Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite

heiligen Franziskus ("diese Platte ist ein wenig roh gravirt; es war ein erster Ver¬
such"), die Rückkehr der Madonna mit dem Kinde aus Aegypten, eine kleine Madonna,
welche das Kind küßt ("diese Platte scheint mir gut"), eine Susanne, ("die ich
den besten beizähle"), ein großer Stich mit dem Sturze Luzifer's ("der nicht
schlecht ausgefallen ist"), die Familie Loth's verläßt die Stadt Sodom ("eine
Platte, die zu einer Zeit ausgeführt worden ist, als der Stecher mein Gehilfe
wurde"). "Ich habe noch eine Amazonenschlacht in sechs Blättern," fährt er
fort, "es fehlen noch einige Tage Arbeit daran; aber ich kann sie nicht aus den
Händen dieses Menschen loskriegen, obwohl der Stich schon seit drei Jahren
bezahlt ist.....Ich habe noch ein Architekturbuch von den schönsten Palästen
von Genua, ungefähr in 70 Blättern, mit den Plänen veröffentlicht, aber ich
weiß nicht, ob Euch das Vergnügen machen wird." Der Stecher, um den es
sich hier handelt, ist Lucas Vorstermann, der seit 1620 für Rubens arbeitete.
Die Amazonenfchlacht trägt das Datum des 1. Januar 1623. Es bedarf
keines ausdrücklichen Hinweises auf die große Wichtigkeit des Rubens'schen
Briefes für die Chronologie seiner Werke und sein Verhältniß zu dem Stecher,
der unter seiner Leitung arbeitete. Alle Gemälde, deren Reproduktionen er in
seinem Briefe erwähnt, sind noch vorhanden. Das Werk über die genuesischen
Paläste erschien in zwei Theilen, der erste mit 72 Tafeln im Frühjahr 1622.
Die Vorrede ist vom 29. Mai datirt. Der zweite Theil mit 67 Tafeln erschien
etwas später. Da sich Rubens nnr 7 Wochen in Genua aufgehalten hat, kann
er unmöglich die zahlreichen, in dem Buche enthaltenen geometrischen Pläne
und Fayadenzeichnuugen selbst angefertigt haben. Er spielte in diesem Falle
wohl nur die Rolle eines Herausgebers.

Der letzte der Briefe in unserer Reihe, an Peiresc unter dem 27. März
1631 gerichtet, berührt neben zahlreichen, politischen Angelegenheiten noch ein¬
mal den zweiten großen Zyklus von Gemälden, welchen ihm Maria von
Medicis aufgetragen hatte, die Henriade. Er preist sich glücklich, daß der
Abbe von Se. Ambroise ihn vier Monate lang durch allerlei Diskussionen von
der Arbeit abgehalten habe. Angesichts der am französischen Hofe bevorstehenden
Katastrophen hält er seine ganze Arbeit für "rein verloren". "Alle Höfe," sagt
er schließlich, "sind großen Zufälligkeiten und Wandlungen unterworfen; aber
an dem Hofe von Frankreich sind sie zahlreicher als an jedem anderen."


Adolf Rosenberg.


heiligen Franziskus („diese Platte ist ein wenig roh gravirt; es war ein erster Ver¬
such"), die Rückkehr der Madonna mit dem Kinde aus Aegypten, eine kleine Madonna,
welche das Kind küßt („diese Platte scheint mir gut"), eine Susanne, („die ich
den besten beizähle"), ein großer Stich mit dem Sturze Luzifer's („der nicht
schlecht ausgefallen ist"), die Familie Loth's verläßt die Stadt Sodom („eine
Platte, die zu einer Zeit ausgeführt worden ist, als der Stecher mein Gehilfe
wurde"). „Ich habe noch eine Amazonenschlacht in sechs Blättern," fährt er
fort, „es fehlen noch einige Tage Arbeit daran; aber ich kann sie nicht aus den
Händen dieses Menschen loskriegen, obwohl der Stich schon seit drei Jahren
bezahlt ist.....Ich habe noch ein Architekturbuch von den schönsten Palästen
von Genua, ungefähr in 70 Blättern, mit den Plänen veröffentlicht, aber ich
weiß nicht, ob Euch das Vergnügen machen wird." Der Stecher, um den es
sich hier handelt, ist Lucas Vorstermann, der seit 1620 für Rubens arbeitete.
Die Amazonenfchlacht trägt das Datum des 1. Januar 1623. Es bedarf
keines ausdrücklichen Hinweises auf die große Wichtigkeit des Rubens'schen
Briefes für die Chronologie seiner Werke und sein Verhältniß zu dem Stecher,
der unter seiner Leitung arbeitete. Alle Gemälde, deren Reproduktionen er in
seinem Briefe erwähnt, sind noch vorhanden. Das Werk über die genuesischen
Paläste erschien in zwei Theilen, der erste mit 72 Tafeln im Frühjahr 1622.
Die Vorrede ist vom 29. Mai datirt. Der zweite Theil mit 67 Tafeln erschien
etwas später. Da sich Rubens nnr 7 Wochen in Genua aufgehalten hat, kann
er unmöglich die zahlreichen, in dem Buche enthaltenen geometrischen Pläne
und Fayadenzeichnuugen selbst angefertigt haben. Er spielte in diesem Falle
wohl nur die Rolle eines Herausgebers.

