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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.

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obwohl Agent der Guises, sich angeblich aus Liebe zu seinem Gebieter und
durch seine Argumente überzeugt, zum presbyterianischer Glauben bekannt hatte.
Morton's Sturz, Prozeß und Hinrichtung waren Aubigny's Werk. Elisabeth
war über Aubigny's Einfluß in große Besorgniß gerathen. Sie fürchtete eine
spanische oder französische Heirath Jakob's und Vernichtung der englischen Partei.
Sir George Bowes wurde noch vor Morton's Verhaftung in außerordentlicher
Mission nach Schottland geschickt, um eine Aenderung herbeizuführen. Seine
Berichte find vorhanden und von hohem Interesse.

Bowes fand weit größere Schwierigkeiten vor, als er erwartet hatte. Seine
Vorstellungen bei dem jungen Könige, obwohl ihn derselbe sehr zuvorkommend
empfing und seine freundschaftlichen Gefühle für Königin Elisabeth wiederholent-
lich betheuerte, machten wenig Eindruck. Als alle Mittel der Beredtsamkeit, ja
der Drohung erschöpft waren und auch Peter Joung, des Königs Erzieher, alle
Anerbietungen Elisabeth's in dem gewünschten Sinne auf Jakob zu wirken,
zurückgewiesen hatte, *) wurde diese überaus erzürnt. Sie befahl am 31. August
ihrem Gesandten, sich mit Morton in Verbindung zu setzen und um jeden Preis
den Sturz Esne Stuart's herbeizuführen, wenn nöthig mit Gewalt und ver¬
mittelst eines Aufstandes.*'") Am folgenden Tage nahm sie indessen diesen be¬
denklichen Befehl wieder zurück, der ihre ganze Position in Schottland hätte
gefährden können. "Man sei noch unschlüssig, welche Maßregeln er zu ergreifen
habe," schrieb Walsingham an Bowes, "er möge sich noch von Konferenzen ge¬
waltsamer Art fern halten, dagegen noch einmal die Gefahren, welche für beide
Reiche aus Aubigny's Gegenwart entstehen könnten, dem Könige vortragen."
Bowes hatte indessen keinen weiteren Erfolg und verließ daraufhin Schottland.

Morton's Haltung Maria Stuart gegenüber muß mit Hinsicht auf diese
Ereignisse beurtheilt werden. Es war um die Zeit, als Don Juan d'Austria
jenes Projekt zu Gunsten Maria Stuart's entworfen hatte, als die Königin
durch Erzbischof Beaton eine höchst unerwartete Kunde erhielt, nämlich daß
ihr Todfeind Morton, der Regent Schottland's, ihre Rehabilitation und eine
Versöhnung wünsche. Im Frühjahre 1577 hatte ein alter Anhänger Maria
Stuart's, Lord Ogilvie, mit dem Regenten in Edinburgh eine dahin bezügliche
Unterredung gehabt. Morton fing plötzlich an, so erzählt Ogilvie, mit den




23 Jahre alt. (XI. 2LS.) Burton unterschätzt Esne und bezweifelt, ob er im Auftrage der
Guises handele und Schottland dem Papismus wiedergeben wollte, weil sich die Guises sicher
einen passenderen (?) Menschen dazu ausgesucht haben würden.
*) Bowes an Walsingham, 3. Juni 1S30, Bowes' Corrcsp, S, 78.
**) Bowes' Corresp, S. 28, Morton sollte sich des jungen Königs bemächtigen und
ihn an Elisabeth senden; Burton V. 429.
Grenzbote,, IV, 1878. K2

obwohl Agent der Guises, sich angeblich aus Liebe zu seinem Gebieter und
durch seine Argumente überzeugt, zum presbyterianischer Glauben bekannt hatte.
Morton's Sturz, Prozeß und Hinrichtung waren Aubigny's Werk. Elisabeth
war über Aubigny's Einfluß in große Besorgniß gerathen. Sie fürchtete eine
spanische oder französische Heirath Jakob's und Vernichtung der englischen Partei.
Sir George Bowes wurde noch vor Morton's Verhaftung in außerordentlicher
Mission nach Schottland geschickt, um eine Aenderung herbeizuführen. Seine
Berichte find vorhanden und von hohem Interesse.

Bowes fand weit größere Schwierigkeiten vor, als er erwartet hatte. Seine
Vorstellungen bei dem jungen Könige, obwohl ihn derselbe sehr zuvorkommend
empfing und seine freundschaftlichen Gefühle für Königin Elisabeth wiederholent-
lich betheuerte, machten wenig Eindruck. Als alle Mittel der Beredtsamkeit, ja
der Drohung erschöpft waren und auch Peter Joung, des Königs Erzieher, alle
Anerbietungen Elisabeth's in dem gewünschten Sinne auf Jakob zu wirken,
zurückgewiesen hatte, *) wurde diese überaus erzürnt. Sie befahl am 31. August
ihrem Gesandten, sich mit Morton in Verbindung zu setzen und um jeden Preis
den Sturz Esne Stuart's herbeizuführen, wenn nöthig mit Gewalt und ver¬
mittelst eines Aufstandes.*'") Am folgenden Tage nahm sie indessen diesen be¬
denklichen Befehl wieder zurück, der ihre ganze Position in Schottland hätte
gefährden können. „Man sei noch unschlüssig, welche Maßregeln er zu ergreifen
habe," schrieb Walsingham an Bowes, „er möge sich noch von Konferenzen ge¬
waltsamer Art fern halten, dagegen noch einmal die Gefahren, welche für beide
Reiche aus Aubigny's Gegenwart entstehen könnten, dem Könige vortragen."
Bowes hatte indessen keinen weiteren Erfolg und verließ daraufhin Schottland.

