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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal.

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Antwerpen. Die Gemälde waren für den Luxemburgpalast in Paris bestimmt
und sollten einundzwanzig Momente aus dem Leben der Königin von ihrer
Geburt bis zu ihrer Versöhnung mit Ludwig XHI. darstellen. Der Gesandte
des Erzherzogs Albert und der Herzogin Jsabella am französischen Hofe, der
Baron de Vicq, hatte die Aufmerksamkeit der Königin - Wittwe auf den Ant¬
werpener Maler gelenkt. Aus Dankbarkeit schenkte ihm Rubens eine Madonna
mit dem Kinde und pvrträtirte ihn und seiue Gattin. Ein Porträt des Barons
befindet sich im Louvre. Als Rubens Ende 1621 nach Paris kam, fertigte
er zunächst eine Reihe von Skizzen grau in grau an, welche von der Königin
approbirt wurden, und nach denen der Meister die großen Bilder in Antwerpen
ausführte. Später gingen diese Skizzen in den Besitz des Claude Maugis,
Almoseniers der Königin und Abbes von Saint-Ambroise, über, welcher wäh¬
rend der Arbeitszeit als Unterhändler zwischen seiner Herrin und dem Maler
fungirte. Siebzehn von diesen Grisaillen befinden sich in der Münchener
Pinakothek, die übrigen in der Eremitage zu Petersburg. Die Königin drang
darauf, daß der ganze Zyklus zur Vermählung ihrer Tochter Marie-Henriette
mit dem Herzoge von Aork, dem späteren König Karl I. von England, fertig
sein sollte. Die Vermählungsfeierlichkeit war auf den 11. Mai 1625 festgesetzt.

In dem folgenden Briefe an Herrn von Valavks, vom 26. Dezember
1624 datirt, theilt Rubens mit, daß der Abt von Se. Ambroise bei ihm an¬
gefragt habe, bis zu welchem Termin er die Bilder für die Königin-Mutter
liefern könne. Er habe ihm geantwortet, daß er, wenn Gott ihm Leben und
Gesundheit schenke, alles bis Ende nächsten Januars zu vollenden hoffe. Wenn
es aber damit keine zu große Eile hätte, so würde es ihm lieber sein, wenn
er noch etwas Aufschub erhalten könnte, damit die Farben gemächlich trocknen
könnten. Alsdann würde man die Gemälde zusammenrollen und einpacken
können, ohne Gefahr zu laufen, etwas daran zu verderben. Auch müsse man
vierzehn Tage für die Reise des Wagens einrechnen, der die Bilder von Brüssel
nach Paris zu transportiren habe. Nichtsdestoweniger hoffe er spätestens Ende
Februar mit allen Bildern in Paris zu sein. Des Weiteren erzählt Rubens
in diesem Briefe, daß ihm auch der Kardinal Richelieu ein Bild aufgetragen
hätte, leider kein so großes, wie er gewünscht hätte, um dem Herrn gefällig
zu sein. Auch hätte er für den Herrn Parlamentsrath von Peiresc die Zeich¬
nung einer Mumie angefertigt, welche er, um sie besser vor Feuchtigkeit zu
schützen, mit den Bildern nach Paris bringen würde.

Ob Rubens, der bekanntlich ein eifriger Kuriositätensammler war, selbst
im Besitze der Mumie gewesen, die er für Peiresc gezeichnet, oder ob er die¬
selbe auf seinen Reisen gesehen und skizzirt hat, können wir nicht mehr ermit¬
teln. Man weiß nur soviel, daß ein Herr van Parys, Rubens' letzter Nach-


Grenzboten I. 1379. 19

Antwerpen. Die Gemälde waren für den Luxemburgpalast in Paris bestimmt
und sollten einundzwanzig Momente aus dem Leben der Königin von ihrer
Geburt bis zu ihrer Versöhnung mit Ludwig XHI. darstellen. Der Gesandte
des Erzherzogs Albert und der Herzogin Jsabella am französischen Hofe, der
Baron de Vicq, hatte die Aufmerksamkeit der Königin - Wittwe auf den Ant¬
werpener Maler gelenkt. Aus Dankbarkeit schenkte ihm Rubens eine Madonna
mit dem Kinde und pvrträtirte ihn und seiue Gattin. Ein Porträt des Barons
befindet sich im Louvre. Als Rubens Ende 1621 nach Paris kam, fertigte
er zunächst eine Reihe von Skizzen grau in grau an, welche von der Königin
approbirt wurden, und nach denen der Meister die großen Bilder in Antwerpen
ausführte. Später gingen diese Skizzen in den Besitz des Claude Maugis,
Almoseniers der Königin und Abbes von Saint-Ambroise, über, welcher wäh¬
rend der Arbeitszeit als Unterhändler zwischen seiner Herrin und dem Maler
fungirte. Siebzehn von diesen Grisaillen befinden sich in der Münchener
Pinakothek, die übrigen in der Eremitage zu Petersburg. Die Königin drang
darauf, daß der ganze Zyklus zur Vermählung ihrer Tochter Marie-Henriette
mit dem Herzoge von Aork, dem späteren König Karl I. von England, fertig
sein sollte. Die Vermählungsfeierlichkeit war auf den 11. Mai 1625 festgesetzt.