Der letzte der Briefe in unserer Reihe, an Peiresc unter dem 27. März
1631 gerichtet, berührt neben zahlreichen, politischen Angelegenheiten noch ein¬
mal den zweiten großen Zyklus von Gemälden, welchen ihm Maria von
Medicis aufgetragen hatte, die Henriade. Er preist sich glücklich, daß der
Abbe von Se. Ambroise ihn vier Monate lang durch allerlei Diskussionen von
der Arbeit abgehalten habe. Angesichts der am französischen Hofe bevorstehenden
Katastrophen hält er seine ganze Arbeit für „rein verloren". „Alle Höfe," sagt
er schließlich, „sind großen Zufälligkeiten und Wandlungen unterworfen; aber
an dem Hofe von Frankreich sind sie zahlreicher als an jedem anderen."


Adolf Rosenberg.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0160" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/141571"/>
          <p xml:id="ID_482" prev="#ID_481"> heiligen Franziskus (&#x201E;diese Platte ist ein wenig roh gravirt; es war ein erster Ver¬<lb/>
such"), die Rückkehr der Madonna mit dem Kinde aus Aegypten, eine kleine Madonna,<lb/>
welche das Kind küßt (&#x201E;diese Platte scheint mir gut"), eine Susanne, (&#x201E;die ich<lb/>
den besten beizähle"), ein großer Stich mit dem Sturze Luzifer's (&#x201E;der nicht<lb/>
schlecht ausgefallen ist"), die Familie Loth's verläßt die Stadt Sodom (&#x201E;eine<lb/>
Platte, die zu einer Zeit ausgeführt worden ist, als der Stecher mein Gehilfe<lb/>
wurde"). &#x201E;Ich habe noch eine Amazonenschlacht in sechs Blättern," fährt er<lb/>
fort, &#x201E;es fehlen noch einige Tage Arbeit daran; aber ich kann sie nicht aus den<lb/>
Händen dieses Menschen loskriegen, obwohl der Stich schon seit drei Jahren<lb/>
bezahlt ist.....Ich habe noch ein Architekturbuch von den schönsten Palästen<lb/>
von Genua, ungefähr in 70 Blättern, mit den Plänen veröffentlicht, aber ich<lb/>
weiß nicht, ob Euch das Vergnügen machen wird." Der Stecher, um den es<lb/>
sich hier handelt, ist Lucas Vorstermann, der seit 1620 für Rubens arbeitete.<lb/>
Die Amazonenfchlacht trägt das Datum des 1. Januar 1623. Es bedarf<lb/>
keines ausdrücklichen Hinweises auf die große Wichtigkeit des Rubens'schen<lb/>
Briefes für die Chronologie seiner Werke und sein Verhältniß zu dem Stecher,<lb/>
der unter seiner Leitung arbeitete. Alle Gemälde, deren Reproduktionen er in<lb/>
seinem Briefe erwähnt, sind noch vorhanden. Das Werk über die genuesischen<lb/>
Paläste erschien in zwei Theilen, der erste mit 72 Tafeln im Frühjahr 1622.<lb/>
Die Vorrede ist vom 29. Mai datirt. Der zweite Theil mit 67 Tafeln erschien<lb/>
etwas später. Da sich Rubens nnr 7 Wochen in Genua aufgehalten hat, kann<lb/>
er unmöglich die zahlreichen, in dem Buche enthaltenen geometrischen Pläne<lb/>
und Fayadenzeichnuugen selbst angefertigt haben. Er spielte in diesem Falle<lb/>
wohl nur die Rolle eines Herausgebers.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_483"> Der letzte der Briefe in unserer Reihe, an Peiresc unter dem 27. März<lb/>
1631 gerichtet, berührt neben zahlreichen, politischen Angelegenheiten noch ein¬<lb/>
mal den zweiten großen Zyklus von Gemälden, welchen ihm Maria von<lb/>
Medicis aufgetragen hatte, die Henriade. Er preist sich glücklich, daß der<lb/>
