Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite

jüngeren Männern, die Reserve, aus den Veteranen gebildet, und den Troß als
Träger der Bagage und Treiber der Viehheerden. Die stehende Armee betrug
20 Regimenter, konnte aber eventuell innerhalb weniger Stunden auf 40 erhöht
werden. Aber auch eine neue Kampfart führte Chala ein, indem er an Stelle
der bei den übrigen Kaffervölkern üblichen zerstreuten Gefechtsordnung und des
Kampfes mit dem Wurfspieß das Fechten in geschlossener Reihe und mit der
Stoßlanze setzte. Wer letztere aus dem Gefechte nicht mit zurückbrachte, wurde
getödtet, eine Bestimmung, die den Wunsch jener spartanischen Mutter: "Ent¬
weder mit dem Schilde oder auf ihm" allerdings noch bedeutend überbietet.
Kein Wunder, daß Chala wie ein Napoleon Südafrika's mit seinen starken und
intelligenten Soldaten für seine Nachbarn unwiderstehlich war und in schneller
Aufeinanderfolge das heutige Transvaal, Natal, Basutoland und Orange-
Freistaatland unterwarf. Seine Mordlust kannte keine Grenzen. Ein zweiter
Chlodwig, ließ er alle Häuptlinge, die ihm nicht gutwillig Gehorsam bezeigten,
ohne weiteres todten. Sein Ziel war, König aller Schwarzen Südafrika's zu
werden, und um sich bei der energischen Verfolgung desselben nicht gehindert
zu sehen, suchte er mit der englischen Regierung in der Kapstadt sich auf
freundschaftlichen Fuß zu stellen, was ihm auch durch Absenkung von Gesandt¬
schaften gelang. Seine Militär-Organisation, sowie seine Taktik haben sich aber bis
ans den heutigen Tag bei den Zulu erhalten, denn wie sie ganz unvermuthet die
Engländer am Tugela angriffen und ohne Rücksicht auf eigene Verluste alles
niedermachten, dessen sie habhaft werden konnten, so brach er in der Nacht
plötzlich mit großen Schaaren auf, stürzte sich wie ein Sturmwind auf den
unvorbereiteter Feind und ließ alles, was nicht entfloh, hinschlachten, ohne sich
viel mit Gefangenen zu beschweren.

. Von der blutdürstigen Grausamkeit Chala's und seinem Mangel an jeg¬
lichem menschlichen Gefühl nur einige Beispiele. Feste wurden wie in Dahomey
durch Tödtung von Hunderten seiner Stammesgenossen gefeiert. Beim Tode
seiner Mutter mußten sich 1000 Zulu selbst tödten, und diese sangen bei dieser
fürchterlichen Prozedur Loblieder auf den König -- ein grausiges niorituri es
salutÄnt! Aber auch die Thiere sollten seine Rohheit spüren, denn bei der gleichen
Gelegenheit ließ er auch 1000 Kühe abschlachten, damit ihre Kälber merken sollten,
was es heiße, die Mutter zu verlieren. Da ihn wie alle Tyrannen das Ge¬
spenst der Entthronung beunruhigte, so ließ er jede seiner Frauen, sobald er
fürchten mußte, von ihr mit Nachkommenschaft beschenkt zu werden, ohne Er¬
barmen umbringen. Aber noch zu seinen Lebzeiten ereilte ihn die Nemesis:
eine Pest raffte sein ganzes Heer im Jahre 1828 dahin, er selbst starb durch
die Hand seiner Brüder Dingaan und Panda.

Indessen der auf ihn, in der Herrschaft folgende Dingaan überbot wo-


jüngeren Männern, die Reserve, aus den Veteranen gebildet, und den Troß als
Träger der Bagage und Treiber der Viehheerden. Die stehende Armee betrug
20 Regimenter, konnte aber eventuell innerhalb weniger Stunden auf 40 erhöht
werden. Aber auch eine neue Kampfart führte Chala ein, indem er an Stelle
der bei den übrigen Kaffervölkern üblichen zerstreuten Gefechtsordnung und des
Kampfes mit dem Wurfspieß das Fechten in geschlossener Reihe und mit der
Stoßlanze setzte. Wer letztere aus dem Gefechte nicht mit zurückbrachte, wurde
getödtet, eine Bestimmung, die den Wunsch jener spartanischen Mutter: „Ent¬
weder mit dem Schilde oder auf ihm" allerdings noch bedeutend überbietet.
Kein Wunder, daß Chala wie ein Napoleon Südafrika's mit seinen starken und
intelligenten Soldaten für seine Nachbarn unwiderstehlich war und in schneller
Aufeinanderfolge das heutige Transvaal, Natal, Basutoland und Orange-
Freistaatland unterwarf. Seine Mordlust kannte keine Grenzen. Ein zweiter
Chlodwig, ließ er alle Häuptlinge, die ihm nicht gutwillig Gehorsam bezeigten,
ohne weiteres todten. Sein Ziel war, König aller Schwarzen Südafrika's zu
werden, und um sich bei der energischen Verfolgung desselben nicht gehindert
zu sehen, suchte er mit der englischen Regierung in der Kapstadt sich auf
freundschaftlichen Fuß zu stellen, was ihm auch durch Absenkung von Gesandt¬
schaften gelang. Seine Militär-Organisation, sowie seine Taktik haben sich aber bis
ans den heutigen Tag bei den Zulu erhalten, denn wie sie ganz unvermuthet die
Engländer am Tugela angriffen und ohne Rücksicht auf eigene Verluste alles
niedermachten, dessen sie habhaft werden konnten, so brach er in der Nacht
plötzlich mit großen Schaaren auf, stürzte sich wie ein Sturmwind auf den
unvorbereiteter Feind und ließ alles, was nicht entfloh, hinschlachten, ohne sich
viel mit Gefangenen zu beschweren.