In dem folgenden Briefe an Herrn von Valavks, vom 26. Dezember
1624 datirt, theilt Rubens mit, daß der Abt von Se. Ambroise bei ihm an¬
gefragt habe, bis zu welchem Termin er die Bilder für die Königin-Mutter
liefern könne. Er habe ihm geantwortet, daß er, wenn Gott ihm Leben und
Gesundheit schenke, alles bis Ende nächsten Januars zu vollenden hoffe. Wenn
es aber damit keine zu große Eile hätte, so würde es ihm lieber sein, wenn
er noch etwas Aufschub erhalten könnte, damit die Farben gemächlich trocknen
könnten. Alsdann würde man die Gemälde zusammenrollen und einpacken
können, ohne Gefahr zu laufen, etwas daran zu verderben. Auch müsse man
vierzehn Tage für die Reise des Wagens einrechnen, der die Bilder von Brüssel
nach Paris zu transportiren habe. Nichtsdestoweniger hoffe er spätestens Ende
Februar mit allen Bildern in Paris zu sein. Des Weiteren erzählt Rubens
in diesem Briefe, daß ihm auch der Kardinal Richelieu ein Bild aufgetragen
hätte, leider kein so großes, wie er gewünscht hätte, um dem Herrn gefällig
zu sein. Auch hätte er für den Herrn Parlamentsrath von Peiresc die Zeich¬
nung einer Mumie angefertigt, welche er, um sie besser vor Feuchtigkeit zu
schützen, mit den Bildern nach Paris bringen würde.

Ob Rubens, der bekanntlich ein eifriger Kuriositätensammler war, selbst
im Besitze der Mumie gewesen, die er für Peiresc gezeichnet, oder ob er die¬
selbe auf seinen Reisen gesehen und skizzirt hat, können wir nicht mehr ermit¬
teln. Man weiß nur soviel, daß ein Herr van Parys, Rubens' letzter Nach-


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[0153] Antwerpen. Die Gemälde waren für den Luxemburgpalast in Paris bestimmt und sollten einundzwanzig Momente aus dem Leben der Königin von ihrer Geburt bis zu ihrer Versöhnung mit Ludwig XHI. darstellen. Der Gesandte des Erzherzogs Albert und der Herzogin Jsabella am französischen Hofe, der Baron de Vicq, hatte die Aufmerksamkeit der Königin - Wittwe auf den Ant¬ werpener Maler gelenkt. Aus Dankbarkeit schenkte ihm Rubens eine Madonna mit dem Kinde und pvrträtirte ihn und seiue Gattin. Ein Porträt des Barons befindet sich im Louvre. Als Rubens Ende 1621 nach Paris kam, fertigte er zunächst eine Reihe von Skizzen grau in grau an, welche von der Königin approbirt wurden, und nach denen der Meister die großen Bilder in Antwerpen ausführte. Später gingen diese Skizzen in den Besitz des Claude Maugis, Almoseniers der Königin und Abbes von Saint-Ambroise, über, welcher wäh¬ rend der Arbeitszeit als Unterhändler zwischen seiner Herrin und dem Maler fungirte. Siebzehn von diesen Grisaillen befinden sich in der Münchener Pinakothek, die übrigen in der Eremitage zu Petersburg. Die Königin drang darauf, daß der ganze Zyklus zur Vermählung ihrer Tochter Marie-Henriette mit dem Herzoge von Aork, dem späteren König Karl I. von England, fertig sein sollte. Die Vermählungsfeierlichkeit war auf den 11. Mai 1625 festgesetzt. In dem folgenden Briefe an Herrn von Valavks, vom 26. Dezember 1624 datirt, theilt Rubens mit, daß der Abt von Se. Ambroise bei ihm an¬ gefragt habe, bis zu welchem Termin er die Bilder für die Königin-Mutter liefern könne. Er habe ihm geantwortet, daß er, wenn Gott ihm Leben und Gesundheit schenke, alles bis Ende nächsten Januars zu vollenden hoffe. Wenn es aber damit keine zu große Eile hätte, so würde es ihm lieber sein, wenn er noch etwas Aufschub erhalten könnte, damit die Farben gemächlich trocknen könnten. Alsdann würde man die Gemälde zusammenrollen und einpacken können, ohne Gefahr zu laufen, etwas daran zu verderben. Auch müsse man vierzehn Tage für die Reise des Wagens einrechnen, der die Bilder von Brüssel nach Paris zu transportiren habe. Nichtsdestoweniger hoffe er spätestens Ende Februar mit allen Bildern in Paris zu sein. Des Weiteren erzählt Rubens in diesem Briefe, daß ihm auch der Kardinal Richelieu ein Bild aufgetragen hätte, leider kein so großes, wie er gewünscht hätte, um dem Herrn gefällig zu sein. Auch hätte er für den Herrn Parlamentsrath von Peiresc die Zeich¬ nung einer Mumie angefertigt, welche er, um sie besser vor Feuchtigkeit zu schützen, mit den Bildern nach Paris bringen würde. Ob Rubens, der bekanntlich ein eifriger Kuriositätensammler war, selbst im Besitze der Mumie gewesen, die er für Peiresc gezeichnet, oder ob er die¬ selbe auf seinen Reisen gesehen und skizzirt hat, können wir nicht mehr ermit¬ teln. Man weiß nur soviel, daß ein Herr van Parys, Rubens' letzter Nach- Grenzboten I. 1379. 19

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_141412/153>, abgerufen am 23.07.2024.