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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.

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ihrem Verhalten einen ganz merkwürdigen und kühnen Schluß. Er folgert
mit mathematischer Sicherheit abermals daraus, daß Maria von Darnley's
Ermordung nichts gewußt habe, "denn wäre sie schuldig gewesen, so würde sie
nicht geschwankt haben, Morton's Hand zu ergreifen. Morton dagegen, der
schuldig war, habe sich sichern wollen".*)

Rettungsversuche. Master of Gray. Von Interesse ist ein ver¬
zweifelter Versuch Philipp's II. (Teulet, V. 462), Elisabeth durch den Hinweis
auf die Erbschaft, die ihm durch den Tod Maria Stuart's zufalle, zur Milde
zu bewegen. Er schrieb an Mendoza am 28. Januar, er möge dem englischen
Gesandten in Paris mittheilen, daß die Hinrichtung der Königin von Schott¬
land ihm uur Vortheile bringen und angenehm sein könne, da er dadurch die
beste Gelegenheit erhalte, Herr von England zu werden. Natürlich ohne jeden
Erfolg. Die Beschuldigung Hosack's, Gray habe Elisabeth vorgeschlagen, Maria
nicht hinrichten, sondern vergiften zu lassen, bedarf durchaus des Beweises,
ebenso die Behauptung, daß Walsingham ihm zugestimmt habe.**) Daß Gray
nichts gethan hat, um die Königin zu retten, ist gewiß. Courcelles, der
französische Gesandte, geht aber zu weit, wenn er (31. Dezember) in seinem
Zorn über die Unthütigkeit der schottischen Abgesandten, die seine Bemühungen
so wenig unterstützten, Gray und Archibald Douglas als die Mörder Maria's
bezeichnet.***) In Schottland hat man Gray diese Unthütigkeit später bitter vor¬
geworfen; der allgemeine Unwille gegen ihn war so groß, daß Jakob VI. ihn
von seinem Hofe verbannte.

Jakob hatte keine Liebe für seine Mutter, immerhin war die Hinrichtung
ein Insult gegen sein Haus, und ein Mann von Ehrgefühl würde, wie Burton
mit Recht betont, ganz anders gehandelt haben. Seine Worte "feine Mutter
müsse den Trank, den sie gebraut, nun auch austrinken" sind gemein. Es
kann Jakob nicht zur Entschuldigung dienen, daß man ihm sogleich von dem
Inhalte der Papiere, die man in Chartley gefunden, Nachricht gegeben hatte.
Ihm war somit bekannt geworden, daß seine Mutter ihn enterbe habe. Er
schrieb sogleich zurück, daß er sich in nichts zu mischen gedenke, so lange seine
Mutter nicht mit dem Tode bedroht sei. Walsingham antwortete, daß man
Jakob's offene Zustimmung nicht einholen, sondern die Gefangene gemäß eines





") Hosack, II, 201. ff.
**) Die Worte, die Gray im Gespräche mit Elisabeth gebraucht haben soll, "morwi
non north-it", statt eine Umänderung des Urtheils zu verlangen, sind nur bei Kanten zu
finden."
Norton, 97 u. nögooiktion", 46. Mesener, Rüvus ass cinestions nistoriguss,
April, Juli, Oktober 1868. vgl. auch ^t"x, NMsl of,ir>Z, U. 8of.re, Ker mild or inooesnos.

ihrem Verhalten einen ganz merkwürdigen und kühnen Schluß. Er folgert
mit mathematischer Sicherheit abermals daraus, daß Maria von Darnley's
Ermordung nichts gewußt habe, „denn wäre sie schuldig gewesen, so würde sie
nicht geschwankt haben, Morton's Hand zu ergreifen. Morton dagegen, der
schuldig war, habe sich sichern wollen".*)

Rettungsversuche. Master of Gray. Von Interesse ist ein ver¬
zweifelter Versuch Philipp's II. (Teulet, V. 462), Elisabeth durch den Hinweis
auf die Erbschaft, die ihm durch den Tod Maria Stuart's zufalle, zur Milde
zu bewegen. Er schrieb an Mendoza am 28. Januar, er möge dem englischen
Gesandten in Paris mittheilen, daß die Hinrichtung der Königin von Schott¬
land ihm uur Vortheile bringen und angenehm sein könne, da er dadurch die
beste Gelegenheit erhalte, Herr von England zu werden. Natürlich ohne jeden
Erfolg. Die Beschuldigung Hosack's, Gray habe Elisabeth vorgeschlagen, Maria
nicht hinrichten, sondern vergiften zu lassen, bedarf durchaus des Beweises,
ebenso die Behauptung, daß Walsingham ihm zugestimmt habe.**) Daß Gray
nichts gethan hat, um die Königin zu retten, ist gewiß. Courcelles, der
französische Gesandte, geht aber zu weit, wenn er (31. Dezember) in seinem
Zorn über die Unthütigkeit der schottischen Abgesandten, die seine Bemühungen
so wenig unterstützten, Gray und Archibald Douglas als die Mörder Maria's
bezeichnet.***) In Schottland hat man Gray diese Unthütigkeit später bitter vor¬
geworfen; der allgemeine Unwille gegen ihn war so groß, daß Jakob VI. ihn
von seinem Hofe verbannte.

