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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.

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schaft, Aufklärung und dergleichen gekleidete Wühlerei ist jetzt stark im Gauge.
Niemals waren wir daher von der Richtigkeit des Bismarck'schen Urtheils über
Laster's Thätigkeit mehr überzeugt, als nachdem dieser obige Motive verlesen.

Es war natürlich, daß die Regierungen nunmehr auf die Herstellung des
Ausdrucks "Untergrabuug" besonderes Gewicht legten und auch die Beseitigung
der Worte "in eiuer deu öffentlichen Frieden oder die Eintracht der Bevölke-
rnugsklassen gefährdenden Weise" wünschten; einmal aufmerksam gemacht ans
die bedenkliche Tendenz jener Motive, mußten sie nun auch darauf bedacht
sein, daß nicht etwa umstürzende Bestrebungen der bewußten Art, welche in
anderer, in indirekt gemeinschädlicher Weise zu Tage treten, als zulässig
erschienen Vou der Abstimmung über die Motive ist nun zwar, uuter dein Ein¬
drucke dieses Verlangens, in versöhnlicher Absicht abgesehen und somit wenig¬
stens eine unnöthige Verschärfung des Gegensatzes vermieden; es liegt aber
auf der Hand, daß nach den erwähnten Vorgängen die Regierungen nicht um¬
hin können werde", im Plenum auf jenem Verlangen zu beharren. Nachdem
dieser Gegensatz einmal zur Sprache gekommen, läßt er sich nicht mehr ver¬
tuschen; wenn Bennigsen gleichwohl die Kommission ausdrücklich hierzu veran¬
laßte, so mag dies geschehen sein, um der Kommissionsarbeit erst einmal vom
Flecke zu verhelfen; im Plenum ist die Sache um so mehr auszutragen, als
die Wiederherstellung des Ausdrucks "Untergrabung" von der Kommission ab¬
gelehnt und auch vom übrigen Zusätze nur ein Theil wieder beseitigt wurde.

Der zweite der hauptsächlicheren Differenzpunkte betrifft die Gestaltung
der Rekursiustanz. Der in erster Lesung schließlich mit knapper Noth zu
Stande gebrachte Beschluß, welcher auf eine theilweise Wiederaufnahme des
ursprünglichen preußischen Vorschlags hinauslief, hat wider Erwarten die Zu¬
stimmung der mittelstaatlichen Regierungen erhalten, der Bundesrath verlangt
jedoch die Beseitigung der Verschlechterung, dnrch welche der Vorschlag, wie es
scheint, den oppositionellen Elementen annehmbarer hatte gemacht werden sollen.
Nach dem ganzen Geiste und Zwecke des Gesetzes erscheint eine juristische Mehr¬
heit der Rekursiustanz so ungeeignet, daß sich der Gegenvorschlag der Regie¬
rungen, wonach die vom Bundesrath außerhalb seines Kreises zu wählenden
vier Mitglieder nicht blos den höchsten Gerichtshöfen, sondern auch den obersten
Verwaltungsgerichten der Einzelstaaten entnommen werden können, fast von
selbst ergab. Wohl um ganz sicher zu sein, daß der Behörde der Charakter
im Sinne des Gesetzes gewahrt werde, wurde regierungsseitig die freie Er¬
nennung des Vorsitzenden durch den Kaiser gewünscht. Aus den Verhandlungen
der Kommission über diesen von den Konservativen als Antrag aufgenommenen
Vorschlag ist nicht zu entnehmen, welche Anhaltspunkte, nachdem die Kom-


schaft, Aufklärung und dergleichen gekleidete Wühlerei ist jetzt stark im Gauge.
Niemals waren wir daher von der Richtigkeit des Bismarck'schen Urtheils über
Laster's Thätigkeit mehr überzeugt, als nachdem dieser obige Motive verlesen.

Es war natürlich, daß die Regierungen nunmehr auf die Herstellung des
Ausdrucks „Untergrabuug" besonderes Gewicht legten und auch die Beseitigung
der Worte „in eiuer deu öffentlichen Frieden oder die Eintracht der Bevölke-
rnugsklassen gefährdenden Weise" wünschten; einmal aufmerksam gemacht ans
die bedenkliche Tendenz jener Motive, mußten sie nun auch darauf bedacht
sein, daß nicht etwa umstürzende Bestrebungen der bewußten Art, welche in
anderer, in indirekt gemeinschädlicher Weise zu Tage treten, als zulässig
erschienen Vou der Abstimmung über die Motive ist nun zwar, uuter dein Ein¬
drucke dieses Verlangens, in versöhnlicher Absicht abgesehen und somit wenig¬
stens eine unnöthige Verschärfung des Gegensatzes vermieden; es liegt aber
auf der Hand, daß nach den erwähnten Vorgängen die Regierungen nicht um¬
hin können werde», im Plenum auf jenem Verlangen zu beharren. Nachdem
dieser Gegensatz einmal zur Sprache gekommen, läßt er sich nicht mehr ver¬
tuschen; wenn Bennigsen gleichwohl die Kommission ausdrücklich hierzu veran¬
laßte, so mag dies geschehen sein, um der Kommissionsarbeit erst einmal vom
Flecke zu verhelfen; im Plenum ist die Sache um so mehr auszutragen, als
die Wiederherstellung des Ausdrucks „Untergrabung" von der Kommission ab¬
gelehnt und auch vom übrigen Zusätze nur ein Theil wieder beseitigt wurde.

Der zweite der hauptsächlicheren Differenzpunkte betrifft die Gestaltung
der Rekursiustanz. Der in erster Lesung schließlich mit knapper Noth zu
Stande gebrachte Beschluß, welcher auf eine theilweise Wiederaufnahme des
ursprünglichen preußischen Vorschlags hinauslief, hat wider Erwarten die Zu¬
stimmung der mittelstaatlichen Regierungen erhalten, der Bundesrath verlangt
jedoch die Beseitigung der Verschlechterung, dnrch welche der Vorschlag, wie es
scheint, den oppositionellen Elementen annehmbarer hatte gemacht werden sollen.
Nach dem ganzen Geiste und Zwecke des Gesetzes erscheint eine juristische Mehr¬
heit der Rekursiustanz so ungeeignet, daß sich der Gegenvorschlag der Regie¬
rungen, wonach die vom Bundesrath außerhalb seines Kreises zu wählenden
vier Mitglieder nicht blos den höchsten Gerichtshöfen, sondern auch den obersten
Verwaltungsgerichten der Einzelstaaten entnommen werden können, fast von
selbst ergab. Wohl um ganz sicher zu sein, daß der Behörde der Charakter
im Sinne des Gesetzes gewahrt werde, wurde regierungsseitig die freie Er¬
nennung des Vorsitzenden durch den Kaiser gewünscht. Aus den Verhandlungen
der Kommission über diesen von den Konservativen als Antrag aufgenommenen
Vorschlag ist nicht zu entnehmen, welche Anhaltspunkte, nachdem die Kom-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157670/76>, abgerufen am 05.02.2025.