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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.

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nach nicht unerhebliches Argument hinzuzufügen. Eine Stelle jenes ersten
Briefes ist bisher -- auch Fronde ist dieselbe entgangen -- ganz unbeachtet
geblieben, da man sie einfach nicht verstehen konnte. Wir haben erst vor
wenigen Jahren durch Tenlet's Publikationen den Schlüssel dafür erhalten.
Gleich zu Beginn der Unterredung finden wir eine ganz kurze Frage Darn-
ley's, ob die Königin bereits ihren "Etat" gemacht habe, eine Frage, die von
ihr bejaht wird.

Wir wissen jetzt, daß dieser Etat ein übersichtliches Verzeichniß der Pen¬
sionen und Gehälter war, die auf das Wittwengeld der Königin (40,000 Livres)
in Frankreich ausgezahlt, und daß derselbe jährlich angefertigt und nach Frank¬
reich eingesendet wurde, um als ^rinnt für die Zahlungen zu dienen. Die
Mehrzahl der Empfänger waren Franzosen oder in Frankreich lebende Diener,
wie Beaton der Gesandte, der 3060 Livres empfing. Das Dokument vom
13. Februar 1567 datirt, ist vorhanden, von Maria Stuart und Joseph Riccio,
ihrem Sekretär, dem Bruder David's unterzeichnet, also unmittelbar vordem
Besuche in Glasgow gefertigt.*) Es ist fast unmöglich, daß ein Fälscher auf
diese Frage kommen konnte, sehr unwahrscheinlich, daß das Faktum überhaupt
vielen Personen bekannt war. Die kurze, einfache Frage ist hier von Wichtig¬
keit. Wenn ein Fälscher diesen Umstand hätte verwerthen wollen, so würde
die Stelle ohne Zweifel ganz anders gelautet haben. Von der allergrößten
Bedeutung ist es aber, daß auch im schottischen Parlamente, wie wir jetzt
wissen, als die Papiere vorgelegt wurden, niemand für Maria auftrat, obwohl
Huntly, Errol und vor allem Herries zugegen waren. Ein Umstand, der allein
schwer genug wiegen würde, um alle Einwände der Apologeten zu widerlegen.
Das Parlament erklärte, "das Verfahren gegen die Königin sei ihren eigenen
Vergehen zuzuschreiben, die durch verschiedene vertrauliche Briefe von ihrer
eigenen Hand an Bothwell vor und nach der Ermordung des Königs erwiesen
seien."**) Ich wende mich jetzt zu den Einwänden, die von der anderen Seite
gemacht worden sind. Was das Datum der Briefe betrifft, so fällt in's Ge¬
wicht, daß die Originalbriefe nicht vorhanden sind, und bei Abfassung der
Uebersetzungen sehr leicht Irrthümer und Schreibfehler vorgekommen fein können.
Wenn man fälschen wollte, so war es leicht, das Datum entweder ganz fort-




*) ISijt^t as" gaixss <1s8 "Zaine" "lesmoisslles Ahnt!l7.1"vorne8, et untres "Meiers äoms-
stires as Il,ezme "1'EseoMS, Dürü-riairs "1s Kranes. Teulet, II. 268. Vgl. Burton, IV.
**) to dö kttriontsä er nsr von äst-i-mit in su. tÄr as dö äiver" der xrivis Isttrss
^vritnsn n^letz? dz? Iier für nxmil, krä lie ner to >I",imo8 svwstims I5art ok IZotliveli. enisk
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III. 27. Burton, IV. Seite 438.

nach nicht unerhebliches Argument hinzuzufügen. Eine Stelle jenes ersten
Briefes ist bisher — auch Fronde ist dieselbe entgangen — ganz unbeachtet
geblieben, da man sie einfach nicht verstehen konnte. Wir haben erst vor
wenigen Jahren durch Tenlet's Publikationen den Schlüssel dafür erhalten.
Gleich zu Beginn der Unterredung finden wir eine ganz kurze Frage Darn-
ley's, ob die Königin bereits ihren „Etat" gemacht habe, eine Frage, die von
ihr bejaht wird.