Morton's Haltung Maria Stuart gegenüber muß mit Hinsicht auf diese
Ereignisse beurtheilt werden. Es war um die Zeit, als Don Juan d'Austria
jenes Projekt zu Gunsten Maria Stuart's entworfen hatte, als die Königin
durch Erzbischof Beaton eine höchst unerwartete Kunde erhielt, nämlich daß
ihr Todfeind Morton, der Regent Schottland's, ihre Rehabilitation und eine
Versöhnung wünsche. Im Frühjahre 1577 hatte ein alter Anhänger Maria
Stuart's, Lord Ogilvie, mit dem Regenten in Edinburgh eine dahin bezügliche
Unterredung gehabt. Morton fing plötzlich an, so erzählt Ogilvie, mit den




23 Jahre alt. (XI. 2LS.) Burton unterschätzt Esne und bezweifelt, ob er im Auftrage der
Guises handele und Schottland dem Papismus wiedergeben wollte, weil sich die Guises sicher
einen passenderen (?) Menschen dazu ausgesucht haben würden.
*) Bowes an Walsingham, 3. Juni 1S30, Bowes' Corrcsp, S, 78.
**) Bowes' Corresp, S. 28, Morton sollte sich des jungen Königs bemächtigen und
ihn an Elisabeth senden; Burton V. 429.
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[0493] obwohl Agent der Guises, sich angeblich aus Liebe zu seinem Gebieter und durch seine Argumente überzeugt, zum presbyterianischer Glauben bekannt hatte. Morton's Sturz, Prozeß und Hinrichtung waren Aubigny's Werk. Elisabeth war über Aubigny's Einfluß in große Besorgniß gerathen. Sie fürchtete eine spanische oder französische Heirath Jakob's und Vernichtung der englischen Partei. Sir George Bowes wurde noch vor Morton's Verhaftung in außerordentlicher Mission nach Schottland geschickt, um eine Aenderung herbeizuführen. Seine Berichte find vorhanden und von hohem Interesse. Bowes fand weit größere Schwierigkeiten vor, als er erwartet hatte. Seine Vorstellungen bei dem jungen Könige, obwohl ihn derselbe sehr zuvorkommend empfing und seine freundschaftlichen Gefühle für Königin Elisabeth wiederholent- lich betheuerte, machten wenig Eindruck. Als alle Mittel der Beredtsamkeit, ja der Drohung erschöpft waren und auch Peter Joung, des Königs Erzieher, alle Anerbietungen Elisabeth's in dem gewünschten Sinne auf Jakob zu wirken, zurückgewiesen hatte, *) wurde diese überaus erzürnt. Sie befahl am 31. August ihrem Gesandten, sich mit Morton in Verbindung zu setzen und um jeden Preis den Sturz Esne Stuart's herbeizuführen, wenn nöthig mit Gewalt und ver¬ mittelst eines Aufstandes.*'") Am folgenden Tage nahm sie indessen diesen be¬ denklichen Befehl wieder zurück, der ihre ganze Position in Schottland hätte gefährden können. „Man sei noch unschlüssig, welche Maßregeln er zu ergreifen habe," schrieb Walsingham an Bowes, „er möge sich noch von Konferenzen ge¬ waltsamer Art fern halten, dagegen noch einmal die Gefahren, welche für beide Reiche aus Aubigny's Gegenwart entstehen könnten, dem Könige vortragen." Bowes hatte indessen keinen weiteren Erfolg und verließ daraufhin Schottland. Morton's Haltung Maria Stuart gegenüber muß mit Hinsicht auf diese Ereignisse beurtheilt werden. Es war um die Zeit, als Don Juan d'Austria jenes Projekt zu Gunsten Maria Stuart's entworfen hatte, als die Königin durch Erzbischof Beaton eine höchst unerwartete Kunde erhielt, nämlich daß ihr Todfeind Morton, der Regent Schottland's, ihre Rehabilitation und eine Versöhnung wünsche. Im Frühjahre 1577 hatte ein alter Anhänger Maria Stuart's, Lord Ogilvie, mit dem Regenten in Edinburgh eine dahin bezügliche Unterredung gehabt. Morton fing plötzlich an, so erzählt Ogilvie, mit den 23 Jahre alt. (XI. 2LS.) Burton unterschätzt Esne und bezweifelt, ob er im Auftrage der Guises handele und Schottland dem Papismus wiedergeben wollte, weil sich die Guises sicher einen passenderen (?) Menschen dazu ausgesucht haben würden. *) Bowes an Walsingham, 3. Juni 1S30, Bowes' Corrcsp, S, 78. **) Bowes' Corresp, S. 28, Morton sollte sich des jungen Königs bemächtigen und ihn an Elisabeth senden; Burton V. 429. Grenzbote,, IV, 1878. K2

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157670/493>, abgerufen am 05.02.2025.