1491 mehr als die Hälfte der Stadt und ihrer zum guten Theil noch aus Holz gebauten Häuser in Asche legte. Der nennenswertheste Ueberrest ist vielleicht das Erdgeschoß des 1473—74 errichteten „Thvrhcmsbaues", des später sogenannten Georgenthores, ein Rest, der aller-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_141412/79>, abgerufen am 23.07.2024.