Wir wissen jetzt, daß dieser Etat ein übersichtliches Verzeichniß der Pen¬
sionen und Gehälter war, die auf das Wittwengeld der Königin (40,000 Livres)
in Frankreich ausgezahlt, und daß derselbe jährlich angefertigt und nach Frank¬
reich eingesendet wurde, um als ^rinnt für die Zahlungen zu dienen. Die
Mehrzahl der Empfänger waren Franzosen oder in Frankreich lebende Diener,
wie Beaton der Gesandte, der 3060 Livres empfing. Das Dokument vom
13. Februar 1567 datirt, ist vorhanden, von Maria Stuart und Joseph Riccio,
ihrem Sekretär, dem Bruder David's unterzeichnet, also unmittelbar vordem
Besuche in Glasgow gefertigt.*) Es ist fast unmöglich, daß ein Fälscher auf
diese Frage kommen konnte, sehr unwahrscheinlich, daß das Faktum überhaupt
vielen Personen bekannt war. Die kurze, einfache Frage ist hier von Wichtig¬
keit. Wenn ein Fälscher diesen Umstand hätte verwerthen wollen, so würde
die Stelle ohne Zweifel ganz anders gelautet haben. Von der allergrößten
Bedeutung ist es aber, daß auch im schottischen Parlamente, wie wir jetzt
wissen, als die Papiere vorgelegt wurden, niemand für Maria auftrat, obwohl
Huntly, Errol und vor allem Herries zugegen waren. Ein Umstand, der allein
schwer genug wiegen würde, um alle Einwände der Apologeten zu widerlegen.
Das Parlament erklärte, „das Verfahren gegen die Königin sei ihren eigenen
Vergehen zuzuschreiben, die durch verschiedene vertrauliche Briefe von ihrer
eigenen Hand an Bothwell vor und nach der Ermordung des Königs erwiesen
seien."**) Ich wende mich jetzt zu den Einwänden, die von der anderen Seite
gemacht worden sind. Was das Datum der Briefe betrifft, so fällt in's Ge¬
wicht, daß die Originalbriefe nicht vorhanden sind, und bei Abfassung der
Uebersetzungen sehr leicht Irrthümer und Schreibfehler vorgekommen fein können.
Wenn man fälschen wollte, so war es leicht, das Datum entweder ganz fort-




*) ISijt^t as» gaixss <1s8 «Zaine» «lesmoisslles Ahnt!l7.1«vorne8, et untres «Meiers äoms-
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**) to dö kttriontsä er nsr von äst-i-mit in su. tÄr as dö äiver» der xrivis Isttrss
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[0458] nach nicht unerhebliches Argument hinzuzufügen. Eine Stelle jenes ersten Briefes ist bisher — auch Fronde ist dieselbe entgangen — ganz unbeachtet geblieben, da man sie einfach nicht verstehen konnte. Wir haben erst vor wenigen Jahren durch Tenlet's Publikationen den Schlüssel dafür erhalten. Gleich zu Beginn der Unterredung finden wir eine ganz kurze Frage Darn- ley's, ob die Königin bereits ihren „Etat" gemacht habe, eine Frage, die von ihr bejaht wird. Wir wissen jetzt, daß dieser Etat ein übersichtliches Verzeichniß der Pen¬ sionen und Gehälter war, die auf das Wittwengeld der Königin (40,000 Livres) in Frankreich ausgezahlt, und daß derselbe jährlich angefertigt und nach Frank¬ reich eingesendet wurde, um als ^rinnt für die Zahlungen zu dienen. Die Mehrzahl der Empfänger waren Franzosen oder in Frankreich lebende Diener, wie Beaton der Gesandte, der 3060 Livres empfing. Das Dokument vom 13. Februar 1567 datirt, ist vorhanden, von Maria Stuart und Joseph Riccio, ihrem Sekretär, dem Bruder David's unterzeichnet, also unmittelbar vordem Besuche in Glasgow gefertigt.*) Es ist fast unmöglich, daß ein Fälscher auf diese Frage kommen konnte, sehr unwahrscheinlich, daß das Faktum überhaupt vielen Personen bekannt war. Die kurze, einfache Frage ist hier von Wichtig¬ keit. Wenn ein Fälscher diesen Umstand hätte verwerthen wollen, so würde die Stelle ohne Zweifel ganz anders gelautet haben. Von der allergrößten Bedeutung ist es aber, daß auch im schottischen Parlamente, wie wir jetzt wissen, als die Papiere vorgelegt wurden, niemand für Maria auftrat, obwohl Huntly, Errol und vor allem Herries zugegen waren. Ein Umstand, der allein schwer genug wiegen würde, um alle Einwände der Apologeten zu widerlegen. Das Parlament erklärte, „das Verfahren gegen die Königin sei ihren eigenen Vergehen zuzuschreiben, die durch verschiedene vertrauliche Briefe von ihrer eigenen Hand an Bothwell vor und nach der Ermordung des Königs erwiesen seien."**) Ich wende mich jetzt zu den Einwänden, die von der anderen Seite gemacht worden sind. Was das Datum der Briefe betrifft, so fällt in's Ge¬ wicht, daß die Originalbriefe nicht vorhanden sind, und bei Abfassung der Uebersetzungen sehr leicht Irrthümer und Schreibfehler vorgekommen fein können. Wenn man fälschen wollte, so war es leicht, das Datum entweder ganz fort- *) ISijt^t as» gaixss <1s8 «Zaine» «lesmoisslles Ahnt!l7.1«vorne8, et untres «Meiers äoms- stires as Il,ezme «1'EseoMS, Dürü-riairs «1s Kranes. Teulet, II. 268. Vgl. Burton, IV. **) to dö kttriontsä er nsr von äst-i-mit in su. tÄr as dö äiver» der xrivis Isttrss ^vritnsn n^letz? dz? Iier für nxmil, krä lie ner to >I»,imo8 svwstims I5art ok IZotliveli. enisk exsenter ot' tre ulla terrible innrtner oeil ostore tre voininittinA tnvre ok tnsre »leer. ^nent tre nretention our Lovre-at I^orcli! Hotnvris ?eriü>n. ^et. 1667. c>. 19. ^et. s>»r>. III. 27. Burton, IV. Seite 438.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157670/458>, abgerufen am 05.02.2025.