Jakob hatte keine Liebe für seine Mutter, immerhin war die Hinrichtung
ein Insult gegen sein Haus, und ein Mann von Ehrgefühl würde, wie Burton
mit Recht betont, ganz anders gehandelt haben. Seine Worte „feine Mutter
müsse den Trank, den sie gebraut, nun auch austrinken" sind gemein. Es
kann Jakob nicht zur Entschuldigung dienen, daß man ihm sogleich von dem
Inhalte der Papiere, die man in Chartley gefunden, Nachricht gegeben hatte.
Ihm war somit bekannt geworden, daß seine Mutter ihn enterbe habe. Er
schrieb sogleich zurück, daß er sich in nichts zu mischen gedenke, so lange seine
Mutter nicht mit dem Tode bedroht sei. Walsingham antwortete, daß man
Jakob's offene Zustimmung nicht einholen, sondern die Gefangene gemäß eines





») Hosack, II, 201. ff.
**) Die Worte, die Gray im Gespräche mit Elisabeth gebraucht haben soll, „morwi
non north-it", statt eine Umänderung des Urtheils zu verlangen, sind nur bei Kanten zu
finden."
Norton, 97 u. nögooiktion«, 46. Mesener, Rüvus ass cinestions nistoriguss,
April, Juli, Oktober 1868. vgl. auch ^t«x, NMsl of,ir>Z, U. 8of.re, Ker mild or inooesnos.
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[0495] ihrem Verhalten einen ganz merkwürdigen und kühnen Schluß. Er folgert mit mathematischer Sicherheit abermals daraus, daß Maria von Darnley's Ermordung nichts gewußt habe, „denn wäre sie schuldig gewesen, so würde sie nicht geschwankt haben, Morton's Hand zu ergreifen. Morton dagegen, der schuldig war, habe sich sichern wollen".*) Rettungsversuche. Master of Gray. Von Interesse ist ein ver¬ zweifelter Versuch Philipp's II. (Teulet, V. 462), Elisabeth durch den Hinweis auf die Erbschaft, die ihm durch den Tod Maria Stuart's zufalle, zur Milde zu bewegen. Er schrieb an Mendoza am 28. Januar, er möge dem englischen Gesandten in Paris mittheilen, daß die Hinrichtung der Königin von Schott¬ land ihm uur Vortheile bringen und angenehm sein könne, da er dadurch die beste Gelegenheit erhalte, Herr von England zu werden. Natürlich ohne jeden Erfolg. Die Beschuldigung Hosack's, Gray habe Elisabeth vorgeschlagen, Maria nicht hinrichten, sondern vergiften zu lassen, bedarf durchaus des Beweises, ebenso die Behauptung, daß Walsingham ihm zugestimmt habe.**) Daß Gray nichts gethan hat, um die Königin zu retten, ist gewiß. Courcelles, der französische Gesandte, geht aber zu weit, wenn er (31. Dezember) in seinem Zorn über die Unthütigkeit der schottischen Abgesandten, die seine Bemühungen so wenig unterstützten, Gray und Archibald Douglas als die Mörder Maria's bezeichnet.***) In Schottland hat man Gray diese Unthütigkeit später bitter vor¬ geworfen; der allgemeine Unwille gegen ihn war so groß, daß Jakob VI. ihn von seinem Hofe verbannte. Jakob hatte keine Liebe für seine Mutter, immerhin war die Hinrichtung ein Insult gegen sein Haus, und ein Mann von Ehrgefühl würde, wie Burton mit Recht betont, ganz anders gehandelt haben. Seine Worte „feine Mutter müsse den Trank, den sie gebraut, nun auch austrinken" sind gemein. Es kann Jakob nicht zur Entschuldigung dienen, daß man ihm sogleich von dem Inhalte der Papiere, die man in Chartley gefunden, Nachricht gegeben hatte. Ihm war somit bekannt geworden, daß seine Mutter ihn enterbe habe. Er schrieb sogleich zurück, daß er sich in nichts zu mischen gedenke, so lange seine Mutter nicht mit dem Tode bedroht sei. Walsingham antwortete, daß man Jakob's offene Zustimmung nicht einholen, sondern die Gefangene gemäß eines ») Hosack, II, 201. ff. **) Die Worte, die Gray im Gespräche mit Elisabeth gebraucht haben soll, „morwi non north-it", statt eine Umänderung des Urtheils zu verlangen, sind nur bei Kanten zu finden." Norton, 97 u. nögooiktion«, 46. Mesener, Rüvus ass cinestions nistoriguss, April, Juli, Oktober 1868. vgl. auch ^t«x, NMsl of,ir>Z, U. 8of.re, Ker mild or inooesnos.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157670/495>, abgerufen am 05.02.2025.