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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal.

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wieder absetzt; theils äußerlich und indirekt durch seine Bewegungen, wie z. B.
der Schmied durch Hämmern ein Stück Eisen, der Tischler durch Reibung
seine Säge erwärmt. Daran knüpft sich denn unmittelbar die Frage an, ob
die direkte Körperwärme allein oder die Summe der direkten und indirekten
Wärme auf Rechnung des Verbrennungsprozesses zu setzen sei.

Nun gilt, fährt Mayer in seinen Schlüssen weiter fort, der Fundamental¬
satz, daß durch die Verbrennung einer gewissen Meuge Materie immer ein und
dieselbe, d. h. eine von den die Verbrennung begleitenden Umstände unabhängige
Menge Wärme entsteht. Darum kann der Effekt der Verbrennung auch durch
den Lebensprozeß keine Größenänderung erleiden, "der lebendige Organismus
kann trotz all' seiner Räthsel und Wunder keine Wärme aus Nichts erzeugen".

Mit diesem Satze war anch die Antwort ans die gestellte Frage bereits
gegeben; denn mit ihm ist ausgesprochen, daß man unbedingt anzunehmen hat,
die gestimmte, theils unmittelbar, theils ans mechanischem Wege vom Körper er¬
zeugte Wärme sei dem Verbrenungs-Effekte im Körper quantitativ gleich.

Daraus folgt aber mit derselben Nothwendigkeit, daß die vom lebenden Körper
mechanisch erzeugte Wärme mit der dazu verbrauchten Arbeit in einem unveränder¬
lichen Größenverhältnisse stehen muß; denn andernfalls müßte es möglich sein,
dnrch die nämliche Arbeit und somit durch den nämlichen Verbrennungsprozeß
und durch den gleichen Materialverbrauch verschieden große Mengen von Wärme
zu erzeugen, was gegen obigen Fundamentalsatz von der Verbrennung verstoßen
würde. Da nun weiter zwischeu der mechanischen Leistung des Thierkörpers
und derjenigen von andern und zwar anorganischen Kräften (wie z. V. der
Wind- und Wasserkraft) ein qualitativer Unterschied nicht bestehen kann, so
ergibt sich in Mayer's Gedankengange endlich der ganz allgemeine Satz: "Eine
unveränderliche Größenbeziehung zwischen der Wärme und der Arbeit ist ein
Postulat der physiologischen Verbrennungstheorie."

Dies ist in Kürze der einfache und schlichte Bericht Mayer's von jener
Gedankenreihe, die sich an obige in Java zufällig gemachte Beobachtung knüpfte
und endlich zu der großen Entdeckung führte. Mayer schließt denselben mit
den Worten: "Indem ich im Allgemeinen die angegebene Richtung einhielt,
mußte ich also nothwendig mein Hauptaugenmerk zuletzt ans den zwischen der
Bewegung und der Wärme bestehenden physikalischen Zusammenhang richten,
wo mir denn die Existenz des mechanischen Aequivalents der Wärme nicht
verborgen bleiben konnte."

Daß Mayer die Beobachtung zufällig machte, ist für die Werthschätzung
derselben bedeutungslos; denn darin besteht das Wesen des Genies, durch
solche Zufälligkeiten angeregt zu werden, an denen andere Sterbliche ahnungs-
nnd gedankenlos vorübergingen, und aus diesen Zufälligkeiten Gedanken und Fol-


wieder absetzt; theils äußerlich und indirekt durch seine Bewegungen, wie z. B.
der Schmied durch Hämmern ein Stück Eisen, der Tischler durch Reibung
seine Säge erwärmt. Daran knüpft sich denn unmittelbar die Frage an, ob
die direkte Körperwärme allein oder die Summe der direkten und indirekten
Wärme auf Rechnung des Verbrennungsprozesses zu setzen sei.

Nun gilt, fährt Mayer in seinen Schlüssen weiter fort, der Fundamental¬
satz, daß durch die Verbrennung einer gewissen Meuge Materie immer ein und
dieselbe, d. h. eine von den die Verbrennung begleitenden Umstände unabhängige
Menge Wärme entsteht. Darum kann der Effekt der Verbrennung auch durch
den Lebensprozeß keine Größenänderung erleiden, „der lebendige Organismus
kann trotz all' seiner Räthsel und Wunder keine Wärme aus Nichts erzeugen".

Mit diesem Satze war anch die Antwort ans die gestellte Frage bereits
gegeben; denn mit ihm ist ausgesprochen, daß man unbedingt anzunehmen hat,
die gestimmte, theils unmittelbar, theils ans mechanischem Wege vom Körper er¬
zeugte Wärme sei dem Verbrenungs-Effekte im Körper quantitativ gleich.

Daraus folgt aber mit derselben Nothwendigkeit, daß die vom lebenden Körper
mechanisch erzeugte Wärme mit der dazu verbrauchten Arbeit in einem unveränder¬
lichen Größenverhältnisse stehen muß; denn andernfalls müßte es möglich sein,
dnrch die nämliche Arbeit und somit durch den nämlichen Verbrennungsprozeß
und durch den gleichen Materialverbrauch verschieden große Mengen von Wärme
zu erzeugen, was gegen obigen Fundamentalsatz von der Verbrennung verstoßen
würde. Da nun weiter zwischeu der mechanischen Leistung des Thierkörpers
und derjenigen von andern und zwar anorganischen Kräften (wie z. V. der
Wind- und Wasserkraft) ein qualitativer Unterschied nicht bestehen kann, so
ergibt sich in Mayer's Gedankengange endlich der ganz allgemeine Satz: „Eine
unveränderliche Größenbeziehung zwischen der Wärme und der Arbeit ist ein
Postulat der physiologischen Verbrennungstheorie."

Dies ist in Kürze der einfache und schlichte Bericht Mayer's von jener
Gedankenreihe, die sich an obige in Java zufällig gemachte Beobachtung knüpfte
und endlich zu der großen Entdeckung führte. Mayer schließt denselben mit
den Worten: „Indem ich im Allgemeinen die angegebene Richtung einhielt,
mußte ich also nothwendig mein Hauptaugenmerk zuletzt ans den zwischen der
Bewegung und der Wärme bestehenden physikalischen Zusammenhang richten,
wo mir denn die Existenz des mechanischen Aequivalents der Wärme nicht
verborgen bleiben konnte."

Daß Mayer die Beobachtung zufällig machte, ist für die Werthschätzung
derselben bedeutungslos; denn darin besteht das Wesen des Genies, durch
solche Zufälligkeiten angeregt zu werden, an denen andere Sterbliche ahnungs-
nnd gedankenlos vorübergingen, und aus diesen Zufälligkeiten Gedanken und Fol-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_141412/53>, abgerufen am 23.07.2024.