Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.ihr emporschaut. Sein weiter rother Mantel flattert über seinem Haupt und Wenn wir noch eine in großem Stile komponirte, an den Ernst und die Die Berliner Genremaler haben sich diesmal von den Düsseldorfern ihr emporschaut. Sein weiter rother Mantel flattert über seinem Haupt und Wenn wir noch eine in großem Stile komponirte, an den Ernst und die Die Berliner Genremaler haben sich diesmal von den Düsseldorfern <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0090" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/140969"/> <p xml:id="ID_288" prev="#ID_287"> ihr emporschaut. Sein weiter rother Mantel flattert über seinem Haupt und<lb/> bildet so einen effektvoller Hintergrund für den zarten Oberkörper der Elfe<lb/> und ihren ausgestreckten Arm. Das Pferd jagt mit verhängtem Zügel über<lb/> das Moor, kaum daß seine Hufe die Spitze des Schliff berühren. Weißer<lb/> Schaum fließt aus seinem Maule, die Nüstern dampfen, und unter dem Brust-<lb/> riemen schäumt der Schweiß. Dem Pferde vorauf springt die Dogge des<lb/> Ritters in mächtigen Sätzen. Ein kleiner Elf, ein finsterer Geselle mit seltsam<lb/> dämonischen Blick und einem grünen Flammenkranz im buschigen Haar, be¬<lb/> rührt schon den Hals des Hundes, als wollte er sich auf seinen Rücken<lb/> schwingen und den tollen Ritt mitmachen. Vorn schweben über einem kleinen<lb/> Gewässer, über welches Olof's Roß eben hinwegsetzt, zwei andere Dämonen<lb/> und eine zweite Elfe in Schleiergewändern, ebenfalls mit grünen Flämmchen<lb/> in den Haaren, mit welchen der Maler in sehr geistreicher und anschaulicher<lb/> Weise die Irrlichter personifizirt hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_289"> Wenn wir noch eine in großem Stile komponirte, an den Ernst und die<lb/> Würde eines Cornelius erinnernde Madonna auf Golgatha mit dem todten<lb/> Christus im Schooße und zwei trauernden Engeln von dem jüngst verstorbenen<lb/> Alexander Teschner erwähnen, so ist damit die Uebersicht über die historische<lb/> Malerei für einen Bericht geschlossen, der die breite Mittelmäßigkeit und die<lb/> talentlosen Stümper bei Seite läßt, um nur die Spitzen einer verdienten<lb/> Würdigung zu unterziehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_290" next="#ID_291"> Die Berliner Genremaler haben sich diesmal von den Düsseldorfern<lb/> und Münchenern den Rang ablaufen lassen. Ich habe schon erwähnt, daß<lb/> Kraus und Gussow, die freilich beide nicht auf Berliner Boden erwachsen und<lb/> erstarkt sind, sich an der Ausstellung nicht betheiligt haben. Aber anch die<lb/> anderen, die sonst den Düsseldorfern und Münchenern wacker Stand hielten,<lb/> haben in diesem Jahre keine Treffer gezogen. Der liebenswürdige, empfind¬<lb/> same Amberg ist manierirt und schwächlich geworden. Er treibt ein an¬<lb/> muthiges, aber ziemlich langweiliges Spiel mit Sonnenstrahlen, die durch ein<lb/> grünes Blätterdach fallen und nach Bedarf ein oder zwei hübsche Mädchen<lb/> beleuchten. Carl Becker, der uns früher die Pracht der venetianischen Renais¬<lb/> sance so lebendig und so verführerisch zu schildern wußte, hat sich in eine<lb/> dekorative Mache, in eine oberflächliche Charakteristik verloren, die uns kein<lb/> Interesse mehr abgewinnt. Auch Breitbach, Brausewetter, Ehrentraut, Kraus,<lb/> Meyer von Bremen haben nichts geleistet, was neben den Arbeiten der Düs¬<lb/> seldorfer Beachtung verdient. Nur muß die Thatsache konstatirt werden, daß<lb/> die Berliner Genremaler allgemach aus dem Traum erwachen, in dem sie so<lb/> lange befangen waren. Sie schieben die alten abgedroschenen Kalendergeschichten<lb/> von Großvaters Liebling, von Brüderlein und Schwesterlein, von dem Schmach-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0090]
ihr emporschaut. Sein weiter rother Mantel flattert über seinem Haupt und
bildet so einen effektvoller Hintergrund für den zarten Oberkörper der Elfe
und ihren ausgestreckten Arm. Das Pferd jagt mit verhängtem Zügel über
das Moor, kaum daß seine Hufe die Spitze des Schliff berühren. Weißer
Schaum fließt aus seinem Maule, die Nüstern dampfen, und unter dem Brust-
riemen schäumt der Schweiß. Dem Pferde vorauf springt die Dogge des
Ritters in mächtigen Sätzen. Ein kleiner Elf, ein finsterer Geselle mit seltsam
dämonischen Blick und einem grünen Flammenkranz im buschigen Haar, be¬
rührt schon den Hals des Hundes, als wollte er sich auf seinen Rücken
schwingen und den tollen Ritt mitmachen. Vorn schweben über einem kleinen
Gewässer, über welches Olof's Roß eben hinwegsetzt, zwei andere Dämonen
und eine zweite Elfe in Schleiergewändern, ebenfalls mit grünen Flämmchen
in den Haaren, mit welchen der Maler in sehr geistreicher und anschaulicher
Weise die Irrlichter personifizirt hat.
Wenn wir noch eine in großem Stile komponirte, an den Ernst und die
Würde eines Cornelius erinnernde Madonna auf Golgatha mit dem todten
Christus im Schooße und zwei trauernden Engeln von dem jüngst verstorbenen
Alexander Teschner erwähnen, so ist damit die Uebersicht über die historische
Malerei für einen Bericht geschlossen, der die breite Mittelmäßigkeit und die
talentlosen Stümper bei Seite läßt, um nur die Spitzen einer verdienten
Würdigung zu unterziehen.
Die Berliner Genremaler haben sich diesmal von den Düsseldorfern
und Münchenern den Rang ablaufen lassen. Ich habe schon erwähnt, daß
Kraus und Gussow, die freilich beide nicht auf Berliner Boden erwachsen und
erstarkt sind, sich an der Ausstellung nicht betheiligt haben. Aber anch die
anderen, die sonst den Düsseldorfern und Münchenern wacker Stand hielten,
haben in diesem Jahre keine Treffer gezogen. Der liebenswürdige, empfind¬
same Amberg ist manierirt und schwächlich geworden. Er treibt ein an¬
muthiges, aber ziemlich langweiliges Spiel mit Sonnenstrahlen, die durch ein
grünes Blätterdach fallen und nach Bedarf ein oder zwei hübsche Mädchen
beleuchten. Carl Becker, der uns früher die Pracht der venetianischen Renais¬
sance so lebendig und so verführerisch zu schildern wußte, hat sich in eine
dekorative Mache, in eine oberflächliche Charakteristik verloren, die uns kein
Interesse mehr abgewinnt. Auch Breitbach, Brausewetter, Ehrentraut, Kraus,
Meyer von Bremen haben nichts geleistet, was neben den Arbeiten der Düs¬
seldorfer Beachtung verdient. Nur muß die Thatsache konstatirt werden, daß
die Berliner Genremaler allgemach aus dem Traum erwachen, in dem sie so
lange befangen waren. Sie schieben die alten abgedroschenen Kalendergeschichten
von Großvaters Liebling, von Brüderlein und Schwesterlein, von dem Schmach-
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