Abbe von Se. Ambroise ihn vier Monate lang durch allerlei Diskussionen von<lb/>
der Arbeit abgehalten habe. Angesichts der am französischen Hofe bevorstehenden<lb/>
Katastrophen hält er seine ganze Arbeit für &#x201E;rein verloren". &#x201E;Alle Höfe," sagt<lb/>
er schließlich, &#x201E;sind großen Zufälligkeiten und Wandlungen unterworfen; aber<lb/>
an dem Hofe von Frankreich sind sie zahlreicher als an jedem anderen."</p><lb/>
          <note type="byline"> Adolf Rosenberg.</note><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0160] heiligen Franziskus („diese Platte ist ein wenig roh gravirt; es war ein erster Ver¬ such"), die Rückkehr der Madonna mit dem Kinde aus Aegypten, eine kleine Madonna, welche das Kind küßt („diese Platte scheint mir gut"), eine Susanne, („die ich den besten beizähle"), ein großer Stich mit dem Sturze Luzifer's („der nicht schlecht ausgefallen ist"), die Familie Loth's verläßt die Stadt Sodom („eine Platte, die zu einer Zeit ausgeführt worden ist, als der Stecher mein Gehilfe wurde"). „Ich habe noch eine Amazonenschlacht in sechs Blättern," fährt er fort, „es fehlen noch einige Tage Arbeit daran; aber ich kann sie nicht aus den Händen dieses Menschen loskriegen, obwohl der Stich schon seit drei Jahren bezahlt ist.....Ich habe noch ein Architekturbuch von den schönsten Palästen von Genua, ungefähr in 70 Blättern, mit den Plänen veröffentlicht, aber ich weiß nicht, ob Euch das Vergnügen machen wird." Der Stecher, um den es sich hier handelt, ist Lucas Vorstermann, der seit 1620 für Rubens arbeitete. Die Amazonenfchlacht trägt das Datum des 1. Januar 1623. Es bedarf keines ausdrücklichen Hinweises auf die große Wichtigkeit des Rubens'schen Briefes für die Chronologie seiner Werke und sein Verhältniß zu dem Stecher, der unter seiner Leitung arbeitete. Alle Gemälde, deren Reproduktionen er in seinem Briefe erwähnt, sind noch vorhanden. Das Werk über die genuesischen Paläste erschien in zwei Theilen, der erste mit 72 Tafeln im Frühjahr 1622. Die Vorrede ist vom 29. Mai datirt. Der zweite Theil mit 67 Tafeln erschien etwas später. Da sich Rubens nnr 7 Wochen in Genua aufgehalten hat, kann er unmöglich die zahlreichen, in dem Buche enthaltenen geometrischen Pläne und Fayadenzeichnuugen selbst angefertigt haben. Er spielte in diesem Falle wohl nur die Rolle eines Herausgebers. Der letzte der Briefe in unserer Reihe, an Peiresc unter dem 27. März 1631 gerichtet, berührt neben zahlreichen, politischen Angelegenheiten noch ein¬ mal den zweiten großen Zyklus von Gemälden, welchen ihm Maria von Medicis aufgetragen hatte, die Henriade. Er preist sich glücklich, daß der Abbe von Se. Ambroise ihn vier Monate lang durch allerlei Diskussionen von der Arbeit abgehalten habe. Angesichts der am französischen Hofe bevorstehenden Katastrophen hält er seine ganze Arbeit für „rein verloren". „Alle Höfe," sagt er schließlich, „sind großen Zufälligkeiten und Wandlungen unterworfen; aber an dem Hofe von Frankreich sind sie zahlreicher als an jedem anderen." Adolf Rosenberg.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_141412
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_141412/160
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_141412/160>, abgerufen am 23.07.2024.