. Von der blutdürstigen Grausamkeit Chala's und seinem Mangel an jeg¬
lichem menschlichen Gefühl nur einige Beispiele. Feste wurden wie in Dahomey
durch Tödtung von Hunderten seiner Stammesgenossen gefeiert. Beim Tode
seiner Mutter mußten sich 1000 Zulu selbst tödten, und diese sangen bei dieser
fürchterlichen Prozedur Loblieder auf den König — ein grausiges niorituri es
salutÄnt! Aber auch die Thiere sollten seine Rohheit spüren, denn bei der gleichen
Gelegenheit ließ er auch 1000 Kühe abschlachten, damit ihre Kälber merken sollten,
was es heiße, die Mutter zu verlieren. Da ihn wie alle Tyrannen das Ge¬
spenst der Entthronung beunruhigte, so ließ er jede seiner Frauen, sobald er
fürchten mußte, von ihr mit Nachkommenschaft beschenkt zu werden, ohne Er¬
barmen umbringen. Aber noch zu seinen Lebzeiten ereilte ihn die Nemesis:
eine Pest raffte sein ganzes Heer im Jahre 1828 dahin, er selbst starb durch
die Hand seiner Brüder Dingaan und Panda.

Indessen der auf ihn, in der Herrschaft folgende Dingaan überbot wo-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0344" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/141755"/>
          <p xml:id="ID_1003" prev="#ID_1002"> jüngeren Männern, die Reserve, aus den Veteranen gebildet, und den Troß als<lb/>
Träger der Bagage und Treiber der Viehheerden. Die stehende Armee betrug<lb/>
20 Regimenter, konnte aber eventuell innerhalb weniger Stunden auf 40 erhöht<lb/>
werden. Aber auch eine neue Kampfart führte Chala ein, indem er an Stelle<lb/>
der bei den übrigen Kaffervölkern üblichen zerstreuten Gefechtsordnung und des<lb/>
Kampfes mit dem Wurfspieß das Fechten in geschlossener Reihe und mit der<lb/>
Stoßlanze setzte. Wer letztere aus dem Gefechte nicht mit zurückbrachte, wurde<lb/>
getödtet, eine Bestimmung, die den Wunsch jener spartanischen Mutter: &#x201E;Ent¬<lb/>
weder mit dem Schilde oder auf ihm" allerdings noch bedeutend überbietet.<lb/>
Kein Wunder, daß Chala wie ein Napoleon Südafrika's mit seinen starken und<lb/>
intelligenten Soldaten für seine Nachbarn unwiderstehlich war und in schneller<lb/>
Aufeinanderfolge das heutige Transvaal, Natal, Basutoland und Orange-<lb/>
Freistaatland unterwarf. Seine Mordlust kannte keine Grenzen. Ein zweiter<lb/>
Chlodwig, ließ er alle Häuptlinge, die ihm nicht gutwillig Gehorsam bezeigten,<lb/>
ohne weiteres todten. Sein Ziel war, König aller Schwarzen Südafrika's zu<lb/>
werden, und um sich bei der energischen Verfolgung desselben nicht gehindert<lb/>
zu sehen, suchte er mit der englischen Regierung in der Kapstadt sich auf<lb/>
freundschaftlichen Fuß zu stellen, was ihm auch durch Absenkung von Gesandt¬<lb/>
schaften gelang. Seine Militär-Organisation, sowie seine Taktik haben sich aber bis<lb/>
ans den heutigen Tag bei den Zulu erhalten, denn wie sie ganz unvermuthet die<lb/>
Engländer am Tugela angriffen und ohne Rücksicht auf eigene Verluste alles<lb/>
niedermachten, dessen sie habhaft werden konnten, so brach er in der Nacht<lb/>
plötzlich mit großen Schaaren auf, stürzte sich wie ein Sturmwind auf den<lb/>
unvorbereiteter Feind und ließ alles, was nicht entfloh, hinschlachten, ohne sich<lb/>
viel mit Gefangenen zu beschweren.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1004"> . Von der blutdürstigen Grausamkeit Chala's und seinem Mangel an jeg¬<lb/>
lichem menschlichen Gefühl nur einige Beispiele. Feste wurden wie in Dahomey<lb/>
durch Tödtung von Hunderten seiner Stammesgenossen gefeiert. Beim Tode<lb/>
seiner Mutter mußten sich 1000 Zulu selbst tödten, und diese sangen bei dieser<lb/>
fürchterlichen Prozedur Loblieder auf den König &#x2014; ein grausiges niorituri es<lb/>
salutÄnt! Aber auch die Thiere sollten seine Rohheit spüren, denn bei der gleichen<lb/>
Gelegenheit ließ er auch 1000 Kühe abschlachten, damit ihre Kälber merken sollten,<lb/>
