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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal.

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den Ausgangspunkt von neuen, ebenso unfruchtbaren Diskussionen bildet. Von
den verschiedenen Beschlüssen, die von dem ersten kunstwissenschaftlicher Kon¬
greß in Wien (September 1873) gefaßt wurden, ist bis jetzt nur der auf die
Katalogisirung von Gemälden bezügliche hier und da in der Praxis ausgeführt
worden. Die Verhandlungen des artistischen Kongresses von Antwerpen füllen
einen hohen, 570 Seiten umfassenden Quartanten, der allen Teilnehmern
gewiß ein schätzbares Andenken sein, dessen Inhalt aber schwerlich einen er¬
sprießlichen Einfluß auf die Förderung künstlerischer Interessen gewinnen wird.
Gleichwohl verdient einer der gefaßten Beschlüsse, welcher in unmittelbarem
Zusammenhang mit der Person des gefeierten Künstlers steht, eine baldige und
exakte Ausführung, nämlich derjenige, durch die Stadt Antwerpen eine Kom¬
mission niedersetzen zu lassen, welche die Aufgabe übernimmt, in einem voclsx
äixlomÄtieus Rudsnianus alle auf das Leben und die Werke des berühmten
Antwerpener Meisters bezüglichen Aktenstücke zu sammeln. Dahin gehören
vor allen Dingen seine Briefe.

Nach einer annährend richtigen Berechnung hat Rubens, dessen verhält¬
nißmäßig kurzes Leben eitel Mühe und Arbeit gewesen ist, etwa 8000 Briefe
geschrieben. Dieselben sind -- man darf wohl in Anbetracht der gewaltigen
Arbeit, die dem Historiker daraus erwachsen würde, sagen -- glücklicherweise
nicht mehr vollzählig vorhanden. Man kennt bis jetzt im Gegentheil nur einen
sehr kleinen Theil seiner weitschichtigen Korrespondenz, etwa hundertundfunfzig
Briefe, nächst Michel Angelo immer noch die meisten, die uns von einem der
Heroen der Kunstgeschichte erhalten sind.

Das Rubensjubiläum ging nicht vorüber, ohne uns einen neuen Zuwachs
von Dokumenten und Briefen zu geben, welche über ganze Perioden im Leben
des Meisters ein neues Licht verbreiten. Gansart hat in seinem verdienstvollen
Buche "Histoiro xolitiqns se öixlomatiquo as ?isrrsKudsus" (Brüssel,
1877) Briefe und Berichte von Rubens an den Herzog von Olivarez aus den
Archiven von Wien und Simancas veröffentlicht, welche sich u. a. auf die
diplomatische Sendung des Künstlers nach London beziehen, wo er zur Rege¬
lung der zwischen England und Spanien bestehenden Verwickelungen beitragen
sollte. Eine zweite nicht minder wichtige Publikation*) von dem Konservator
an der Brüsseler Bibliothek Ch. Rückens enthält neun Briefe von Rubens,
welche den Zeitraum von 1622 bis 1631 umfassen, und von denen sich einige
auf den großen Bilderzyklus beziehen, welchen Rubens für Maria von Medicis
gemalt hat, und der sich jetzt im Louvre befindet. Letzteres Buch ist nur in
50 numerirten Exemplaren in den Handel gelangt, und dies mag der Grund



*) ?isrrs Rubens, voonmsntn se Lsttrek! pudliöK se annotss "^r Kuslsus
Li'uxellss 1377.

den Ausgangspunkt von neuen, ebenso unfruchtbaren Diskussionen bildet. Von
den verschiedenen Beschlüssen, die von dem ersten kunstwissenschaftlicher Kon¬
greß in Wien (September 1873) gefaßt wurden, ist bis jetzt nur der auf die
Katalogisirung von Gemälden bezügliche hier und da in der Praxis ausgeführt
worden. Die Verhandlungen des artistischen Kongresses von Antwerpen füllen
einen hohen, 570 Seiten umfassenden Quartanten, der allen Teilnehmern
gewiß ein schätzbares Andenken sein, dessen Inhalt aber schwerlich einen er¬
sprießlichen Einfluß auf die Förderung künstlerischer Interessen gewinnen wird.
Gleichwohl verdient einer der gefaßten Beschlüsse, welcher in unmittelbarem
Zusammenhang mit der Person des gefeierten Künstlers steht, eine baldige und
exakte Ausführung, nämlich derjenige, durch die Stadt Antwerpen eine Kom¬
mission niedersetzen zu lassen, welche die Aufgabe übernimmt, in einem voclsx
äixlomÄtieus Rudsnianus alle auf das Leben und die Werke des berühmten
Antwerpener Meisters bezüglichen Aktenstücke zu sammeln. Dahin gehören
vor allen Dingen seine Briefe.

Nach einer annährend richtigen Berechnung hat Rubens, dessen verhält¬
nißmäßig kurzes Leben eitel Mühe und Arbeit gewesen ist, etwa 8000 Briefe
geschrieben. Dieselben sind — man darf wohl in Anbetracht der gewaltigen
Arbeit, die dem Historiker daraus erwachsen würde, sagen — glücklicherweise
nicht mehr vollzählig vorhanden. Man kennt bis jetzt im Gegentheil nur einen
sehr kleinen Theil seiner weitschichtigen Korrespondenz, etwa hundertundfunfzig
Briefe, nächst Michel Angelo immer noch die meisten, die uns von einem der
Heroen der Kunstgeschichte erhalten sind.

Das Rubensjubiläum ging nicht vorüber, ohne uns einen neuen Zuwachs
von Dokumenten und Briefen zu geben, welche über ganze Perioden im Leben
des Meisters ein neues Licht verbreiten. Gansart hat in seinem verdienstvollen
Buche „Histoiro xolitiqns se öixlomatiquo as ?isrrsKudsus" (Brüssel,
1877) Briefe und Berichte von Rubens an den Herzog von Olivarez aus den
Archiven von Wien und Simancas veröffentlicht, welche sich u. a. auf die
diplomatische Sendung des Künstlers nach London beziehen, wo er zur Rege¬
lung der zwischen England und Spanien bestehenden Verwickelungen beitragen
sollte. Eine zweite nicht minder wichtige Publikation*) von dem Konservator
an der Brüsseler Bibliothek Ch. Rückens enthält neun Briefe von Rubens,
welche den Zeitraum von 1622 bis 1631 umfassen, und von denen sich einige
auf den großen Bilderzyklus beziehen, welchen Rubens für Maria von Medicis
gemalt hat, und der sich jetzt im Louvre befindet. Letzteres Buch ist nur in
50 numerirten Exemplaren in den Handel gelangt, und dies mag der Grund



*) ?isrrs Rubens, voonmsntn se Lsttrek! pudliöK se annotss „^r Kuslsus
Li'uxellss 1377.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_141412/151>, abgerufen am 03.07.2024.