Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.und der Trennung von Kirche und Staat! In dem Zukunftsstaat Baum- H. Jacoby. KauKajusvöl'Ker. Wo immer Bergfesten ans einem geschichtlich häufig erschütterten Boden In Bergländern kann deshalb ebensowenig die unberührte Wiege der So auch im Kaukasus, dessen Sprachgewirr und Völkerbuntheit schon Desselben Forschers Verdienst ist es, jetzt wieder ein Volk des Kaukasus und der Trennung von Kirche und Staat! In dem Zukunftsstaat Baum- H. Jacoby. KauKajusvöl'Ker. Wo immer Bergfesten ans einem geschichtlich häufig erschütterten Boden In Bergländern kann deshalb ebensowenig die unberührte Wiege der So auch im Kaukasus, dessen Sprachgewirr und Völkerbuntheit schon Desselben Forschers Verdienst ist es, jetzt wieder ein Volk des Kaukasus <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0473" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/141352"/> <p xml:id="ID_1548" prev="#ID_1547"> und der Trennung von Kirche und Staat! In dem Zukunftsstaat Baum-<lb/> garten's würde weniger Freiheit des religiösen Bekenntnisses herrschen, als in<lb/> dem Staat der Gegenwart, der beides mit einander zu vereinigen weiß, die<lb/> Ertheilung des staatsbürgerlichen Rechts, abgesehen vom religiösen Bekenntniß,<lb/> und die Privilegirung der religiösen Gemeinschaften, denen die große Mehrheit<lb/> des Volks angehört, und die an demselben die Aufgabe einer sittlichen Päda-<lb/> gogie erfüllen.</p><lb/> <note type="byline"> H. Jacoby.</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> KauKajusvöl'Ker.</head><lb/> <p xml:id="ID_1549"> Wo immer Bergfesten ans einem geschichtlich häufig erschütterten Boden<lb/> aufsteigen, werden sie den natürlichen Zufluchtsort der in den Kämpfen unter¬<lb/> liegenden Völker bilden, und die nacheinander aufgenommenen Trümmer ver¬<lb/> schiedenartiger Stämme modelliren sich auf dem engen Raume des allem be¬<lb/> wohnbaren Terrains der Hochthäler zu einem neuen charakteristischen Typus.</p><lb/> <p xml:id="ID_1550"> In Bergländern kann deshalb ebensowenig die unberührte Wiege der<lb/> UrVölker gesucht werden, wie die Quellen der Kultur, die man früher ihren<lb/> Gipfeln entspringen glaubte, während sie sich doch erst in den Ebenen aus viel¬<lb/> fachen Zuströmungen im Gebiete mächtiger Flüsse entwickelten. Aus welcher<lb/> Mischung von Völkern sind nicht z. B. unsere Tyroler hervorgegangen, wie<lb/> ist die Fluth der Völker, mit den noch immer räthselhaften Rhätiern beginnend,<lb/> nicht gerade über dieses Alpenland dahingeranscht. Und sie alle hinterließen<lb/> Spuren und Bodensatz, die in den heutigen Tyrvlern fortleben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1551"> So auch im Kaukasus, dessen Sprachgewirr und Völkerbuntheit schon<lb/> Strabo hervorhebt. Einheit der Race ist dort ein kaum findbarer Begriff,<lb/> und Radde's Verdienst war es, schon vor zwölf Jahren darauf hingewiesen zu<lb/> haben, daß das schwer zugängige freie Bergvolk der Swanen nicht etwa ein<lb/> ursprünglicher Stamm, sondern vielmehr, trotz seiner Abgeschiedenheit und<lb/> seines seit dem Alterthum unveränderten Namens, ein aus fremden Elementen<lb/> zusammengewürfeltes Mischvolk ist, dessen höchstgelegenes Dorf fast ebensoviel<lb/> Vertreter verschiedener Nationalitäten, wie Häuser auszuweisen hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_1552" next="#ID_1553"> Desselben Forschers Verdienst ist es, jetzt wieder ein Volk des Kaukasus<lb/> gleichsam entdeckt zu haben, welches trotz ausgesprochener Eigenthümlichkeit sich<lb/> doch nicht als ein ethnisch isolirt dastehendes erweist. Das interessante Werk</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0473]
und der Trennung von Kirche und Staat! In dem Zukunftsstaat Baum-
garten's würde weniger Freiheit des religiösen Bekenntnisses herrschen, als in
dem Staat der Gegenwart, der beides mit einander zu vereinigen weiß, die
Ertheilung des staatsbürgerlichen Rechts, abgesehen vom religiösen Bekenntniß,
und die Privilegirung der religiösen Gemeinschaften, denen die große Mehrheit
des Volks angehört, und die an demselben die Aufgabe einer sittlichen Päda-
gogie erfüllen.
H. Jacoby.
KauKajusvöl'Ker.
Wo immer Bergfesten ans einem geschichtlich häufig erschütterten Boden
aufsteigen, werden sie den natürlichen Zufluchtsort der in den Kämpfen unter¬
liegenden Völker bilden, und die nacheinander aufgenommenen Trümmer ver¬
schiedenartiger Stämme modelliren sich auf dem engen Raume des allem be¬
wohnbaren Terrains der Hochthäler zu einem neuen charakteristischen Typus.
In Bergländern kann deshalb ebensowenig die unberührte Wiege der
UrVölker gesucht werden, wie die Quellen der Kultur, die man früher ihren
Gipfeln entspringen glaubte, während sie sich doch erst in den Ebenen aus viel¬
fachen Zuströmungen im Gebiete mächtiger Flüsse entwickelten. Aus welcher
Mischung von Völkern sind nicht z. B. unsere Tyroler hervorgegangen, wie
ist die Fluth der Völker, mit den noch immer räthselhaften Rhätiern beginnend,
nicht gerade über dieses Alpenland dahingeranscht. Und sie alle hinterließen
Spuren und Bodensatz, die in den heutigen Tyrvlern fortleben.
So auch im Kaukasus, dessen Sprachgewirr und Völkerbuntheit schon
Strabo hervorhebt. Einheit der Race ist dort ein kaum findbarer Begriff,
und Radde's Verdienst war es, schon vor zwölf Jahren darauf hingewiesen zu
haben, daß das schwer zugängige freie Bergvolk der Swanen nicht etwa ein
ursprünglicher Stamm, sondern vielmehr, trotz seiner Abgeschiedenheit und
seines seit dem Alterthum unveränderten Namens, ein aus fremden Elementen
zusammengewürfeltes Mischvolk ist, dessen höchstgelegenes Dorf fast ebensoviel
Vertreter verschiedener Nationalitäten, wie Häuser auszuweisen hat.
Desselben Forschers Verdienst ist es, jetzt wieder ein Volk des Kaukasus
gleichsam entdeckt zu haben, welches trotz ausgesprochener Eigenthümlichkeit sich
doch nicht als ein ethnisch isolirt dastehendes erweist. Das interessante Werk
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