was es heiße, die Mutter zu verlieren. Da ihn wie alle Tyrannen das Ge¬<lb/>
spenst der Entthronung beunruhigte, so ließ er jede seiner Frauen, sobald er<lb/>
fürchten mußte, von ihr mit Nachkommenschaft beschenkt zu werden, ohne Er¬<lb/>
barmen umbringen. Aber noch zu seinen Lebzeiten ereilte ihn die Nemesis:<lb/>
eine Pest raffte sein ganzes Heer im Jahre 1828 dahin, er selbst starb durch<lb/>
die Hand seiner Brüder Dingaan und Panda.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1005" next="#ID_1006"> Indessen der auf ihn, in der Herrschaft folgende Dingaan überbot wo-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0344] jüngeren Männern, die Reserve, aus den Veteranen gebildet, und den Troß als Träger der Bagage und Treiber der Viehheerden. Die stehende Armee betrug 20 Regimenter, konnte aber eventuell innerhalb weniger Stunden auf 40 erhöht werden. Aber auch eine neue Kampfart führte Chala ein, indem er an Stelle der bei den übrigen Kaffervölkern üblichen zerstreuten Gefechtsordnung und des Kampfes mit dem Wurfspieß das Fechten in geschlossener Reihe und mit der Stoßlanze setzte. Wer letztere aus dem Gefechte nicht mit zurückbrachte, wurde getödtet, eine Bestimmung, die den Wunsch jener spartanischen Mutter: „Ent¬ weder mit dem Schilde oder auf ihm" allerdings noch bedeutend überbietet. Kein Wunder, daß Chala wie ein Napoleon Südafrika's mit seinen starken und intelligenten Soldaten für seine Nachbarn unwiderstehlich war und in schneller Aufeinanderfolge das heutige Transvaal, Natal, Basutoland und Orange- Freistaatland unterwarf. Seine Mordlust kannte keine Grenzen. Ein zweiter Chlodwig, ließ er alle Häuptlinge, die ihm nicht gutwillig Gehorsam bezeigten, ohne weiteres todten. Sein Ziel war, König aller Schwarzen Südafrika's zu werden, und um sich bei der energischen Verfolgung desselben nicht gehindert zu sehen, suchte er mit der englischen Regierung in der Kapstadt sich auf freundschaftlichen Fuß zu stellen, was ihm auch durch Absenkung von Gesandt¬ schaften gelang. Seine Militär-Organisation, sowie seine Taktik haben sich aber bis ans den heutigen Tag bei den Zulu erhalten, denn wie sie ganz unvermuthet die Engländer am Tugela angriffen und ohne Rücksicht auf eigene Verluste alles niedermachten, dessen sie habhaft werden konnten, so brach er in der Nacht plötzlich mit großen Schaaren auf, stürzte sich wie ein Sturmwind auf den unvorbereiteter Feind und ließ alles, was nicht entfloh, hinschlachten, ohne sich viel mit Gefangenen zu beschweren. . Von der blutdürstigen Grausamkeit Chala's und seinem Mangel an jeg¬ lichem menschlichen Gefühl nur einige Beispiele. Feste wurden wie in Dahomey durch Tödtung von Hunderten seiner Stammesgenossen gefeiert. Beim Tode seiner Mutter mußten sich 1000 Zulu selbst tödten, und diese sangen bei dieser fürchterlichen Prozedur Loblieder auf den König — ein grausiges niorituri es salutÄnt! Aber auch die Thiere sollten seine Rohheit spüren, denn bei der gleichen Gelegenheit ließ er auch 1000 Kühe abschlachten, damit ihre Kälber merken sollten, was es heiße, die Mutter zu verlieren. Da ihn wie alle Tyrannen das Ge¬ spenst der Entthronung beunruhigte, so ließ er jede seiner Frauen, sobald er fürchten mußte, von ihr mit Nachkommenschaft beschenkt zu werden, ohne Er¬ barmen umbringen. Aber noch zu seinen Lebzeiten ereilte ihn die Nemesis: eine Pest raffte sein ganzes Heer im Jahre 1828 dahin, er selbst starb durch die Hand seiner Brüder Dingaan und Panda. Indessen der auf ihn, in der Herrschaft folgende Dingaan überbot wo-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_141412
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_141412/344
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_141412/344>, abgerufen am 23.07.2024.