Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal.Juden veranlaßt, das Christenthum mit in die C. N. hereinzuziehen, kommt Soviel über die jüdische Darstellung, Wir wollen uns nun in Kürze noch Die Gesta Romanorum sind bekanntlich eine chaotische Sammlung von Juden veranlaßt, das Christenthum mit in die C. N. hereinzuziehen, kommt Soviel über die jüdische Darstellung, Wir wollen uns nun in Kürze noch Die Gesta Romanorum sind bekanntlich eine chaotische Sammlung von <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0147" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/141558"/> <p xml:id="ID_440" prev="#ID_439"> Juden veranlaßt, das Christenthum mit in die C. N. hereinzuziehen, kommt<lb/> nicht zur rechten Klarheit, der Sultan verlangt über seinen Werth durchaus<lb/> keine Auskunft. Die Frage des Sultans hätte außerdem auch wenig Sinn,<lb/> da Islam und Judenthum nie so schroff sich gegenüberstanden wie Islam und<lb/> Christenthum oder Christenthum und Judenthum. Der jüdische Bericht ist in<lb/> dieser Hinsicht sachgemäßer und zutreffender. In Bezug auf die Lösung des<lb/> Problems, worin unter den italienischen Bearbeitungen keine Uebereinstimmung<lb/> herrscht, schließt sich der jüdische Bericht gleichfalls genau an die C. N. an,<lb/> indem er ebenso wie diese die Frage an Gott verweist, aber noch nicht die<lb/> lästige Vermehrung des echten Ringes durch zwei falsche kennt. Auch der<lb/> Grund, warum gerade einem Juden die Aufgabe gestellt wird, ein Urtheil über<lb/> die verschiedenen Religionen abzugeben, tritt im jüdischen Berichte deutlicher<lb/> hervor als in den italienischen Fassungen. Die Veränderung des Schauplatzes,<lb/> daß nämlich nach dem jüdischen Berichte die Szene am Hofe eines christlichen<lb/> Königs, nach den italienischen am Hofe des Sultans spielt, hat nur unter¬<lb/> geordnete Bedeutung. Uebrigens herrscht in den ^christlichen Darstellungen in<lb/> diesem Punkte auch keine Uebereinstimmung. Die C. N. geben gar keinen be¬<lb/> stimmten Ort an, der Vorfall spielt nur vor dem Sultan; Busone und<lb/> Boccaccio nennen Alexandria.</p><lb/> <p xml:id="ID_441"> Soviel über die jüdische Darstellung, Wir wollen uns nun in Kürze noch<lb/> mit zwei anderen Bearbeitungen auseinandersetzen, ans denen sich vielleicht noch<lb/> einige Argumente für die Ursprünglichkeit des jüdischen Berichtes gewinnen<lb/> lassen. Die eine Bearbeitung enthalten die (Zssts. R-oinWoruiQ, die andere<lb/> befindet sich in einem altfranzösischen Gedichte aus dem 13. Jahrhundert.</p><lb/> <p xml:id="ID_442" next="#ID_443"> Die Gesta Romanorum sind bekanntlich eine chaotische Sammlung von<lb/> alten römischen Geschichten, arabischen Märchen, christlichen Legenden, Sitten-<lb/> zügelt aus der Zeit der Völkerwanderung und Anekdoten aller Art aus dem<lb/> mittelalterlichen Leben. Die Entstehungszeit des Sammelwerkes läßt sich nicht<lb/> genau fixiren. Wenn auch Tyrwhitt zu Chaucer's Og.uterdur)-' TÄss (IV, 331)<lb/> die Entstehung der Sammlung etwas zu früh setzt, indem er sie gegen Ende<lb/> des 12. und Anfang des 13. Jahrhunderts verlegt, so kann doch nach unserm<lb/> Dafürhalten auch nicht viel weiter heruntergegangen werden. Jedenfalls steht<lb/> Oesterley, der neueste Herausgeber der Gesta, schon auf der äußersten Grenze,<lb/> wenn er sie Ende des 13. oder Anfang des 14. Jahrhunderts entstanden sein<lb/> läßt. Von entscheidender Beweiskraft ist die Berliner Handschrift, welche noch<lb/> nicht wie die andern Handschriften manche Nummern aus Holkot's (f 1349)<lb/> Uoralltatos entlehnt hat. Außerdem deutet auch die Spaltung der ältesten<lb/> Handschriften in drei nach Inhalt, Darstellungsweise und Anordnung ganz<lb/> wesentlich verschiedenen Familien mit Sicherheit darauf hin, daß zwischen der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0147]
