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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal.

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auszeichnen; sie wollen eine Art Museum im Kleinen, "eine permanente Kunst¬
ausstellung am traulichen Familientische" sein. Das Nähere lehrt ein Blick
auf den Inhalt der Lieferung selbst; auf 8 Blatt im Formate der "Jllustrirten
Zeitung" bringt sie folgende 6 Bilder: "Die beiden Freundinnen" von
H. Mcckart, "Die Ruinen von Athen" von A. Rieger (zweiseitig), "Christus
an der Leiche von Jairus' Töchterlein" und "Die Löwenbraut" von G. Max,
"Während des Gebetläutens im Klosterbräustübchen" von E. Grützner (zwei¬
seitig) und "Dame mit spielendem Kätzchen" von K. Wünnenberg. Nicht also
auf Anschauungsmaterial für irgend einen der oben genannten wissenschaftlichen
Zweige, sondern lediglich auf künstlerische Anschauung ist es dabei abgesehen.
Ein kurzer Text soll denjenigen, welche sich näher für die Bilder und deren
Autoren interessiren, "Belehrung und Unterhaltung zugleich bieten".

Bei der Wichtigkeit, die man endlich auch in Deutschland wieder anfängt
der Ausbildung eines höheren und reineren Kunstgeschmackes der Masse beizu¬
legen, darf das vorliegende Unternehmen eine ganz besondere Beachtung bean¬
spruchen; in den richtigen Händen und im richtigen Fahrwasser kann es geradezu
eine erzieherische Aufgabe erfüllen. Es rechtfertigt sich daher Wohl von selbst,
wenn wir nicht blos rin zwei Worten seiner gedenken, sondern, indem wir ihm
alles Lob spenden, das es verdient, doch auch die Bedenken nicht zurückhalten,
die uns gleich der ersten Lieferung gegenüber aufgestiegen find.

In der Vornehmheit seiner äußeren Erscheinung übertrifft das vorliegende
Heft unsere Erwartungen. Die demokratischste aller vervielfältigenden Künste,
wie man mit Recht den Holzschnitt genannt hat, gewinnt ein entschieden aristo¬
kratisches Gepräge, wenn sie auf so schönem und gediegenem Material erscheint,
wie hier. Aber es ist ja nur zu billigen, wenn man auch solchen für weiteste
Kreise berechneten Unternehmungen ein möglichst vornehmes Gewand gibt.
Alle echte Kunst ist freilich eidlichen Geblütes und verbirgt auch in dem un¬
scheinbarsten Kleide dem Auge des Kenners ihre edle Abkunft nicht. Für die
Menge aber ist es gut, wenn ihr schon dnrch die äußere Erscheinung Respekt
vor dem Kunstwerke eingeflößt wird. Und wenn es mit so geringen Mitteln
geschehen kann -- wer zahlte nicht gern den wohlfeilen Preis von einer Mark
für solch' ein Heft? -- so wäre es ja unrecht, wenn man etwa um weniger
Pfennige willen mit der Ausstattung krausem wollte. Aber es ist ja nicht die
äußere Zuthat allein, es ist vor allem auch die Akkuratesse der typographischen
Ausführung, die zu dem erwähnten Eindrucke beiträgt. Zwischen Drucken und
Drucken ist eben ein großer Unterschied. Bei aller Sorgfalt, die auf die
Herstellung der "Jllustrirten Zeitung" verwendet wird -- wie ganz anders
wirken doch die Holzstöcke in der außergewöhnlich subtilen Zurichtung, die
man ihnen hier hat angedeihen lassen!


auszeichnen; sie wollen eine Art Museum im Kleinen, „eine permanente Kunst¬
ausstellung am traulichen Familientische" sein. Das Nähere lehrt ein Blick
auf den Inhalt der Lieferung selbst; auf 8 Blatt im Formate der „Jllustrirten
Zeitung" bringt sie folgende 6 Bilder: „Die beiden Freundinnen" von
H. Mcckart, „Die Ruinen von Athen" von A. Rieger (zweiseitig), „Christus
an der Leiche von Jairus' Töchterlein" und „Die Löwenbraut" von G. Max,
„Während des Gebetläutens im Klosterbräustübchen" von E. Grützner (zwei¬
seitig) und „Dame mit spielendem Kätzchen" von K. Wünnenberg. Nicht also
auf Anschauungsmaterial für irgend einen der oben genannten wissenschaftlichen
Zweige, sondern lediglich auf künstlerische Anschauung ist es dabei abgesehen.
Ein kurzer Text soll denjenigen, welche sich näher für die Bilder und deren
Autoren interessiren, „Belehrung und Unterhaltung zugleich bieten".

Bei der Wichtigkeit, die man endlich auch in Deutschland wieder anfängt
der Ausbildung eines höheren und reineren Kunstgeschmackes der Masse beizu¬
legen, darf das vorliegende Unternehmen eine ganz besondere Beachtung bean¬
spruchen; in den richtigen Händen und im richtigen Fahrwasser kann es geradezu
eine erzieherische Aufgabe erfüllen. Es rechtfertigt sich daher Wohl von selbst,
wenn wir nicht blos rin zwei Worten seiner gedenken, sondern, indem wir ihm
alles Lob spenden, das es verdient, doch auch die Bedenken nicht zurückhalten,
die uns gleich der ersten Lieferung gegenüber aufgestiegen find.

In der Vornehmheit seiner äußeren Erscheinung übertrifft das vorliegende
Heft unsere Erwartungen. Die demokratischste aller vervielfältigenden Künste,
wie man mit Recht den Holzschnitt genannt hat, gewinnt ein entschieden aristo¬
kratisches Gepräge, wenn sie auf so schönem und gediegenem Material erscheint,
wie hier. Aber es ist ja nur zu billigen, wenn man auch solchen für weiteste
Kreise berechneten Unternehmungen ein möglichst vornehmes Gewand gibt.
Alle echte Kunst ist freilich eidlichen Geblütes und verbirgt auch in dem un¬
scheinbarsten Kleide dem Auge des Kenners ihre edle Abkunft nicht. Für die
Menge aber ist es gut, wenn ihr schon dnrch die äußere Erscheinung Respekt
vor dem Kunstwerke eingeflößt wird. Und wenn es mit so geringen Mitteln
geschehen kann — wer zahlte nicht gern den wohlfeilen Preis von einer Mark
für solch' ein Heft? — so wäre es ja unrecht, wenn man etwa um weniger
Pfennige willen mit der Ausstattung krausem wollte. Aber es ist ja nicht die
äußere Zuthat allein, es ist vor allem auch die Akkuratesse der typographischen
Ausführung, die zu dem erwähnten Eindrucke beiträgt. Zwischen Drucken und
Drucken ist eben ein großer Unterschied. Bei aller Sorgfalt, die auf die
Herstellung der „Jllustrirten Zeitung" verwendet wird — wie ganz anders
wirken doch die Holzstöcke in der außergewöhnlich subtilen Zurichtung, die
man ihnen hier hat angedeihen lassen!


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_141412/289>, abgerufen am 23.07.2024.