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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.

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edle Kraft verzehrt und seine Popularität wäre dahingeschwunden schneller noch
als sie erworben war. Daß sein Bild noch jetzt rein und ohne Makel zu
uns herüberscheint, das verdanken wir seinem frühen, vielbeklagten Tode.

Doch sollte schwedischer Eroberung ein Damm gezogen werden, so konnte
das nur geschehen, wenn der Kaiser seine kirchliche" Reaktionspläne fallen ließ,
wenn er endgiltig darauf verzichtete, die Konsequenzen seiner ersten Negierungs-
jnhre zu ziehen. Ihn dazu zu zwingen war nicht nur das Verdienst Gustav
Adolfs und seiner Siege, eben so sehr das seines Feldherrn, Albrecht von Wallen¬
stein. Nur ein Mann in so gewaltiger Stellung wie er, dem Kaiser mehr
gleichberechtigt als sein Diener, konnte das erreichen, erreichen gegen die persön¬
liche Ueberzeugung des Kaisers wie gegen den Willen einer mächtigen Partei
und gegen Spanien's Einfluß.

Ein kleiner Landedelmann czechischer Abkunft, aber gebildet in Deutschland
und Italien, emporgekommen durch Heirath und Kriegsdienst unter Erzherzog
Ferdinand, schon damals ein begüterter Mann, beim Beginne der böhmischen
Revolution auffällig durch sein Festhalten an der Habsburgischen Sache und
bald um sie verdient durch die Anwerbung eines wallonischen Kürassierregi¬
ments, das in der Schlacht am Weißen Berge entscheidend mitwirkte, hatte
Albrecht Eusebius Wenceslaw von Waldstein eben dadurch den Grund zu seiner
Größe gelegt und war wenige Jahre später durch massenhafte Güterkäufe und
-Schenkungen zum ersten Grundherrn Böhmen's geworden. Seit 1623 schmückte
ihn der Titel eines Fürsten von Friedland, und in der That Fürst, nicht
Unterthan war der Mann, der drei Jahre nachher auf eigne Kosten dem Kaiser
ein Heer von 50,000 Mann warb, der kurz darauf als Entschädigung für
seiue Auslagen -- er gab sie auf drei Millionen Gulden an -- das Herzog¬
tum Mecklenburg erhielt und sich seitdem: "Albrecht, von Gottesgnaden
Herzog zu Mecklenburg, Friedland und Sagan, Fürst zu Wenden, Graf zu
Schwerin, der Lande Rostock und Stargard Herr" benannte. Vor ihm sank
die Macht des niedersächsischen Kreises und Dänemark's zu Boden, bis an die
Ostsee und bis uach Jütlcind trug er seine siegreichen Fahnen; er konnte daran
denken auch das Meer dem Kaiser zu unterwerfen. Aber nicht ein vorüber¬
gehendes militärisches Uebergewicht zu gründen war sein Ziel; die fürstliche
Landeshoheit niederzutreten, den Kaiser zum erblichen Oberherrn ganz Deutsch¬
land's zu machen, wie die Könige von Frankreich und Spanien es auch waren,
das erstrebte er und dazu bekannte er sich offen. Aber eben deshalb stürzte
er von seiner Höhe; vor die Wahl gestellt, ob er mit den Fürsten der Liga
brechen wolle oder mit seinem General, entschied sich der Kaiser für die Liga,
entließ den Feldherrn, rednzirte sein Heer, in demselben Augenblicke, als Gustav
Adolf den Fuß auf deutschen Boden setzte (Juni 1630).


edle Kraft verzehrt und seine Popularität wäre dahingeschwunden schneller noch
als sie erworben war. Daß sein Bild noch jetzt rein und ohne Makel zu
uns herüberscheint, das verdanken wir seinem frühen, vielbeklagten Tode.

Doch sollte schwedischer Eroberung ein Damm gezogen werden, so konnte
das nur geschehen, wenn der Kaiser seine kirchliche« Reaktionspläne fallen ließ,
wenn er endgiltig darauf verzichtete, die Konsequenzen seiner ersten Negierungs-
jnhre zu ziehen. Ihn dazu zu zwingen war nicht nur das Verdienst Gustav
Adolfs und seiner Siege, eben so sehr das seines Feldherrn, Albrecht von Wallen¬
stein. Nur ein Mann in so gewaltiger Stellung wie er, dem Kaiser mehr
gleichberechtigt als sein Diener, konnte das erreichen, erreichen gegen die persön¬
liche Ueberzeugung des Kaisers wie gegen den Willen einer mächtigen Partei
und gegen Spanien's Einfluß.

Ein kleiner Landedelmann czechischer Abkunft, aber gebildet in Deutschland
und Italien, emporgekommen durch Heirath und Kriegsdienst unter Erzherzog
Ferdinand, schon damals ein begüterter Mann, beim Beginne der böhmischen
Revolution auffällig durch sein Festhalten an der Habsburgischen Sache und
bald um sie verdient durch die Anwerbung eines wallonischen Kürassierregi¬
ments, das in der Schlacht am Weißen Berge entscheidend mitwirkte, hatte
Albrecht Eusebius Wenceslaw von Waldstein eben dadurch den Grund zu seiner
Größe gelegt und war wenige Jahre später durch massenhafte Güterkäufe und
-Schenkungen zum ersten Grundherrn Böhmen's geworden. Seit 1623 schmückte
ihn der Titel eines Fürsten von Friedland, und in der That Fürst, nicht
Unterthan war der Mann, der drei Jahre nachher auf eigne Kosten dem Kaiser
ein Heer von 50,000 Mann warb, der kurz darauf als Entschädigung für
seiue Auslagen — er gab sie auf drei Millionen Gulden an — das Herzog¬
tum Mecklenburg erhielt und sich seitdem: „Albrecht, von Gottesgnaden
Herzog zu Mecklenburg, Friedland und Sagan, Fürst zu Wenden, Graf zu
Schwerin, der Lande Rostock und Stargard Herr" benannte. Vor ihm sank
die Macht des niedersächsischen Kreises und Dänemark's zu Boden, bis an die
Ostsee und bis uach Jütlcind trug er seine siegreichen Fahnen; er konnte daran
denken auch das Meer dem Kaiser zu unterwerfen. Aber nicht ein vorüber¬
gehendes militärisches Uebergewicht zu gründen war sein Ziel; die fürstliche
Landeshoheit niederzutreten, den Kaiser zum erblichen Oberherrn ganz Deutsch¬
land's zu machen, wie die Könige von Frankreich und Spanien es auch waren,
das erstrebte er und dazu bekannte er sich offen. Aber eben deshalb stürzte
er von seiner Höhe; vor die Wahl gestellt, ob er mit den Fürsten der Liga
brechen wolle oder mit seinem General, entschied sich der Kaiser für die Liga,
entließ den Feldherrn, rednzirte sein Heer, in demselben Augenblicke, als Gustav
Adolf den Fuß auf deutschen Boden setzte (Juni 1630).


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157670/9>, abgerufen am 05.02.2025.