Juden veranlaßt, das Christenthum mit in die C. N. hereinzuziehen, kommt
nicht zur rechten Klarheit, der Sultan verlangt über seinen Werth durchaus
keine Auskunft. Die Frage des Sultans hätte außerdem auch wenig Sinn,
da Islam und Judenthum nie so schroff sich gegenüberstanden wie Islam und
Christenthum oder Christenthum und Judenthum. Der jüdische Bericht ist in
dieser Hinsicht sachgemäßer und zutreffender. In Bezug auf die Lösung des
Problems, worin unter den italienischen Bearbeitungen keine Uebereinstimmung
herrscht, schließt sich der jüdische Bericht gleichfalls genau an die C. N. an,
indem er ebenso wie diese die Frage an Gott verweist, aber noch nicht die
lästige Vermehrung des echten Ringes durch zwei falsche kennt. Auch der
Grund, warum gerade einem Juden die Aufgabe gestellt wird, ein Urtheil über
die verschiedenen Religionen abzugeben, tritt im jüdischen Berichte deutlicher
hervor als in den italienischen Fassungen. Die Veränderung des Schauplatzes,
daß nämlich nach dem jüdischen Berichte die Szene am Hofe eines christlichen
Königs, nach den italienischen am Hofe des Sultans spielt, hat nur unter¬
geordnete Bedeutung. Uebrigens herrscht in den ^christlichen Darstellungen in
diesem Punkte auch keine Uebereinstimmung. Die C. N. geben gar keinen be¬
stimmten Ort an, der Vorfall spielt nur vor dem Sultan; Busone und
Boccaccio nennen Alexandria.
Soviel über die jüdische Darstellung, Wir wollen uns nun in Kürze noch
mit zwei anderen Bearbeitungen auseinandersetzen, ans denen sich vielleicht noch
einige Argumente für die Ursprünglichkeit des jüdischen Berichtes gewinnen
lassen. Die eine Bearbeitung enthalten die (Zssts. R-oinWoruiQ, die andere
befindet sich in einem altfranzösischen Gedichte aus dem 13. Jahrhundert.
Die Gesta Romanorum sind bekanntlich eine chaotische Sammlung von
alten römischen Geschichten, arabischen Märchen, christlichen Legenden, Sitten-
zügelt aus der Zeit der Völkerwanderung und Anekdoten aller Art aus dem
mittelalterlichen Leben. Die Entstehungszeit des Sammelwerkes läßt sich nicht
genau fixiren. Wenn auch Tyrwhitt zu Chaucer's Og.uterdur)-' TÄss (IV, 331)
die Entstehung der Sammlung etwas zu früh setzt, indem er sie gegen Ende
des 12. und Anfang des 13. Jahrhunderts verlegt, so kann doch nach unserm
Dafürhalten auch nicht viel weiter heruntergegangen werden. Jedenfalls steht
Oesterley, der neueste Herausgeber der Gesta, schon auf der äußersten Grenze,
wenn er sie Ende des 13. oder Anfang des 14. Jahrhunderts entstanden sein
läßt. Von entscheidender Beweiskraft ist die Berliner Handschrift, welche noch
nicht wie die andern Handschriften manche Nummern aus Holkot's (f 1349)
Uoralltatos entlehnt hat. Außerdem deutet auch die Spaltung der ältesten
Handschriften in drei nach Inhalt, Darstellungsweise und Anordnung ganz
wesentlich verschiedenen Familien mit Sicherheit darauf hin, daß zwischen der
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